Die Kunst, ein treues Publikum zu finden

Im Zentrum standen dabei Positionen aus der Wissenschaft der Kulturmanagement-Forschung (Birgit Mandel, Patrick Föhl, Gernot Wolfram), der Kulturvermittlung (Annette Richter-Haschka) und dem künstlerischen Schaffen (Birgit Ramsauer, Franziska Kessler).

 

Dabei ging es zunächst um die Klärung der Frage, welche Faktoren im Mittelpunkt der Frage nach der Publikumsbindung stehen: die Inszenierung des jeweiligen Ortes, die Ansprechpartner in den Institutionen und ihr "Charisma" (Kessler) sowie die Vermittler in der Gesellschaft, Multiplikatoren, die für Orte und Veranstaltungen begeistern können. Zudem wurde deutlich, dass "man sehr genau differenzieren muss, in welchen Sparten man tätig ist und welche Informationen man über sein Publikum gewinnen kann" (Mandel). Empirische Forschungen zur Motivation bzw. zum Desinteresse an kulturellen Projekten können in dem Maße helfen, wie sie als Gradmesser für Tendenzen in der Gesellschaft eingesetzt werden. Sie sind jedoch kein Allheilmittel, weil sich Publikumsverhalten nicht auf eine reine Datenlage zurückführen geschweige denn aus ihr heraus prognostizieren lässt. Das Publikum ist keine feste Größe, sondern unterteilt sich in verschiedene Gruppen, die untereinander starken Einfluss ausüben, wie etwa das Fachpublikum auf das Laienpublikum. Dieses Zusammenwirken gelte es genauer zu untersuchen.

 

 

Gerade "in ländlichen und strukturschwachen Regionen, etwa in Ostdeutschland, gibt es ein neues Bewusstsein für erfolgreiche Interventionen im Kulturbereich, die dazu führen, dass Menschen nicht nur an kulturelle Orte gebunden werden können, sondern sich überhaupt neu mit ihrem Lebensort verbinden." (Patrick Föhl) Genaue Analysen von möglichen neuen Kooperationen und Partnerschaften im Kulturbereich seien zu bedenken, wenn man darüber nachdenkt, wie man Publikum dauerhaft bindet. Hierbei sollte auch an Minderheitengruppen gedacht werden. Etwa an die Ansprach von MigrantInnen, die häufig mit einer gewissen Skepsis auf die Angebote der deutschen Mehrheitsgesellschaft blicken. "Hier braucht es glaubwürdige Vertreter aus den einzelnen sozialen Gruppen, die aufgrund der eigenen Überzeugung 'ihre Leute' dazu motivieren können, sich auf Veranstaltungsformate und kulturelle Orte überhaupt einzulassen und sie zu besuchen." (Mandel, Wolfram).

 

"Besonders in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen fällt auf, dass Projekte nicht immer ein großes Publikum benötigen, sondern dass Räume geschaffen werden müssen, die Partizipation ermöglichen, ohne dass sofort auf einen nachweisbaren Mehrwert geblickt wird. Über dieser Form der Projektgestaltung, die freilich nur durch Förderung möglich ist, ist das Heranwachsen neuer, begeisterter Publikumsschichten vielleicht erst zukunftsfähig." (Richter-Haschka)

 

Seitens der Kunstschaffenden wurde betont, "dass Künstler immer stärker nach Räumen suchen, die eben noch keine Kunsträume sind, Räume, die in den Alltag von Menschen führen. Der Künstler verwandelt sich in einen Teil des Publikums und entdeckt vor Ort, was er selbst von der Alltagsparxis von Menschen lernen kann. Somit entsteht auch eine neue Form der Publikumsbindung. Die direkte Miterlebbarkeit stellt eine direkte emotionale Bindung her. Die darin und daraus entstehende Kunst kann als ein Gradmesser für ein zukünftiges 'Publikum' gewertet und genutzt werden." (Ramsauer)

 

An dieser Stelle sei auf die nächste Tagung des Fachverbands Kulturmanagement im Januar 2012 in Lüneburg hingewiesen, die sich auch der Frage nach der Kategorie Publikum im Kulturmanagement stellt.