25.09.2006
Buchdetails
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Autor*in
Jutta Emrath
Buchrezension
Kulturpolitik - eine Einführung (2. Auflage)
Autor: Armin Klein; Vs Verlag; 2005
Prof. Dr. phil. Armin Klein hat Germanistik, Politikwissenschaft und Philosophie an der Universität Mainz studiert und sich intensiv theoretisch damit beschäftigt, was Politik ist und wie sie gemacht wird. Von 1979-1981 war er Dramaturg am Theater am Turm in Frankfurt. Anschließend erlebte er als Kulturreferent der Stadt Marburg/Lahn 13 Jahre lang die praktische Kulturpolitik kennen. Seit 1994 ist Armin Klein Professor für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft im Studiengang Kulturmanagement der PH Ludwigsburg, wo er den Master - Aufbaustudiengang und das Kontaktstudium Kulturmanagement leitet und Vorsitzender der Prüfausschüsse ist. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Kulturmarketing, Kulturpolitik, Kultur und Tourismus, moderne Kulturanthropologie, Organisationstheorie und Theatermanagement.
Anlässlich des Amtsantritts des rot-roten Senats in Berlin griff der Journalist Mark Siemons (FAZ) das von ihm so genannte Partythema Kulturpolitik auf und stellte die provozierende Frage: "Weiß einer, was das überhaupt ist?" In Anbetracht der Sparzwänge forderte er eine Debatte über die Definition von Kulturpolitik und die Kriterien nach denen sie agieren könnte.
Auch wenn sich die Kulturpolitik seit den 80er Jahren zunehmend etablierte und zu einem eigenständigen Politikfeld heranwuchs, fehlt es doch an einer aktuellen Einführung, die zusammenfassend über dieses Politikfeld informiert. Detailstudien gibt es viele, doch die letzten Einführungen stammen aus den späten 80er Jahren und sind schon lange vergriffen. Diese Lücke will das vorliegende Buch schließen.
Das Buch richtet sich an vier verschiedene Personengruppen:
Anlässlich des Amtsantritts des rot-roten Senats in Berlin griff der Journalist Mark Siemons (FAZ) das von ihm so genannte Partythema Kulturpolitik auf und stellte die provozierende Frage: "Weiß einer, was das überhaupt ist?" In Anbetracht der Sparzwänge forderte er eine Debatte über die Definition von Kulturpolitik und die Kriterien nach denen sie agieren könnte.
Auch wenn sich die Kulturpolitik seit den 80er Jahren zunehmend etablierte und zu einem eigenständigen Politikfeld heranwuchs, fehlt es doch an einer aktuellen Einführung, die zusammenfassend über dieses Politikfeld informiert. Detailstudien gibt es viele, doch die letzten Einführungen stammen aus den späten 80er Jahren und sind schon lange vergriffen. Diese Lücke will das vorliegende Buch schließen.
Das Buch richtet sich an vier verschiedene Personengruppen:
- Zunächst wendet es sich an diejenigen, die sich aktiv in der Kulturpolitik betätigen, wie z. B. Gemeinderatsmitglieder oder sachkundige BürgerInnen.
- Außerdem richtet es sich an die von der Kulturpolitik Betrof¬fenen, also die in Kultureinrichtungen tätigen Personen.
- Weitere Adressaten sieht der Autor bei den Hauptamtlichen in der Kulturpolitik und Kommunalverwaltung. Ihnen soll das Buch erklären, wie Kulturpolitik eigentlich funktioniert.
- Schließlich ist das Buch auch für Studenten geschrieben, die sich im Rahmen ihres Studiums (z. B. Kulturmanagement) mit Kulturpolitik befassen und Berufsfelder anstreben, für die in Deutschland die Kulturpolitik die zentralen Rahmenbedingungen setzt.
- Es soll ein praktisches Hilfsmittel für alle sein, die Kulturpolitik machen und/oder sie besser verstehen wollen.
Armin Klein erläutert uns in seiner "Einführung in die Kulturpolitik" fünf wichtige Teilbereiche, die sich zu einem umfassenden und klaren Bild des Begriffes Kulturpolitik zusammenfügen. Nach einer Definition der Begrifflichkeiten "Politik", "Kultur" und "Kulturpolitik" beschreibt er die Rahmenbedingungen der Kulturpolitik, erklärt vorherrschende Strukturen, Ebenen und Akteure und gibt Einblicke in den kulturtheoretischen Diskurs sowie die kulturpolitischen Ziele. Das letzte Kapitel behandelt schließlich die Instrumente der Kulturpolitik. Klein beantwortet also nicht nur die Frage, was Kulturpolitik eigentlich ist und wer sie vertritt, sondern widmet sich auch den Möglichkeiten und Potentialen, aber auch der Problematik, die das Zusammenwirken von Politik und Kultur mit sich bringen.
Klein führt den Leser zunächst anhand einiger Beispiele in die Thematik ein. Ein angenehmer Einstieg, da man sofort "in medias res", der ursprünglichen Fragestellung gegenüber steht. Aus diesen praxisnahen Fällen heraus nähert er sich den Begriffen Politik und Kultur, um aus beiden Definitionen die Kulturpolitik herzuleiten. "Politik" erschließt sich zunächst als spezifisches Verhalten: Auf ein soziales Gebilde bezogen, an Macht orientiert, auf einen politischen Verband bezogen oder als Ordnungsaufgabe und als an Normen orientiertes Handeln. Hier gilt es feine Facetten zu unterscheiden, will man den Politikbegriff gründlich erklären: So setzt sich Politik zusammen aus "polity", den Rahmenbedingungen, unter denen Politik überhaupt stattfinden kann, "politics", die prozesshafte Dimension politischer Verfahren und "policy", der inhaltlichen Ausgestaltung von Politik.
Den Begriff "Kultur" hingegen kennen wir aus verschiedenen Lebensbereichen. Kultur als Kunst, Kultur als Lebensart als Abgrenzung zur Zivilisation, als plurale Form (z.B. die Kulturen der Erde, die Kultur der Inkas) oder im natürlichen Sinn als kultivierten Anbau. In der heutigen Zeit wird der Kulturbegriff als geradezu "inflationär" bezeichnet. Klein recherchiert bis in die Antike hinein und erläutert unter Berücksichtigung der historischen und traditionellen Entwicklungen in England, Frankreich und Deutschland mit den zugehörigen unterschiedlichen Belegungen des Kulturbegriffs die Bedeutung von Föderalismus und Zentralismus für die Prägungen unseres heutigen Kulturverständnisses.
"Was verstehen wir unter Kulturpolitik?"
Zusammengenommen ergeben sich wichtige Erkenntnisse: Natürlich gibt es Gegensätze der beiden Handlungsfelder hinsichtlich Legitimation, Ausübung und Selbstverständnis, man denke nur an den affirmativen Politik- oder Kulturbegriff, demzufolge sich das eine vom anderen fernzuhalten habe. Doch wir erfahren auch: Kultur ist kein politikfreier Raum. Kultur ist Lebensweise des Menschen. Sie ist die Substanz, um die es der Politik zu gehen hat. Und: Politik ist immer auch Kulturpolitik, denn Politik beeinflusst die Bedingungen des Lebens und Handelns des Menschen.
Nachdem im 1. Kapitel die Kulturpolitik begrifflich erklärt wurde, lernen wir im 2. Kapitel einige Parameter kennen, die das Wirkungsfeld definieren, d. h. die Rahmenbedingungen, innerhalb deren sich der Kulturpolitiker bewegt. Kulturpolitik ist konstanten und langfristigen Konditionierungen, aber auch dem kurzfristigem Wandel der Rahmenbedingungen unterworfen.
Ausgehend von historischen Erfahrungen mit Zentralismus, Föderalismus, Nationalsozialismus und Kulturpolitik der DDR und den jeweiligen Folgen für die Gegenwart nennt Klein als wichtigste Rahmenbedingungen die rechtlichen Normierungen und finanziellen Ressourcen. Sowohl juristische Normierungen auf Europäischer Ebene, das Kulturverfassungsrecht, kulturpolitisch relevante Einzelgesetze und die Folgewirkungen nicht-kulturspezifischer Gesetze sind wichtige Vorgaben wie auch die allgemeinen Regeln des öffentlichen Haushaltsrechtes (Kameralistik), die wirtschafts- und finanzpolitische Situation, das allgemeine (kultur-) politische Klima (aufgeschlossen - zurückhaltend), gesetzliche Vorgaben und eingegangene juristische Selbstbindungen.
Da nur das "Ob", nicht aber das "Wie" der kulturpolitischen Aktivitäten juristisch festgelegt ist, sind die finanziellen Aufwendungen für Kulturpolitik von Bundesland zu Bundesland, von Gemeinde zu Gemeinde sehr unterschiedlich. Sie umfassen, sowohl was die tatsächlichen Ausgaben als auch den Anteil am jeweiligen Gesamthaushalt betrifft, eine große Spanne.
Im folgenden Kapitel 3 werden nun Ebenen, Akteure und Organisationsstrukturen der Kulturpolitik beschrieben. Die Zuständigkeiten sind auf Kommunen, Länder und Bund bis hin zur europäischen Ebene aufgeteilt, wobei die eigentliche Kulturpolitik meist in den Kommunen geleistet wird, entsprechend unserem traditionellen föderalistischen Verständnis. Gerade dort treffen Abhängigkeit und Gestaltungsfreiheit aufeinander, weil Kultur einerseits direkt vor Ort gemacht wird, andererseits aber die Länder die Rahmenbedingungen setzten und dies je nach länderspezifischer Tradition mit unterschiedlichen Schwerpunkten tun.
Der Bund als übergeordnete Instanz besitzt traditionell kulturpolitische Kompetenzen nach außen, sucht aber zunehmend auch Möglichkeiten der Einflussnahme nach innen. Diese Tendenz ist an eigenen Neugründungen von Museen und Kunsthallen, den durch die Einheit bedingten Förderprogrammen oder der Bestellung eines Staatsministers beim Bundeskanzler für Angelegenheiten der Kultur und der Medien erkennbar.
Kulturpolitik auf der europäischen Ebene beinhaltet vor allem Förderprogramme, die aber erst seit 1997 möglich geworden sind. Ihre Ziele lauten allgemein:
- Entfaltung der Kulturen der Mitgliedsstaaten,
- Bewahrung des europäischen Erbes
- Unterstützung des kulturellen Austausches.
Noch zu nennen wären Informationsangebote zu europäischen Förderanträgen wie die "Cultural Contact Points", die in allen Mitgliedsländern von der Europäischen Kommission eingerichtet wurden und in Deutschland vom Deutschen Kulturrat in Zusammenarbeit mit der Kulturpolitischen Gesellschaft Bonn getragen wird.
Die oben genannten juristischen Rahmenbedingungen lassen einen weiten Spielraum für die inhaltliche Gestaltung zu. Dadurch erhält der kulturtheoretische/kulturpolitische Diskurs, der im 4. Kapitel behandelt wird, eine große Bedeutung. Die Interessen, die an Kunst und Kultur gestellt werden, sind je nach der historischen Phase sehr unterschiedlich. Es gibt unterschiedliche Zielsetzungen, Konzepte und Programme, die für eine bestimmte Zeit die konkrete Kulturpolitik beeinflussen. Armin Klein macht dies beeindruckend am Beispiel Nachkriegsdeutschland deutlich:
So wurde nach dem Krieg in Deutschland unmittelbar an den Kulturbegriff der Goethezeit (Wahres, Schönes, Gutes) angeknüpft, es erfolgte keine Reflexion der Errungenschaften der Weimarer Republik zwischen 1919 und 1933. Deutschland blieb außerdem "ohne Aufarbeitung des Rückfalls in die zivilisatorische Barbarei der Jahre von 1933-1945". (Kollektive) "Melancholie" und "Trauerarbeit" hätten laut Klein die Aufbauarbeit behindert - die unmittelbare Vergangenheit wurde "verdrängt". Erst Mitte der 60er Jahre öffnete sich die Kulturproduktion, -politik und theorie der Vergangenheitsbewältigung, aber auch der Konfrontation mit der aktuellen gesellschaftlichen Wirklichkeit. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Frankfurter Schule. Aus ihrer Kritik ergab sich eine Öffnung des Kulturbegriffs, womit auch stärker die gesellschaftliche Wirklichkeit ins Blickfeld kulturtheoretischer Diskussionen kam. Auf größeres Interesse stieß auch wieder die Massenkultur der Weimarer Republik. Damit einher ging die Politisierung des Kulturbegriffs - der marxistische Kulturbegriff erlebte eine Renaissance. Diese Entwicklung lässt sich als Versuch kennzeichnen, die für Deutschland typische Trennung von Kultur und Zivilisation aufzuheben. Aus diesen Diskussionen entwickelte sich Mitte der 70er Jahre die "Neue Kulturpolitik", die mit dem Stichwort "Kulturarbeit" einen neuen Akzent setzte. Das zentrale Element war die "Soziokultur", die die Pflege des Wahren, Schönen und Guten durch eine gesellschaftsrelevante Kulturpolitik im Sinne einer Demokratisierung der Kultur - Aufhebung der Trennung von Kultur und Alltag - ergänzte.
Im 5. und letzten Kapitel stellt Klein Instrumente vor, mittels derer Kulturpolitik ausgeübt werden kann. Es werden natürlich Parallelen deutlich, vor allem zu den Kapiteln 2 und 3, da die Instrumente Bestandteil der Rahmenbedingungen sind bzw. von den zuständigen Ebenen angewandt werden.
Hierzu gehört das Setzen von juristisch-administrativen Rahmenbedingungen. Man unterscheidet hier zwischen unmittelbar wirkenden (Urheberrechtsgesetz, Künstlersozialversicherungsgesetz, Buchpreisbindung, Haushaltsgesetze und Haushaltssatzung) und indirekt wirkenden juristischen Rahmenbedingungen (Besteuerung ausländischer Künstler, Steuerpolitik für Kunst und Kultur). Weitere Mittel sind Schaffung von kulturellen Einrichtungen und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen, finanzielle Kulturförderung in differenzierter Weise und Beratung und Vermittlung durch die Cultural Contact Points und die kommunalen Kulturämter.
Ein sehr interessantes Instrument ist vor allem die Kulturentwicklungsplanung. Kulturräume sollen ja nicht nur erhalten und gepflegt, sondern es sollen vor allem auch neue erschlossen werden. Armin Klein skizziert hier sehr detailliert die theoretische Erschließung neuer Kulturräume von der Sichtung von Potential über die Vision bis hin zur Realisierung der gewünschten Projekte. Dort wo die Zukunft gestaltet wird, ist ein wichtiger Treffpunkt des Kulturmanagers und des Kulturpolitikers.
Armin Klein wird mit seinen Ausführungen dem eigenen Anspruch, so wie er in der Einleitung formuliert wird, gerecht. Er hat eine Einführung in die Kulturpolitik verfasst, die zusammenfassend über dieses Politikfeld informiert. Dieses Buch erklärt der interessierten Leserschaft, wie die Kulturpolitik funktioniert und ist ein praktisches Hilfsmittel, um Kulturpolitik betreiben zu können bzw. sie zu verstehen.
Die Thematik Kulturpolitik wird umfassend, detailliert und verständlich beschrieben. Dabei fächert er die Betrachtung dieses Politikfeldes breit auf und beschränkt sich nicht nur auf die reine Beschreibung des Staus quo unserer Kulturpolitik, sondern gibt ausführliche Definitionen zu den Begriffen, die im Mittelpunkt seiner Ausführungen stehen. Dies mutet einerseits sehr (politik-)wissenschaftlich an, kann uns aber andererseits Argumentationsgrundlagen in der Auseinandersetzung mit der Kulturpolitik liefern, um sie für unsere Ziele gewinnen zu können. Eine historische Herleitung unserer gegenwärtigen kulturpolitischen Rahmenbedingungen, auch in Abgrenzung zum europäischen Ausland mit seinen eigenen, anderen Traditionen, unterstützt die Einsicht in die heutigen Verfahrensweisen und gewachsenen Traditionen. Angenehm ist, dass Klein an vielen Stellen seine Theorie durch eine Vielzahl von Beispielen untermauert und oft auch prominente Personen "zu Wort kommen lässt".
Dennoch bleibt das Buch deskriptiv, eben eine Einführung, die die Adressatengruppen gut bedient, die das kulturpolitische Geschehen aus der Perspektive der Politik betrachten. Etwas anders liegt die Sache bei den von der Kulturpolitik Betroffenen und denen, die in absehbarer Zeit dazugehören werden, also den Studenten, die Kulturmanagement oder Ähnliches studieren. Sie müssen sich mit der Kulturpolitik im Verteilungskampf um die knapper werdenden Mittel auseinandersetzen.
So stellt sich am Ende die Frage, was Studenten des Studiengangs Kulturmanagement nun konkret mit diesem Buch anfangen können. Für uns und unsere Bedürfnisse erscheint ein praktischer Teil aus der Perspektive des von der Kulturpolitik Betroffenen eine sinnvolle Ergänzung. Wünschenswert wäre daher ein (einführendes) Kapitel, das sich mit Fragen der praktischen Auseinandersetzung des Kulturmanagers mit Vertretern und Institutionen der Kulturpolitik über die Bewilligung von Förderungen beschäftigt, vergleichbar den auf dem Markt befindlichen Leitfäden zur (erfolgreichen) Sponsorengewinnung.
Daher kommen wir zu dem abschließenden Urteil, dass das Buch von Armin Klein brauchbar und durchaus empfehlenswert ist, aber nur um sich im Rahmen einer Einführung eingehend und fundiert mit der Thematik zu beschäftigen, oder für diejenigen, die Kulturpolitik für sich als mögliches Betätigungsfeld betrachten. Als verpflichtende Grundlagenlektüre für den Studiengang Musik- und Kulturmanagement würden wir es eher nicht empfehlen. Da sollten Auszüge genügen.
Die oben genannten juristischen Rahmenbedingungen lassen einen weiten Spielraum für die inhaltliche Gestaltung zu. Dadurch erhält der kulturtheoretische/kulturpolitische Diskurs, der im 4. Kapitel behandelt wird, eine große Bedeutung. Die Interessen, die an Kunst und Kultur gestellt werden, sind je nach der historischen Phase sehr unterschiedlich. Es gibt unterschiedliche Zielsetzungen, Konzepte und Programme, die für eine bestimmte Zeit die konkrete Kulturpolitik beeinflussen. Armin Klein macht dies beeindruckend am Beispiel Nachkriegsdeutschland deutlich:
So wurde nach dem Krieg in Deutschland unmittelbar an den Kulturbegriff der Goethezeit (Wahres, Schönes, Gutes) angeknüpft, es erfolgte keine Reflexion der Errungenschaften der Weimarer Republik zwischen 1919 und 1933. Deutschland blieb außerdem "ohne Aufarbeitung des Rückfalls in die zivilisatorische Barbarei der Jahre von 1933-1945". (Kollektive) "Melancholie" und "Trauerarbeit" hätten laut Klein die Aufbauarbeit behindert - die unmittelbare Vergangenheit wurde "verdrängt". Erst Mitte der 60er Jahre öffnete sich die Kulturproduktion, -politik und theorie der Vergangenheitsbewältigung, aber auch der Konfrontation mit der aktuellen gesellschaftlichen Wirklichkeit. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Frankfurter Schule. Aus ihrer Kritik ergab sich eine Öffnung des Kulturbegriffs, womit auch stärker die gesellschaftliche Wirklichkeit ins Blickfeld kulturtheoretischer Diskussionen kam. Auf größeres Interesse stieß auch wieder die Massenkultur der Weimarer Republik. Damit einher ging die Politisierung des Kulturbegriffs - der marxistische Kulturbegriff erlebte eine Renaissance. Diese Entwicklung lässt sich als Versuch kennzeichnen, die für Deutschland typische Trennung von Kultur und Zivilisation aufzuheben. Aus diesen Diskussionen entwickelte sich Mitte der 70er Jahre die "Neue Kulturpolitik", die mit dem Stichwort "Kulturarbeit" einen neuen Akzent setzte. Das zentrale Element war die "Soziokultur", die die Pflege des Wahren, Schönen und Guten durch eine gesellschaftsrelevante Kulturpolitik im Sinne einer Demokratisierung der Kultur - Aufhebung der Trennung von Kultur und Alltag - ergänzte.
Im 5. und letzten Kapitel stellt Klein Instrumente vor, mittels derer Kulturpolitik ausgeübt werden kann. Es werden natürlich Parallelen deutlich, vor allem zu den Kapiteln 2 und 3, da die Instrumente Bestandteil der Rahmenbedingungen sind bzw. von den zuständigen Ebenen angewandt werden.
Hierzu gehört das Setzen von juristisch-administrativen Rahmenbedingungen. Man unterscheidet hier zwischen unmittelbar wirkenden (Urheberrechtsgesetz, Künstlersozialversicherungsgesetz, Buchpreisbindung, Haushaltsgesetze und Haushaltssatzung) und indirekt wirkenden juristischen Rahmenbedingungen (Besteuerung ausländischer Künstler, Steuerpolitik für Kunst und Kultur). Weitere Mittel sind Schaffung von kulturellen Einrichtungen und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen, finanzielle Kulturförderung in differenzierter Weise und Beratung und Vermittlung durch die Cultural Contact Points und die kommunalen Kulturämter.
Ein sehr interessantes Instrument ist vor allem die Kulturentwicklungsplanung. Kulturräume sollen ja nicht nur erhalten und gepflegt, sondern es sollen vor allem auch neue erschlossen werden. Armin Klein skizziert hier sehr detailliert die theoretische Erschließung neuer Kulturräume von der Sichtung von Potential über die Vision bis hin zur Realisierung der gewünschten Projekte. Dort wo die Zukunft gestaltet wird, ist ein wichtiger Treffpunkt des Kulturmanagers und des Kulturpolitikers.
Armin Klein wird mit seinen Ausführungen dem eigenen Anspruch, so wie er in der Einleitung formuliert wird, gerecht. Er hat eine Einführung in die Kulturpolitik verfasst, die zusammenfassend über dieses Politikfeld informiert. Dieses Buch erklärt der interessierten Leserschaft, wie die Kulturpolitik funktioniert und ist ein praktisches Hilfsmittel, um Kulturpolitik betreiben zu können bzw. sie zu verstehen.
Die Thematik Kulturpolitik wird umfassend, detailliert und verständlich beschrieben. Dabei fächert er die Betrachtung dieses Politikfeldes breit auf und beschränkt sich nicht nur auf die reine Beschreibung des Staus quo unserer Kulturpolitik, sondern gibt ausführliche Definitionen zu den Begriffen, die im Mittelpunkt seiner Ausführungen stehen. Dies mutet einerseits sehr (politik-)wissenschaftlich an, kann uns aber andererseits Argumentationsgrundlagen in der Auseinandersetzung mit der Kulturpolitik liefern, um sie für unsere Ziele gewinnen zu können. Eine historische Herleitung unserer gegenwärtigen kulturpolitischen Rahmenbedingungen, auch in Abgrenzung zum europäischen Ausland mit seinen eigenen, anderen Traditionen, unterstützt die Einsicht in die heutigen Verfahrensweisen und gewachsenen Traditionen. Angenehm ist, dass Klein an vielen Stellen seine Theorie durch eine Vielzahl von Beispielen untermauert und oft auch prominente Personen "zu Wort kommen lässt".
Dennoch bleibt das Buch deskriptiv, eben eine Einführung, die die Adressatengruppen gut bedient, die das kulturpolitische Geschehen aus der Perspektive der Politik betrachten. Etwas anders liegt die Sache bei den von der Kulturpolitik Betroffenen und denen, die in absehbarer Zeit dazugehören werden, also den Studenten, die Kulturmanagement oder Ähnliches studieren. Sie müssen sich mit der Kulturpolitik im Verteilungskampf um die knapper werdenden Mittel auseinandersetzen.
So stellt sich am Ende die Frage, was Studenten des Studiengangs Kulturmanagement nun konkret mit diesem Buch anfangen können. Für uns und unsere Bedürfnisse erscheint ein praktischer Teil aus der Perspektive des von der Kulturpolitik Betroffenen eine sinnvolle Ergänzung. Wünschenswert wäre daher ein (einführendes) Kapitel, das sich mit Fragen der praktischen Auseinandersetzung des Kulturmanagers mit Vertretern und Institutionen der Kulturpolitik über die Bewilligung von Förderungen beschäftigt, vergleichbar den auf dem Markt befindlichen Leitfäden zur (erfolgreichen) Sponsorengewinnung.
Daher kommen wir zu dem abschließenden Urteil, dass das Buch von Armin Klein brauchbar und durchaus empfehlenswert ist, aber nur um sich im Rahmen einer Einführung eingehend und fundiert mit der Thematik zu beschäftigen, oder für diejenigen, die Kulturpolitik für sich als mögliches Betätigungsfeld betrachten. Als verpflichtende Grundlagenlektüre für den Studiengang Musik- und Kulturmanagement würden wir es eher nicht empfehlen. Da sollten Auszüge genügen.
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