Sieben Leitlinien für Kulturunternehmen
Die Alternative zur herkömmlichen BWL
Für die Bewertung und Überprüfung der Effizienz in der Verwendung öffentlicher Mittel werden in Kulturunternehmen mehr und mehr betriebswirtschaftliche Evaluations- und Controlling-Systeme angewendet, die die besonderen Bedürfnisse der Kultur zu wenig oder gar nicht berücksichtigen.
Der Schweizerische Bühnenverband (SBV) hat sich mit dieser Problematik befasst und sieben Leitlinien verfasst, die nicht nur für Theater, sondern auch für andere Kulturunternehmen massgebend sein sollen:
1 KULTUR IST STAATSAUFGABE. Das Kulturförderungsgesetz des Bundes und solche einzelner Kantone schreiben Kultur von Gesetzes wegen als Staatsaufgabe vor. Zu den Kernaufgaben des demokratischen Gemeinwesens zählen demgemäss der Schutz und die Pflege des kulturellen Erbes und der Erhalt der kulturellen Vielfalt gemäss UNESCO-Konvention. Daraus folgt der Auftrag an die öffentliche Hand, Freiräume auch für unbequeme oder neue Kunst zu schaffen, die weder ökonomisch noch politisch unmittelbar nutzbar ist.
2 DAS KULTURELLE ENGAGEMENT VON PRIVATEN KANN DIE STAATLICHE FÖRDERUNG ERGÄNZEN, ABER NICHT ERSETZEN. Private Kulturförderung ist als Ergänzung zur staatlichen zu begrüssen. Sie kann oft innovativ wirken und wichtige Impulse geben, da die entsprechenden Gremien schneller, flexibler und ungebunden agieren können. Es bleibt aber Aufgabe des Staates, die Tätigkeit von Kulturunternehmen kontinuierlich und langfristig zu sichern. Die ergänzende private Kulturförderung ist durch geeignete gesetzliche Massnahmen (z.B. Steuergesetzgebung) zu erleichtern.
3 DIE LEISTUNGSBEURTEILUNG MUSS DEN UNTERSCHIEDLICHEN AUFTRÄGEN UND BEDÜRFNISSEN DER KULTURUNTERNEHMEN RECHNUNG TRAGEN. Ein Kulturunternehmen lässt sich nicht nur auf wenige, ökonomisch ausgerichtete Kennzahlen reduzieren. Unter Berücksichtigung der Kunstfreiheit sind zahlreiche weitere Kriterien zu berücksichtigen, die zu den ureigenen Aufgaben von Kulturunternehmen gehören, wie etwa Wahrung und Pflege des kulturellen Erbes, Förderung zeitgenössischer Kunst, Qualität und Innovation von künstlerischen Produktionen, Ausbildung, Vermittlung und Nachwuchsförderung.
4 DIE KÜNSTLERISCHE DIREKTION IST TRÄGERIN DER KUNSTFREIHEIT IM KULTURUNTERNEHMEN. Sie entwickelt das künstlerische Leitbild des Unternehmens und vertritt es nach innen und nach aussen. Kulturunternehmen zeigen grundsätzlich Offenheit gegenüber verschiedensten Organisationsformen, solange diese nicht dazu dienen, den kulturellen Inhalt zugunsten des wirtschaftlichen Effizienzdenkens zu marginalisieren.
5 BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHES HANDELN IST SELBSTVERSTÄNDLICH, ABER KEIN SELBSTZWECK. Die etablierten Kulturunternehmen bekennen sich seit jeher zum betriebswirtschaftlichen Denken. Um eine betriebswirtschaftlich effiziente Führung zu gewährleisten, sind Kulturunternehmen möglichst als privatrechtliche Körperschaften zu führen. Professionelles betriebswirtschaftliches Handeln ist das Fundament, um optimale Rahmenbedingungen und somit Freiräume für kulturelle Produktionen zu schaffen.
6 KULTURUNTERNEHMEN SIND GESELLSCHAFTLICH RELEVANTE ORTE. Über Kultur und Kunst setzen sich Gesellschaft und Individuen kreativ und reflexiv mit sich und der Umwelt auseinander. Kulturunternehmen sind daher (nicht zuletzt in Krisenzeiten!) wichtige Orte, wo gesellschaftliche und politische Themen auf künstlerische, und damit oftmals auch irritierende oder sperrige Art behandelt werden und so identitätsstiftende Bedeutung für die demokratische Gesellschaft erlangen.
7 KULTURUNTERNEHMEN STELLEN SICH DEN HERAUSFORDERUNGEN EINER SICH WANDELNDEN GESELLSCHAFT. Verändertes Kulturverhalten, demographischer Wandel und das zunehmende Verschwinden des klassischen Bildungsbürgertums stellen Kulturunternehmen vor neue kommunikative aber auch ästhetische Herausforderungen, um die gesellschaftliche Partizipation an der Kultur weiterhin nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ zu gewährleisten und weiter zu entwickeln. Dabei spielt die Kulturvermittlung in der heutigen Gesellschaft eine zentrale Rolle.
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