01.12.2022

Buchdetails

Museen auf Instagram: Museale Außenkommunikation in einem Medium der Bilder
von Marian Kulig
Verlag: Tectum Verlag
Seiten: 128
 

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Autor*in

Markus Wiesenhofer
ist Stv. Leiter der Hauptabteilung Kommunikation & Marketing der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien und unterrichtet Kulturtourismus & -marketing u.a. an der FH Wien, JKU Linz und dem Art & Economy Lehrgang der Universität für Angewandte Kunst Wien. Er studierte Tourismusmanagement an der Fachhochschule IMC Krems und Public Communication an der Universität Wien und arbeitet seit 20 Jahren in Kulturtourismus und -management (u.a. Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H., Österreich Werbung).
Buchrezension

Museen auf Instagram

Die Kommunikation über soziale Medien entwickelte sich in den Pandemiejahren zu einer essenziellen Brücke zwischen Museen und ihrem Publikum. Instagram ist dabei immer beliebter geworden. Wie Kunst- und Geschichtsmuseen auf Instagram kommunizieren, hat Marian Kulig erstmals im deutschsprachigen Raum systematisch analysiert.
 
Instagram als Spiegel der Gesellschaft
 
"Werden die klassischen Felder der Museumsarbeit - Bildung, Marketing, Partizipation, Netzwerken und Socialising - im virtuellen Raum neu vermessen und ausgefüllt?", fragt Prof. Dr. Claudia Hiepel von der Universität Duisburg-Essen im Vorwort von Marian Kuligs Publikation, die 2022 im Tectum Verlag erschien. Denn Freizeitverhalten und Medienkonsum haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten durch die rasante Verbreitung von Internet und Smartphones massiv verändert: So haben mit der Zunahme von leistungsfähigen Smartphones immer mehr Menschen hochwertiges Kameraequipment immer bereit in ihrer Hosentasche. Zudem beeinflussen soziale Medien alle Lebensbereiche und eröffnen so auch für Museen neue Formen der Interaktion mit Inhalten und Objekten. Instagram ist daher durch seine Fokussierung auf Bildinhalte - mittlerweile um Videos ergänzt - prädestiniert für die Museumskommunikation. Der hohe Verbreitungsgrad (21 Mio. im deutschsprachigen Raum in 2020) und die große Akzeptanz unter jugendlichen Nutzer*innen (70 % aller Nutzer*innen unter 35 Jahre) machen Instagram zu einem der zentralen Kommunikationskanäle von vielen Museen.
 
Einen entsprechenden Forschungsstand zu Instagram aus deutscher Museumssicht zeichnet daher Marian Kulig in seinem Buch nach und kontastiert für den deutschsprachigen Raum zunächst eine gewisse Zurückhaltung und Skepsis gegenüber den sozialen Medien: So nutzen viele Museen in Deutschland Instagram erst seit ca. 2014, als dies bereits im angloamerikanischen Raum deutlich stärker vertreten war. Heute scheint Instagram - wie andere soziale Medien - jedoch zum Standardrepertoire der Öffentlichkeitsarbeit vieler größerer Museen zu gehören. Auch die Kommunikationswissenschaft hat sich in den letzten Jahren verstärkt den sozialen Medien verstärkt zugewandt. Einige erste Studien zu Instagram in der Museumsarbeit führt der Autor zu Beginn an, macht jedoch deutlich, dass die spezifische Studienlage zu sozialen Medien in der Museumskommunikation recht gering ist. Das mag an der relativen Neuheit und der enormen Dynamik des Forschungsgebiets liegen. Seine Studie setzt dabei auf die Differenzierung zwischen den zwei meistvertretenen Museumsgattungen in Deutschland: Kunstmuseen und Geschichtsmuseen. 
 
Forschungsfrage und Aufbau der Studie
 
Marian Kulig führt zunächst mit seiner Arbeit allgemein an die Nutzung von Instagram als Medium für Museen heran. Obwohl immer mehr Kurzvideos genutzt werden, stehen Fotos als Kernformat der Plattform als "point of reference" im Mittelpunkt der Untersuchung. Er wendet dabei eine kombinierte visuell-pragmatische Inhaltsanalyse an, um 2.200 Bilder von Instagram-Posts aus der Zeit vom März 2020 bis März 2021 auszuwerten. Daraus ergeben sich Aufschlüsse hinsichtlich der Gestaltungsmuster insgesamt und im Vergleich der zwei Museumsgattungen. Mit Hilfe der visuellen Inhaltsanalyse kann das "komplexe visuelle Material" auf visuelle Codes reduziert und später quantitativ und statistisch ausgewertet werden. Am Beginn der Analyse steht zunächst die Formulierung von Hypothesen und eines "Codebuchs", welches Kategorien zur Einordnung der Bilder festlegt. Wichtig ist dabei, dass auch begleitender Text zu den Bildern miteinbezogen wurde, da auch bei einem Bildmedium die Kontextualisierung durch Schrift notwendig ist.
 
Als Arbeitshypothese wurde angenommen, dass hinsichtlich der Kommunikation von Kunst- und Geschichtsmuseum im virtuellen Raum - ebenso wie im physischen Raum - Unterschiede erkennbar sind. Konkret sollte der "genuin konzeptionelle Unterschied zwischen Kunst- und Geschichtsmuseum und sich auf den geposteten Content auf Instagram niederschlagen". Für die Studie wurden je sechs deutsche Museen mit Sammlungsschwerpunkt Kunst bzw. Geschichte ausgewählt. Eine vorangegangene Analyse des Autors zeigte, dass bei ähnlichen Besucher*innenzahlen Kunstmuseen tendenziell höhere Follower*innenzahlen als Geschichtsmuseen aufwiesen. Zur pragmatischen Inhaltsanalyse wurden die zwei Dimensionen "Bildtyp" und "Kommunikationsakt" definiert, wonach alle 2.200 Postings der 12 Museen in einer Kreuz- bzw. Kontingenztabelle erfasst werden konnten.
 
Zur Kategorisierung nach Bildtyp zählen: 
 
  • Fotos zur Architektur des Museums, 
  • klassische Objektfotografie, 
  • historische Fotografien, 
  • Kunst/Gemälde, 
  • Flachware/Dokumente, 
  • Menschen, 
  • Schnappschüsse, 
  • Grafiken und 
  • sonstige Bilder. 
Zur funktionalen Dimension nach Kommunikationsakt gehören: 
 
  • Bildungsarbeit/Storytelling, 
  • Marketing, 
  • Partizipation, 
  • Netzwerken und 
  • Socialising. 
Ergebnisse der Studie
 
Die Ausgangshypothese wird durch die Bildanalyse zum Teil, wenn auch weniger eindeutig als angenommen, bestätigt. Es zeigt sich neben den Gemeinsamkeiten in der Platzierung der Museumsinhalte auch ein durchaus differenziertes Bild der Schwerpunkte. Wie erwartet, werden natürlich sowohl bei Kunst- als auch Geschichtsmuseen jeweils die Digitalisate ihrer Museumsobjekte am häufigsten gepostet. Die Inhaltsanalyse zeigt zunächst die Häufigkeit nach Bildtypen gesamt und in den beiden Kategorien. Wenig überraschend, führen hier insbesondere Schnappschüsse aus dem Museumsalltag sowie Kunst/Gemälde bzw. klassische Objektfotografie. Hier zeigt sich auch ein auffälliger Unterschied zwischen den Museen: Kunstmuseen posteten doppelt so viele Bilder, auf denen Menschen zu sehen sind. 
 
Hinsichtlich der Kommunikationsakte ist deutlich erkennbar, dass bei Geschichtsmuseen Bildungsarbeit im Vordergrund steht. Bei Kunstmuseen steht diese erst an zweiter Stelle und stattdessen der reine Marketingzweck der Postings an erster, wobei ein fließender Prozess zwischen Bildungsarbeit und Marketing zu sehen ist. Eine erstaunliche Erkenntnis betrifft den Kommunikationsakt "Partizipation", der bei beiden Museumstypen bei lediglich 8 % liegt. Das ist insofern erstaunlich, da gerade die Interaktion und Einbeziehung des Museumspublikums und möglicher neuer Zielgruppen ein wesentliches Gebot und eine enorme Chance für Museumskommunikation auf Instagram darstellt/ darstellen sollte. Hierin liegt sicher die größte Herausforderung für die Museumskommunikation auf sozialen Medien, insbesondere da sich nicht alle potentielle Adressat*innen leicht zur Beteiligung einbinden lassen. Durch spielerische Anwendungen, die das Mitmachen und die eigene Kreativität fördern, kann eine stärkere Beteiligung und Interaktion ausgelöst werden. Ein erfolgreiches Beispiel war dazu das Projekt "VanGoghYourself", bei dem 2015 die britische Kunstinitiative Culture24 in einer großen Kampagne zum "Nachstellen" von Van Gogh-Werken aufgerufen hatte. 
 
Insgesamt ist in der Analyse ein differenziertes Kommunikationsgebahren der unterschiedlichen Museumstypen zu erkennen. Jedoch ähneln sich auch einzelne Kommunikationsarten wie das Storytelling, Netzwerken, Socialising etc. sehr. Eindeutige Handlungsempfehlungen, welche Art der Postings höhere Interaktion bei den User*innen auslösen, fehlen leider. Hier könnte eine tiefergehende Analyse der Postings in Zusammenhang mit Interaktionsindikatoren wie Re-postings, Weiterleitungen, Likes und Follower-Zahlen ansetzen. 
 
Fazit
 
Angesichts des noch sehr dünn besiedelten Forschungsfelds zu Social Media in der Museumskommunikation ist es besonders begrüßenswert, dass Marian Kulig mit seiner Publikation weitere vertiefende Analysen liefert, die dabei helfen, den Umgang mit neuen Medien zu professionalisieren. Mit der Inhaltsanalyse steuert er dem Forschungsbereich eine verdichtete Betrachtung nach Bildtypen und Kommunikationsarten bei. Für klare Empfehlungen oder gar eine Handlungsanleitung für die eigene Kommunikationsstrategie ist der Studienschwerpunkt zu sehr auf die Bildanalyse beschränkt und das Buch insgesamt zu kurzgefasst. Bei der Gestaltung von Inhalten können die Ergebnisse dieser Bildanalyse jedoch sehr hilfreich sein. 
 
Das Werk ist dennoch für alle Kommunikator*innen und insbesondere Social Media Verantwortliche in Museen zu empfehlen, die sich einen Überblick über die Anwendungsfälle auf Instagram verschaffen wollen. Das ausführliche Literaturverzeichnis enthält zudem einige aufschlussreiche Literatur zur weiteren Vertiefung. Insgesamt ist das Buch ein rasch zu lesender Einblick in ein schnelllebiges Kommunikationsmedium, das zu weiterer Beschäftigung und differenzierterer Betrachtungsweise anregt. Beim nächsten Mal sieht man dann die Museumsinhalte auf Instagram wohl mit ganz anderen Augen. Am besten also direkt die Instagram-App öffnen und Museumsaccounts anschauen!
 

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