10.07.2015

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Autor*in

Sabine Hirschle
Buchrezension

Strategisches Management in Museen

Das Museumsumfeld wird immer komplexer und die zunehmende Schwierigkeit der Erfüllung der damit verbundenen Aufgaben, Anforderungen und Ziele bewegt immer mehr Häuser dazu, Managementstrategien und -instrumente anzuwenden. Die inneren Strukturen der Museumsorganisation und -arbeit sollen so langfristig an den externen Wandel angepasst werden. Aber welche Methoden und Instrumente aus der Wirtschaft eigenen sich für Museen und bringen den erhofften Nutzen? Welche Besonderheiten gilt es zu beachten? Welche erfolgsversprechenden Beispiele gibt es in Museen bereits? Mit diesen Fragen setzt sich Michaela Conen in Ihrem Buch Strategisches Management in Museen auseinander.
 
Dr. Michaela Conen hat als Kultur- und Medienmanagerin, Beraterin und Leiterin der Stabsstelle Corporate Performance Management beim Jüdischen Museum Berlin zahlreiche Erfahrungen im strategischen Museumsmanagement gesammelt. Auf diesen basierend, liegt der Fokus ihres Buches auf Museen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft und dem Einsatz der Steuerungssysteme des Change Managements der Balanced Scorecard (BSC) als strategische Managementinstrumente. Leitbilder und Planungsinstrumente werden in Museen für das strategische Management bereits vielerorts eingesetzt. Oft sind diese jedoch völlig losgelöst vom alltäglichen Handeln der Museumsmitarbeiter oder diesen gar nicht bekannt, da eine Übertragung auf die operative Ebene und eine inhaltliche Vermittlung an die Mitarbeiter nicht stattgefunden hat. Darüber hinaus fehlt es an Kennzahlensystemen und einem funktionierenden Berichtswesen. Die durch den Einsatz von Managementinstrumenten erhoffte Wirkung bleibt aus und das Interesse an der Weiterführung nimmt bei der Museumsleitung und den Mitarbeitern ab.
 
Hier setzt das Konzept der BSC an. Es basiert auf der Beziehung zwischen einem Organisationssystem und seiner Umwelt. Im Mittelpunkt ihrer Anwendung in einem Museum stehen dessen Visionen und Ziele, aus denen Erfolgsfaktoren und die zur Erfüllung notwendigen managerialen Handlungsweisen abgeleitet werden. Der Blick wird dabei über finanzielle oder strukturelle Aspekte hinaus auf alle relevanten Teile in und um ein Haus erweitert, wie die Bedürfnisse der Besucher, Stakeholder und Mitarbeiter.
 
Um den Verbreitungsgrad und die Erfahrungen mit der BSC in Museen zu eruieren, führte Conen eine Online-Umfrage unter den Verwaltungsleitungen von Museen in Deutschland durch. Sie basierte auf einer 2011 von der Universität Potsdam durchgeführten Umfrage unter Verwaltungsleitern von Museen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu eingesetzten Steuerungsinstrumenten. Diese hatte ergeben, dass die BSC zwar das bisher am wenigsten im Museum genutzte Instrument ist, die die BSC anwendenden Museen jedoch zufrieden damit sind. Bei der Umfrage von Conen 2013 kam heraus, dass weiterhin nur ein geringer Teil der Museen die BSC einsetzt. Als Gründe für die Nichteinführung einer BSC wurden z. B. das fehlende Wissen über die BSC und die zu hohe Komplexität des Instruments genannt. Verbesserungsbedarf wird aber grundsätzlich bei der Umsetzung des Leitbildes und der Strategie auf die operative Ebene gesehen, auf der eine Nutzung der BSC basiert.
 
Um dieses Defizit zu überwinden, setzt Conen auf den Einsatz der Balanced Scorecard (BSC) in Verbindung mit einer Change-Management-Konzeption. Die BSC wird hierbei als Kennzahlensystem und Kommunikationsinstrument angewendet, das in Verbindung mit Zielvereinbarungen und einem Anreizsystem seinen Nutzen noch erhöht.
 
Die Begleitung der BSC-Einführung in einem Museum durch Change Management wird von Conen als zentrales Erfolgselement definiert. Change Management unterstützt die Veränderungsprozesse und schafft die notwendigen Voraussetzungen für die BSC-Einführung. Die Einführung von aus der Wirtschaft adaptieren Managementinstrumenten scheitert oft nicht an der mangelnden Eignung der Instrumente, sondern am Fehlen eines professionellen Implementierungsmanagements und Eingehen auf die unterschiedlichen Reaktionen auf Veränderungsprozesse bei den Mitarbeitern.
 
Die Change-Management-Konzeption von Conen stellt in den Mittelpunkt, welche emotionalen Phasen die Mitarbeiter während der Veränderungsprozesse durchlaufen und welche Reaktionen sie zeigen. Die Phasen werden einzelnen analysiert und Handlungsempfehlungen und unterstützende begleitende Maßnahmen dargelegt. Für den Veränderungsprozess sind deshalb Change Agents ein zentrales Element, also Führungskräfte, die qualifiziert sind Veränderungen mit Methoden- und Sozialkompetenz zu begleiten. Sie binden die Mitarbeiter von Beginn an, der Auftauphase an in den Einführungsprozess der BSC ein und vermitteln die damit verbundenen positiven Aspekte. Veränderungen lösen bei Mitarbeitern unterschiedliche Reaktionen wie Unsicherheit, Angst oder Verweigerung aus. In der zweiten, der Änderungsphase haben die Change Agents daher die Aufgabe entstandene Barrieren bei den Mitarbeitern durch eine offene und empfängerorientierte Kommunikation abzubauen. In der dritten Phase, der Beruhigungsphase, erfolgt die Überprüfung, inwieweit die BSC wirksam und die Implementierung dauerhaft ist.
 
Dass sich die BSC nicht nur auf der strategischen Ebene als Instrument, sondern auch für die Projektsteuerung von Museen eignet, zeigt Conen anhand des Beispiels der Stiftung Jüdisches Museum Berlin, für das sie selbst einige Jahre tätig war und entsprechende Prozesse geleitet hat. Projekte in Museen haben in den letzten Jahren eine deutliche Steigerung an Vielfalt und Vielzahl sowie bei der Komplexität erfahren. Auch sie müssen mit dem Museumsleitbild und der Strategie verknüpft sein. Diese Verbindung wird durch die Anwendung der BSC zur ganzheitlichen Projektsteuerung geschaffen und dem Leser anhand des konkreten Praxisbeispiels aufgezeigt. Das Projekt war durch die Vielzahl an Stakeholdern, gesonderten Regularien und unterschiedlichen Zielsetzungen in seiner Struktur komplex. Durch den Einsatz der BSC als Project Scorecard (PSC) konnten eine gemeinsame Strategie und gemeinsame Projektziele von den Beteiligten erarbeitet werden, die die Museums- und Stakeholderziele bestmöglich verbinden. Über die festgelegten quantitativ und qualitativen gewichteten Messgrößen konnte das Projekt fortlaufend gesteuert und bei Abweichungen im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses frühzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Durch die PSC wurde das Projekt für alle Beteiligten transparent und die Steuerung erleichtert.
 
Das Buch gibt einen grundlegenden theoretischen Überblick über strategisches Management in Museen sowie die BSC und Change Management als zugehörige Instrumente. Durch die vielfältigen Anwendungsbeispiele, z. B. die geplante BSC des Museums für Kommunikation Berlin und die Beschreibung des Einsatzes der BSC in einem Projekt der Stiftung Jüdisches Museum Berlin, zeigt Conen nachdrücklich die Potenziale der praktischen Anwendung von strategischem Management in Museen auf. Anhand des im Buch vermittelten Wissens und der Erfahrungswerte bekommt jede LeserIn die notwendigen Grundlagen, um zu bewerten, ob die Einführung der BSC begleitet durch Change-Management-Konzeption im eigenen Museum oder der eigenen Kultureinrichtung eine geeignete Maßnahme zur Anpassung an den externen Wandel ist.

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