11.05.2010
Die Presse, 07.05.2010
Autor*in
Christina Merl
Creative Leadership
Wenn Kreativität zur Chefsache wird
Konkret, ehrlich, impulsiv und immer den Fluss der Dinge im Kopf: So könnte Management bald überall gelehrt werden. Und einige Vorreiter tun das schon jetzt.
Man mixe Expertenwissen, Erfahrung und Kreativität, füge eine Messerspitze Talent und eine Brise Internationalität hinzu, und fertig ist das innovative Führungskonzept. Oder doch nicht?
Leider nein. Denn Kreativität klingt gut, ist aber vor allem im Management selten wohlgelitten. Eingefahrene Denkweisen und Strukturen prägen Arbeitsabläufe und Entscheidungsprozesse in Organisationen. Wir denken nach wie vor in Schubladen, sagt Elke Zellinger, Geschäftsführerin der Agentur Ultramarin. Im realen Geschäftsleben wird immer noch unterschieden zwischen den wirtschaftlichen Entscheidungsträgern den Machern und den kreativen Spaßvögeln. Nicht umsonst wandern zahlreiche kreative Köpfe ins Ausland ab, wo sie mehr Anerkennung und bessere Rahmenbedingungen für ihre Arbeit finden. Zellinger fordert daher ein Umdenken: Meiner Meinung nach muss mehr Sensibilität für Kreativprozesse geschaffen werden. Dazu bedarf es eines neuen Führungsstils und entsprechender Ausbildungen.
Offen organisieren
Dass kreative Ansätze mitunter an Missverständnissen zwischen der Kreativwirtschaft und den industriellen Auftraggebern scheitern, ist auch Gerhard Kürner, Leitung Konzernkommunikation und Pressesprecher der Voestalpine, überzeugt.
Zu unterschiedlich seien die jeweiligen Abläufe und Erwartungshaltungen, denn selbst Sprache und Auftreten vermitteln ein Bild zweier getrennter Welten. Diese Kluft gelte es zu überbrücken. Neben besserem Verständnis für den jeweils anderen geht es vor allem darum, Abläufe zu integrieren und Kreativprozesse zu einer echten Managementfunktion zu machen. Kreativität kann man nicht einfach anordnen, so Karin Mairitsch, Vizerektorin der FH Salzburg. Man kann ja einem Mitarbeiter nicht sagen: ,Seien Sie kreativ. So funktioniert das nicht. Ein traditionell aufgesetztes Management emfpinde kreative Vorschläge außerdem häufig als Widerstand. Die Herausforderung besteht darin, eine Organisationskultur zu schaffen, in der kreativer Input als produktiv erlebt wird. Um dieses Wissen entsprechend zu vermitteln, wird derzeit intensiv an einem berufsbegleitenden Lehrgang Creative Leadership gearbeitet, der 2010/2011 starten und mit einem Master-Degree abschließen soll.
Kernpunkt dieses Creative-Leadership-Lehrgangs wird sein, dass Führungskräfte lernen, Kontrolle abzugeben, um die Kreativität bei Mitarbeitern nicht abzuwürgen, erklärt Mairitsch den nicht linearen Ansatz. Dabei werde es unter anderem darum gehen, wie entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden könnten. Kreativität ist ein komplexer, nicht vorhersehbarer Prozess. Und gute Einfälle kommen in einer Umgebung, in der man seine Gedanken fließen lassen kann. Führungskräfte sollten außerdem erkennen, dass Kreativität gerade in Krisenzeiten ein enormer Beschleuniger und damit Grundvoraussetzung für innovative Prozesse ist. Der Lehrgang werde sich übrigens nicht auf die Werbe- und Kommunikationsbranche beschränken, sondern Manager in ganz unterschiedlichen Bereichen ansprechen.
Potenzial ausschöpfen
Um die Bedeutung von Kreativität im Unternehmenskontext weiß auch Daniela Freudenthaler, Programmentwicklung an der LIMAK Johannes Kepler University Business School. Die Fähigkeit einer Organisation, das kreative Potenzial ihrer Führungskräfte und Mitarbeiter auszuschöpfen, entscheidet über deren Position im globalen Wettbewerb. Kreativität sei damit eine der wichtigsten Ressourcen im 21. Jahrhundert. Genau aus diesem Grund habe man an der LIMAK das Masterprogramm Creative Process Leadership ins Leben gerufen. Ziel dieses in Europa bislang einzigartigen MBA-Programms sei nicht in erster Linie, den klassischen Vertretern der Kreativbranche Standardmanagementwissen beizubringen. Im Gegenteil: Wir sprechen Führungskräfte an, die kreative Arbeitsprozesse fördern und im Unternehmen Innovation hervorbringen möchten, erklärt Freudenthaler. Das können Marketingmanager, strategische Berater, aber ebensogut Kunststoffforscher und Künstler sein.
Vernetzung üben
Bei der Konzeption des MBA-Programmes habe man sich an den Erkenntnissen des amerikanischen Ökonomen Richard Florida orientiert, wonach technologische Innovation nicht länger ausreicht und Kreativität als wesentliche Ressource für ökonomisches Wachstum im 21. Jahrhundert angesehen wird. Entscheidend ist, dass wir eine Unternehmenskultur schaffen, welche kreative Abläufe fördert und zur Entfaltung bringt, so Freudenthaler. Unser Ziel ist es, unterschiedliche Denkmuster miteinander zu verschmelzen und voneinander zu lernen.
Im ersten Lehrgang, der im Herbst 2010 startet, werde man Teilnehmer aus den Bereichen Kulturmanagement, Markenmanagement und auch aus dem Dienstleistungssektor begrüßen. Und genau diese Mischung macht es möglich, einen Blick über den eigenen Tellerrand zu werfen, neue Einsichten und Ansätze verstehen zu lernen und gemeinsam Lösungsansätze zu generieren. Dabei gehe es darum, die Teilnehmer auf unterschiedliche Aspekte eines Kreativprozesses im Unternehmen zu sensibilisieren und den Prozess aktiv zu steuern.
International aufgestellt
Themen sind unter anderem der Aufbau neuer Vertriebsstrukturen, die Vorbereitung eines Markeneintritts in einen Emerging Market, Produktentwicklung, aber auch Methodenwissen, Führungsqualitäten, Organisationsprozesse, strategie- und markenorientierte Unternehmensführung sowie Trend- und Umweltanalysen. Anhand von Rollenspielen und Improvisationstheater sollen die Teilnehmer lernen, sich in andere hineinzuversetzen, vernetzt und nicht sequenziell zu denken. Am Ende des dritten Semesters wird das neu erworbene Wissen an praxisnahen Fallstudien erprobt. Die Teilnehmer erarbeiten mit einem akademischen Mentor und einem Fachbetreuer aus dem Unternehmen selbst eine Strategie zur Lösung einer bestimmten Problemstellung. Ziel ist es, das Kreativpotenzial eines Unternehmens auszuschöpfen. Geplant sind weiters zwei Auslandsaufenthalte, wobei diese aus theoretischen Vorlesungen und praxisbezogenen Modulen bestehen. Wir werden beispielsweise Unternehmen in der Kulturhauptstadt Istanbul besuchen, freut sich Freudenthaler. Gerade weil es sich hier um einen aufstrebenden Markt handelt, ein Potpourri von Tradition und Innovation, können die Teilnehmer dort alternative Methoden und Lösungsansätze kennenlernen. Gelernt wird nicht ausschließlich in schicken Seminarräumen, sondern in rauen unfertigen Fabriksgebäuden. Von anderen Creative-Leadership-Programmen hebe man sich ab, indem man nicht nur Akteure der Kreativwirtschaft anspreche. Es reicht nicht, einem Kreativdirektor standardmäßiges Managementwissen beizubringen. Das Augenmerk liegt auf interdisziplinärer Vernetzung, Prozessdenken und Kokreation, so Freudenthaler. Mit internationalen Referenten und Standorten möchte man das interdisziplinäre Konzept des MBA zusätzlich unterstreichen. Wir kooperieren mit der Helsinki Business School, der Copenhagen Business School, aber auch mit der Kunstuniversität Dresden und der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Unterrichtssprachen werden Englisch und Deutsch sein.
Originalartikel unter www.diepresse.at
Leider nein. Denn Kreativität klingt gut, ist aber vor allem im Management selten wohlgelitten. Eingefahrene Denkweisen und Strukturen prägen Arbeitsabläufe und Entscheidungsprozesse in Organisationen. Wir denken nach wie vor in Schubladen, sagt Elke Zellinger, Geschäftsführerin der Agentur Ultramarin. Im realen Geschäftsleben wird immer noch unterschieden zwischen den wirtschaftlichen Entscheidungsträgern den Machern und den kreativen Spaßvögeln. Nicht umsonst wandern zahlreiche kreative Köpfe ins Ausland ab, wo sie mehr Anerkennung und bessere Rahmenbedingungen für ihre Arbeit finden. Zellinger fordert daher ein Umdenken: Meiner Meinung nach muss mehr Sensibilität für Kreativprozesse geschaffen werden. Dazu bedarf es eines neuen Führungsstils und entsprechender Ausbildungen.
Offen organisieren
Dass kreative Ansätze mitunter an Missverständnissen zwischen der Kreativwirtschaft und den industriellen Auftraggebern scheitern, ist auch Gerhard Kürner, Leitung Konzernkommunikation und Pressesprecher der Voestalpine, überzeugt.
Zu unterschiedlich seien die jeweiligen Abläufe und Erwartungshaltungen, denn selbst Sprache und Auftreten vermitteln ein Bild zweier getrennter Welten. Diese Kluft gelte es zu überbrücken. Neben besserem Verständnis für den jeweils anderen geht es vor allem darum, Abläufe zu integrieren und Kreativprozesse zu einer echten Managementfunktion zu machen. Kreativität kann man nicht einfach anordnen, so Karin Mairitsch, Vizerektorin der FH Salzburg. Man kann ja einem Mitarbeiter nicht sagen: ,Seien Sie kreativ. So funktioniert das nicht. Ein traditionell aufgesetztes Management emfpinde kreative Vorschläge außerdem häufig als Widerstand. Die Herausforderung besteht darin, eine Organisationskultur zu schaffen, in der kreativer Input als produktiv erlebt wird. Um dieses Wissen entsprechend zu vermitteln, wird derzeit intensiv an einem berufsbegleitenden Lehrgang Creative Leadership gearbeitet, der 2010/2011 starten und mit einem Master-Degree abschließen soll.
Kernpunkt dieses Creative-Leadership-Lehrgangs wird sein, dass Führungskräfte lernen, Kontrolle abzugeben, um die Kreativität bei Mitarbeitern nicht abzuwürgen, erklärt Mairitsch den nicht linearen Ansatz. Dabei werde es unter anderem darum gehen, wie entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden könnten. Kreativität ist ein komplexer, nicht vorhersehbarer Prozess. Und gute Einfälle kommen in einer Umgebung, in der man seine Gedanken fließen lassen kann. Führungskräfte sollten außerdem erkennen, dass Kreativität gerade in Krisenzeiten ein enormer Beschleuniger und damit Grundvoraussetzung für innovative Prozesse ist. Der Lehrgang werde sich übrigens nicht auf die Werbe- und Kommunikationsbranche beschränken, sondern Manager in ganz unterschiedlichen Bereichen ansprechen.
Potenzial ausschöpfen
Um die Bedeutung von Kreativität im Unternehmenskontext weiß auch Daniela Freudenthaler, Programmentwicklung an der LIMAK Johannes Kepler University Business School. Die Fähigkeit einer Organisation, das kreative Potenzial ihrer Führungskräfte und Mitarbeiter auszuschöpfen, entscheidet über deren Position im globalen Wettbewerb. Kreativität sei damit eine der wichtigsten Ressourcen im 21. Jahrhundert. Genau aus diesem Grund habe man an der LIMAK das Masterprogramm Creative Process Leadership ins Leben gerufen. Ziel dieses in Europa bislang einzigartigen MBA-Programms sei nicht in erster Linie, den klassischen Vertretern der Kreativbranche Standardmanagementwissen beizubringen. Im Gegenteil: Wir sprechen Führungskräfte an, die kreative Arbeitsprozesse fördern und im Unternehmen Innovation hervorbringen möchten, erklärt Freudenthaler. Das können Marketingmanager, strategische Berater, aber ebensogut Kunststoffforscher und Künstler sein.
Vernetzung üben
Bei der Konzeption des MBA-Programmes habe man sich an den Erkenntnissen des amerikanischen Ökonomen Richard Florida orientiert, wonach technologische Innovation nicht länger ausreicht und Kreativität als wesentliche Ressource für ökonomisches Wachstum im 21. Jahrhundert angesehen wird. Entscheidend ist, dass wir eine Unternehmenskultur schaffen, welche kreative Abläufe fördert und zur Entfaltung bringt, so Freudenthaler. Unser Ziel ist es, unterschiedliche Denkmuster miteinander zu verschmelzen und voneinander zu lernen.
Im ersten Lehrgang, der im Herbst 2010 startet, werde man Teilnehmer aus den Bereichen Kulturmanagement, Markenmanagement und auch aus dem Dienstleistungssektor begrüßen. Und genau diese Mischung macht es möglich, einen Blick über den eigenen Tellerrand zu werfen, neue Einsichten und Ansätze verstehen zu lernen und gemeinsam Lösungsansätze zu generieren. Dabei gehe es darum, die Teilnehmer auf unterschiedliche Aspekte eines Kreativprozesses im Unternehmen zu sensibilisieren und den Prozess aktiv zu steuern.
International aufgestellt
Themen sind unter anderem der Aufbau neuer Vertriebsstrukturen, die Vorbereitung eines Markeneintritts in einen Emerging Market, Produktentwicklung, aber auch Methodenwissen, Führungsqualitäten, Organisationsprozesse, strategie- und markenorientierte Unternehmensführung sowie Trend- und Umweltanalysen. Anhand von Rollenspielen und Improvisationstheater sollen die Teilnehmer lernen, sich in andere hineinzuversetzen, vernetzt und nicht sequenziell zu denken. Am Ende des dritten Semesters wird das neu erworbene Wissen an praxisnahen Fallstudien erprobt. Die Teilnehmer erarbeiten mit einem akademischen Mentor und einem Fachbetreuer aus dem Unternehmen selbst eine Strategie zur Lösung einer bestimmten Problemstellung. Ziel ist es, das Kreativpotenzial eines Unternehmens auszuschöpfen. Geplant sind weiters zwei Auslandsaufenthalte, wobei diese aus theoretischen Vorlesungen und praxisbezogenen Modulen bestehen. Wir werden beispielsweise Unternehmen in der Kulturhauptstadt Istanbul besuchen, freut sich Freudenthaler. Gerade weil es sich hier um einen aufstrebenden Markt handelt, ein Potpourri von Tradition und Innovation, können die Teilnehmer dort alternative Methoden und Lösungsansätze kennenlernen. Gelernt wird nicht ausschließlich in schicken Seminarräumen, sondern in rauen unfertigen Fabriksgebäuden. Von anderen Creative-Leadership-Programmen hebe man sich ab, indem man nicht nur Akteure der Kreativwirtschaft anspreche. Es reicht nicht, einem Kreativdirektor standardmäßiges Managementwissen beizubringen. Das Augenmerk liegt auf interdisziplinärer Vernetzung, Prozessdenken und Kokreation, so Freudenthaler. Mit internationalen Referenten und Standorten möchte man das interdisziplinäre Konzept des MBA zusätzlich unterstreichen. Wir kooperieren mit der Helsinki Business School, der Copenhagen Business School, aber auch mit der Kunstuniversität Dresden und der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Unterrichtssprachen werden Englisch und Deutsch sein.
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