27.11.2015

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Autor*in

Isa Bickmann
ist promovierte Kunsthistorikerin und seit 2004 als freie Autorin, Redakteurin, Lektorin, in der Öffentlichkeitsarbeit, im Kunsthandel, in der Erwachsenenbildung und Wissenschaft tätig. Sie ist Mitgründerin von Faust Kultur.
Buchrezension

Eine Galerie finden. Ratgeber für Künstler

Ohne Galerievertretung sind Künstler nahezu chancenlos auf dem Kunstmarkt. Wie also findet man die richtige Galerie? Cai Wagner, selbst Galerist, hat einen Ratgeber für Künstler verfasst, der aus Galeristensicht Tipps geben möchte, und gewährt dabei Einblicke in seine Arbeit und Entscheidungsfindung.
 
Täglich erhalten Galerien Künstlerbewerbungen auf vielfältigen Wegen: Manche Künstler stehen mit der Mappe unter dem Arm in der Tür, andere schicken Bild- oder PDF-Dateien per E-Mail oder probieren es telefonisch. So vielfältig wie diese Versuche der Kontaktaufnahme sind, so selten ist eine Zusage. Wie kann also den Künstlern und Künstlerinnen geholfen werden, den für sie richtigen Weg zu finden? Wie treffen Galerist oder Galeristin die Entscheidung für oder gegen einen Künstler? Darüber möchte der Galerist Cai Wagner aufklären und so den Prozess der Annäherung zwischen Künstlern und Galerie befördern, wie es der Direktor der Berlinischen Galerie Thomas Köhler im Vorwort formuliert. In kurzen, durch wenige grafische Darstellungen unterbrochenen Kapiteln geht der Autor schrittweise vor, indem er die Akteure des Kunstmarkts vorstellt und den Künstlern Tipps zur Strategie gibt: Welche Galerie passt zu mir? Wie nehme ich Kontakt auf? Wie bereite ich mich auf meine Selbstpräsentation vor?

Entscheidungsfindung
Der Ratgeber wird eingerahmt durch eine persönliche Beispielgeschichte Wagners, die mit einem abendlichen Anruf beginnt. Der Anrufer ist kein Unbekannter, das Portfolio ist noch in Erinnerung und die Werke sagen zu. Erst am Ende des Buches erläutert Wagner, warum er sich gegen den Künstler entschieden hat: Die Ablehnung erfolgte nicht aufgrund der Art der Kontaktaufnahme, sondern die Galerie straffte gerade ihr Programm. Man hatte sich schon gegen eine Künstlerin entschieden, die ähnlich wie der Bewerber arbeitet. Warum hat Wagner diese Geschichte ausgewählt, um ins Thema einzuführen? Vermutlich möchte der Autor an diesem Beispiel aufzeigen, wie genau er die Aufnahme oder Ablehnung eines neuen Künstlers durchdenkt. Doch nicht jeder Galerist agiert wie Cai Wagner, manche Kollegen entscheiden aus dem Bauch heraus, probieren aus. Werden die neuen Werke dann nicht von den Kunden angenommen, so lässt man die Künstler schnell wieder fallen. Wagner sagt deutlich, dass ein Galerist die Wirtschaftlichkeit seines Geschäfts im Auge behalten muss, weil die Etablierung eines Künstlers im Markt eine aufwändige und durchaus kostenintensive Aufgabe sei und sich das Durchfüttern (S. 26) der Kleinen nur mit den Umsätzen der Großen verwirklichen lasse. Die Galerien erhielten meist Initiativbewerbungen, gingen eher selten aktiv auf Künstler oder Absolventen zu, meint Wagner (was er übrigens am Ende des Buches wieder relativiert). Das ist zwar im Verhältnis richtig, doch die Erfahrungen aus dem Galerie- und Kunstbetrieb zeigen auch, dass die meisten Künstlerneuzugänge über Kollegenempfehlungen, Messen, Ausstellungen und Akademierundgänge kommen. Dies macht es für No-Names und Künstler, die im Kunstbetrieb wenig präsent sind, ungleich schwerer.

Die Ausgangslage
Vor jedweder Kontaktaufnahme zu einer Galerie sei die Frage Wo stehe ich als Künstler zu beantworten. Enorm wichtig ist, was Wagner zum Thema der schonungslosen Selbsteinschätzung zu sagen hat. Denn diese ist unabdingbar für eine Initiativ-Bewerbung mit Erfolgsaussicht. Hier gilt es, realistisch einzuschätzen, ob man als Autodidakt, Anfänger, als bekannter oder etablierter Künstler an die dazu passende Galerie herantritt.
Die Standortfrage von Künstleratelier und Galerie ist dem Autor ein kurzes Kapitel wert. Er drängt auf räumliche Nähe zwischen Galerie und Atelier und zieht die Großstadt (sprich: Berlin) vor. Das hat zweifellos Vorteile, doch auch hier gibt es andere Meinungen. Viele Galerien befürchten Atelierverkäufe an ortsansässige Sammler unter Umgehung der Galerie was nicht selten vorkommt. Ob die Provinz als Galeriestandort ein Nachteil am Markt ist, wenn man die Umsatzzahlen genauer unter die Lupe nehmen würde, mag bezweifelt werden. Es gibt einige Galerien, die mit ihrem Heimatstandort in der Provinz die Berliner Filiale querfinanzieren.

Sich über die im Web verfügbaren Informationen hinaus vor Ort ein Bild zu machen, ohne sich als galeriesuchender Künstler zu offenbaren, erscheint grundlegend. Präsenz zu zeigen (Als Künstler hat man nie Feierabend.) ist ein ebenfalls wichtiger Rat, denn ein Rückzug vom Kunstbetrieb ist kontraproduktiv. Typische Fehler (mit E-Mails zumüllen, Unangemeldet in die Galerie kommen, Bewerbung am Messestand) sind vielleicht vielen Künstlern gar nicht als solche bekannt. Der Tipp, für eine Eröffnungsrede oder einen Katalogbeitrag kompetente Personen vom Fach heranzuziehen, die als Kenner Sympathien für das Werk hegen und als Multiplikatoren fungieren können, ist ein enorm gewinnbringender Hinweis. Manche Ratschläge, wie Pünktlichkeit bei einem Gesprächstermin, sind allerdings Selbstverständlichkeiten, die in jedem Bewerbungsratgeber stehen. Der Autor führt sie möglicherweise aus leidvoller Erfahrung trotzdem an. Während vieles eher grob gestreift wird, geht Wagner im Kapitel Selbstvermarktung mehr ins Detail. Es behandelt die Fragen: Wie sollte eine Website oder ein Online-Portfolio aussehen, was sollte es enthalten und wie verfasst man eine Online-Bewerbung? Es folgen Tipps zum eigenen Print-Katalog und zu Fortbildungen in der Selbstvermarktung.

Resümee
Mit einigen sinnvollen Ratschlägen kann Cai Wagner aufwarten. Allerdings hätte der Autor an manchen Punkten tiefer in die Materie eindringen können. Der Galeriesuchende findet zwar Hinweise, wie er den Status und das Standing einer Galerie einschätzen kann, es gäbe aber hier noch viel mehr zu sagen, als die Lage und Mitarbeiterzahl einer Galerie als Ausweis ihrer Potenz anzuführen. Kritik an Kollegen der eigenen Branche wollte der Autor sicher nicht üben, daher gibt er dem Leser auch keinerlei Warnungen vor möglichen Fehlentscheidungen mit auf den Weg.

Was dem Ratgeber fehlt, ist die Ausgewogenheit. Der Autor will zu viel. Das zeigt sich im letzten Kapitel, das sich dem Kunstmarkt selbst widmet, aber zuerst auf die prekäre Lage der Künstler eingeht, die viele der Adressierten nur allzu gut kennen werden. Viel nutzbringender wird das Buch dann, wenn er auf die Lage der Galerien zu sprechen kommt, denn diese ist den meistern Künstlern eher weniger bekannt. Hier wird nun der durchschnittliche Jahresumsatz der Berliner Galerien unter dem Bundesdurchschnitt angesetzt. Die Gewinne innerhalb der Berliner Galerienlandschaft klaffen weit auseinander. Darin sieht der Autor allerdings eine Chance für Künstler, da sich viele der kleinen Unternehmer als Künstlerentwickler verständen. Dass ein Künstler unter Umständen oft von Galerie zu Galerie wechselt, ohne je einen verlässlichen Partner zu haben, der kontinuierlich mit ihm arbeitet und für ihn einen Sammlerstamm aufbaut, wird ignoriert. Der Vorteil des Ratgebers, die Dinge aus der Sicht des Galeristen darzustellen, erweist sich hier als nachteilig. Nichtsdestotrotz bietet das Buch Einschätzungen, Hinweise und Strategietipps sowie Einblicke in die wirtschaftliche Situation der Galerien auf der einen und die der Künstler und Künstlerinnen auf der anderen Seite. Diese Punkte können sich bei der Vermittlung von Kulturmanagement-Skills an angehende Galeristen und Künstler durchaus als gewinnbringend erweisen.

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