14.06.2021
Buchdetails
Kunstlabore: Für mehr Kunst in Schulen!: Ein Ratgeber zur Qualität künstlerischer Arbeit in Schulen (Pädagogik)
von Julia Heisig, Ivana Scharf, Heide Schönfeld
Verlag: Transcript Verlag
Seiten: 216
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Autor*in
Sabrina Dörr
studierte Archäologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und arbeitet seit 2013 im Bereich Kunst- und Kulturvermittlung für Kinder, Jugendliche und Erwachsenen. Neben der Tätigkeit im Museum und an Schulen ist sie seit 2018 auch als Dozentin in der Erwachsenenbildung tätig und hält Vorlesungen zur Kunst- und Kulturgeschichte.
Buchrezension
Kunstlabore: Für mehr Kunst in Schulen!
Qualitativhochwertige künstlerische Arbeit an Schulen ist ein Traum der entsprechenden Pädagog*innen. Insbesondere da diese Arbeit wichtige Impulse für andere schulische Bereiche schafft. Welche das sind und wie künstlerische Projekte an Schulen umgesetzt werden können, legt der Ratgeber "Kunstlabore: Für mehr Kunst in Schulen!" dar.
Programm "Kunstlabore"
Julia Heisig, Ivana Scharf und Heide Schönfeld geben mit ihrem Ratgeber, der 2020 bei transcript erschien, Einblicke in ihr Programm "Kunstlabore". Im Rahmen dessen wurden zwischen 2015/16 und 2019 in unterschiedlichen Einzel- und Modellprojekten wertvolle Erfahrungen in fünf ausgesuchte und routinierte Institutionen der kulturellen Bildung gesammelt. Der Schwerpunkt lag dabei auf den Fragen, wie eine gute künstlerische Arbeit in Schulen Erfolg haben kann und wie sich dabei die Grundlagen in den künstlerischen Sparten Tanz, Theater Literatur, Bildender Kunst und Musik unterscheiden. Das Ziel des Programms "Kunstlabore" ist es, die zentralen Erkenntnisse an Kunst- und Kulturschaffende sowie Lehrende weiterzugeben und so auch für weitere Kinder und Jugendliche Kunst und Kultur in ihrer Schulzeit erfahrbar zu machen. Der Ratgeber gibt dazu Einblicke in die Projektarbeit von TanzZeit e. V., dem Zukunftslabor der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, von LesArt - Berliner Zentrum für Kinder- und Jugendliteratur, der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft sowie von TUSCH Hamburg.
Im Zentrum des Ratgebers steht die Beantwortung von drei zentralen Fragen für eine gelungene künstlerische Arbeit an Schulen:
1. Weshalb sind die Impulse künstlerischer Arbeit für Schulen im 21. Jahrhundert so wertvoll?
2. Wie kann künstlerische Arbeit in hoher Qualität gelingen und welche Aspekte sind dafür wichtig?
3. Was können Schüler*innen durch künstlerische Prozesse erfahren und lernen?
Neben der Klärung dieser Fragen bietet der Ratgeber eine tief gehende Betrachtung der fünf Qualitätsbereiche für gelungene künstlerische Arbeit an Schulen, die sich währender Projektlaufzeit herausgebildet haben. Anhand der Qualitätsbereiche wird aufgezeigt, welche Aspekte für den Erfolg künstlerischer Prozesse an Schulen aus der Praxisperspektive unerlässlich sind:
1. Qualitätsbereich: Die anleitende Person
2. Qualitätsbereich: Die Verständigung zwischen Kunst- und Kulturschaffenden und Lehrer*innen
3. Qualitätsbereich: Der künstlerische Prozess
4. Qualitätsbereich: Die Beziehung zwischen Schüler*innen, Kunst- und Kulturschaffenden und Lehrer*innen
5. Qualitätsbereich: Der Raum
Wissensaneignung im Wandel
In den vergangenen Jahren befindet sich die Art und Weise der Wissensaneignung, was und wie wir lernen, nicht zuletzt durch die voranschreitende Globalisierung und Digitalisierung im steten Wandel. Diese Veränderungen bergen auch neue Anforderungen an die Anpassung der Bildungsbegleitung, der Organisation der Lernumgebung und der Einsatz neuer Lernmethoden in Schulen. Fächerübergreifend werden neue Arten der Zusammenarbeit, die stärker eigenständig, partizipativ und gemeinschaftlich organisiert sind, immer wichtiger.
Dafür kann künstlerisches Arbeiten Anregungen und Vorgehensweisen liefern. Schulen können den Schüler*innen Angebote bieten, um mit künstlerischen Prozessen in Kontakt zu kommen. So bietet die Aktion "DanceBox” zum Beispiel die Möglichkeit, Spaß und Bewegung zu verbinden und beinhaltet auch einen performativen Aspekt. Die Aktion kann zudem auch über der Kernarbeitsgruppe hinaus eingesetzt werden und so ein breites Publikum erreichen. Die "telefonzellenartige" DanceBox wird gemeinsam gebaut. Innen ist sie mit Folie ausgekleidet und mit Lautsprechern versehen. Zunächst kann die Box gemeinsam ausprobiert und schließlich an einem neuen Ort beispielsweise der Pausenhalle aufgestellt werden. Durch die begehbare Box wird aktiv ein neuer Raum geschaffen. Von außen kann man nicht in die Box hineinsehen. Im Inneren filmen Kameras das Geschehen. Doch was passiert nun in der Box? Über die Lautsprecher kann jede*r seine Lieblingsmusik hören und dazu tanzen und Spaß haben. Durch kleine Lichteffekte funkelt und leuchtet die Folie in der Box und es wirkt wie eine Mini-Disco. Damit sich jede*r wohlfühlt, kann in der Box auch eine Maske getragen werden, um sich zu schützen und in eine neue Rolle zu schlüpfen. Durch die Kameraaufnahmen lässt sich zur Ergebnissicherung zum Beispiel ein eigenes Musikvideo produzieren. Oder man nutzt die Box für ein ganz anderes Projekt als Mini-Bühne, Fotostudio, Höhle oder auch als "Beichtstuhl". Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Der Ratgeber bietet vielfältige weitere anregende Ideen, Formate und Arbeitsweisen, die zum Nachahmen auffordern. Die Einführung von künstlerischer Arbeit in Schulen ist ein Schritt, um die Zusammenführung künstlerischer Prozesse und Strategien im Schulalltag zu fördern und dazu beizutragen, kreative Lösungen für die aktuellen Herausforderungen in den Bereichen Bildung und Gesellschaft zu finden und zu gestalten. Mit der Reproduktion der im Rahmen der Kunstlabore entwickelten Ansätzen und Methoden werden Schulen zu erfinderischen Lernorten. Wie einfach sich neue Projektideen entwickeln lassen, zeigt der Projektomat "KlappKLAUS". Durch diverse Möglichkeiten, Begriffe der Kategorien Raum, Material, Technik und Herangehensweise zusammenzustellen, entstehen spielerisch grundlegende Strukturen für künstlerische Projekte. Die Begriffe wecken Gedankenverknüpfungen, Gemütsbewegungen oder greifbare Vorstellungen, durch die kreative Prozesse angetrieben werden. Auf der Internetseite www.kunstlabore.de gibt es eine interaktive Online-Version des Projektomats "KlappKLAUS" und eine ausdruckbare Variante zum selbst Basteln und Ergänzen. Mit Hilfe dieser teils schon kleinen Änderungen und Anpassungen im Unterricht kommen mehr Kinder in ihrem Schulalltag mit Kunst und Kultur in Kontakt und können so aus den gemachten Erfahrungen für ihre persönliche Entwicklung schöpfen.
Doch was genau können Schüler*innen durch künstlerische Prozesse erfahren und lernen? Insbesondere können die Schüler*innen künstlerische Methoden als Denkweisen verstehen und nutzen lernen. In der künstlerischen Arbeit geht es darum, neue Formen, Kombinationen oder Perspektiven zu entwickeln. Es wird gefördert, Dinge auszuprobieren und zusammen zu arbeiten, aber auch in einem gewissen Maß zu scheitern, wenn etwas nicht so funktioniert wie geplant. So bauen die Schüler*innen ihre Fähigkeiten in den Bereichen Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken aus. Kompetenzen die notwendig sind, um zukünftig ein selbstbestimmtes Leben zu führen und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.
Erfahrungswerte für die eigene Arbeit nutzen
Erfahrungswerte für die eigene Arbeit nutzen
Der Ratgeber ist gut strukturiert aufgebaut und in einem verständlichen, nicht zu wissenschaftlichen Stil verfasst. Durch immer wiederkehrende Fragestellungen lässt sich der Arbeitsprozess, den die Projektbeteiligten durchlaufen haben, gut nachvollziehen. Zudem dienen die Fragen als Leitlinie für den Lesenden durch den Ratgeber. Sehr erhellend und horizonterweiternd sind die Beiträge zu den Qualitätsbereichen, die sehr ausführlich und trotzdem auf dem Punkt formuliert und zusammengefasst sind. Insbesondere der immer wiederkehrende Praxisbezug ermöglicht auch Projektfremden, sich in die Arbeit und künstlerischen Prozesse hineinzudenken und diese für die eigene Arbeit zu nutzen. Die Praxisbeispiele sind gut ausgewählt und veranschaulichen die Arbeit in den künstlerischen Sparten Literatur, Bildender Kunst, Musik, Tanz und Theater.
Der Ratgeber hält, was er verspricht und gibt den Lesenden sogar noch mehr Input. So bietet der Diskurs zu Schulen im 21. Jahrhundert einen Mehrwert für jeden Außenstehenden. An den Stellen, wo sich die Lesenden weiteren Input wünschen, bietet die Webseite www.kunstlabore.de eine gelungene Ergänzung, auf die auch im Ratgeber immer wieder verwiesen wird. Auf der Webseite finden sich neben frei verfügbaren Unterrichtsmaterialien auch Tutorials, hilfreiche Checklisten und Videos. Diese vielseitigen Downloadmaterialien machen die im Ratgeber besprochenen Elemente noch einmal fassbarer und erleichtern die Umsetzung, um Lehrerende sowie Kunst- und Kulturschaffende zur persönlichen künstlerischen Arbeit mit Instrumenten der Bildenden Kunst, Literatur, Musik, des Tanzes und des Theaters in Schulen zu inspirieren.
Mehr über die Hintergründe und Arbeitsweisen des Programms und über die Kunstlabor-Partner erfährt man auf den letzten Seiten des Ratgebers. Hier wird der durchlaufene Prozess während der Projektphase ebenso beschrieben wie die Aufbereitung der Ergebnisse und die angewendeten Methoden. Diese abschließenden Informationen runden den Inhalt des Ratgebers ab.
Fazit
Der Ratgeber bietet einen detaillierten und gut nachvollziehbaren Einblick in die Arbeit der Kunstlabore und insbesondere in die Qualitätsbereiche, die sich für das erfolgreiche künstlerische Arbeiten in Schulen herauskristallisiert haben. Er bietet zusammen mit den Materialien der Webseite allen Interessierten einen guten Einstieg, die auf der Suche nach neuen Ideen für eigene Kulturprojekte in Kooperation mit Schulen sind. Die Erfahrungen aus den Langzeitprojekten können als Kompass für das eigene Schaffen verwendet werden und die Ideen, Formate und Methoden können von Lehrer*innen, Künstler*innen sowie Interessierten erfasst und in den eigenen schulischen Alltag übertragen werden.
Zu den Aufgaben im Kulturmanagement gehört es, eine Austauschbeziehungen zwischen den Kunst- und Kulturschaffenden und Konsumenten herzustellen. Durch die Zusammenarbeit mit Schulen können bereits in jungen Jahren bei Schüler*innen ein lang anhaltendes Verständnis und Interesse für künstlerische und kulturelle Prozesse erzeugt werden. Daher ist es wichtig, die schulische Zusammenarbeit im Blick zu behalten. Der Ratgeber offenbart dazu das Potenzial von qualitätvoller künstlerischer Arbeit in Schulen.
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