20.12.2012

Autor*in

Dirk Heinze
30. Treffpunkt Kulturmanagement

Paradigmenwechsel im Kulturmanagement

Prof. Birgit Mandel sprach im 30. Treffpunkt Kulturmanagement über das Selbstverständnis von Kulturmanagern. Ihre Rolle wandele sich, weshalb sich auch die Paradigmen der Fachdisziplin verändern müssen.
 
Die Etablierung der Studiengänge im deutschsprachigen Raum Ende der 1980er Jahre resultierte vor allem aus einem zunehmenden Reformdruck öffentlicher Kulturinstitutionen sowie deren Verwaltung, so Mandel. Insbesondere die Finanzknappheit verlangte nach neuen Wegen. Von den Kulturmanagern erhoffte man sich zudem mehr Professionalisierung und Effizienz. Daher überrascht es nicht, dass die Betriebswirtschaftslehre die zentrale Bezugswissenschaft in der Lehre war. Dennoch herrschte weitestgehend Konsens darüber, dass die Anwendung betriebswirtschaftlicher Kennziffern allein im Kulturbetrieb nicht helfen werde. Dieser stark von meritorischen Gütern dominierte Sektor bedürfe eigener Management-Ansätze. Insbesondere die Publikationen für Kulturmarketing (Francois Colbert, Armin Klein, Andrea Hausmann) machen dies deutlich.
 
 
Birgit Mandel stellt durchaus Errungenschaften bei der erhofften Professionalisierung des Kulturbetriebs fest, gerade was das Marketing betrifft. Sie weist aber zu Recht auf veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen hin, die auch ein neues Selbstverständnis und damit auch neue Handlungsfelder für Kulturmanager ergeben. So hat sich seit den 90er Jahren der private Kultursektor erheblich vergrößert. Spätestens mit dem Bewusstsein, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft nicht nur monetäre Wertschöpfung und Arbeitsplätze schafft, sondern ein wichtiger Bestandteil der kulturellen Vielfalt und ein Innovationsmotor ist, ergeben sich spannende Betätigungsfelder. Der Kulturmanager ist mit seinen Kompetenzen an der Schnittstelle zwischen Kultur und Wirtschaft geradezu prädestiniert, sich hier moderierend, vermittelnd, organisatorisch und gestaltend einzubringen. Dabei ist auffällig, dass die Grenzen zwischen öffentlichem, privaten und gemeinnützigen Kultursektor immer weiter verschwimmen. Umso mehr kommt es darauf an, die Auswirkungen auf die Nutzung von Kultur, auf Arbeits- und Beschäftigungsmodelle oder Wertschöpfungsketten zu verstehen.
 
Aber auch andere Erwartungen werden schon jetzt an modernes Kulturmanagement gestellt. Partizipation, Migration und demografischer Wandel als gesellschaftliche Realitäten bringen erhebliche Veränderungen mit sich. Kulturvermittlung spielt eine immer wichtigere Rolle, gerade vor dem Hintergrund, dass sich die Teilhabe an Kultur trotz eines weitaus vielfältigeren Angebots in den vergangenen drei Jahrzehnten kaum vergrößert hat. Für Birgit Mandel ergibt sich daraus die Notwendigkeit, diese kulturpolitische Aufgabe auch praktisch umzusetzen. Das stärkere Bedürfnis nach Partizipation werde durch neue, nicht hierarchische Kommunikationsformen, wie sie in den sozialen Netzwerken stattfinden, noch verstärkt. Ein Kulturmanager ohne Medienkompetenz - so die logische Schlussfolgerung - ist künftig schlicht nicht mehr vorstellbar.
 
Nicht vergessen werden sollte der Wunsch nach einer Erhöhung der gesellschaftlichen Relevanz von Kunst und Kultur überhaupt. Hier kann der Kulturmanager von morgen dazu beitragen, indem er Anknüpfungspunkte schafft zu anderen Bereichen wie Schule, Soziales, Wirtschaft, Tourismus oder Stadtplanung. Spätestens dann darf man vom Kulturmanager als Gestalter kultureller Kontexte sprechen, wie es Birgit Mandel beim Treffpunkt Kulturmanagement postulierte. Ihr war dabei bewusst, wie sehr damit auch die Studiengänge unter Druck geraten, ihre Curricula auf diesen Paradigmenwechsel einzustellen. Mandel wünscht sich, dass man sich nicht mehr so stark wie bisher an der klassischen Betriebswirtschaftslehre oder der öffentlichen Kulturverwaltung orientiert. Vielmehr sollten die inhaltlichen Dimensionen stärker gewichtet werden: kulturpolitische, -soziologische oder -wissenschaftliche Aspekte hätten ebenso an Bedeutung gewonnen wie die unternehmerische Perspektive unter dem Schlagwort "Cultural Entrepreneurship". In jedem Fall lohnt der Blick auf die internationalen Entwicklungen. Dem Erfahrungsaustausch mit Lehrenden und Studierenden aus anderen Ländern kommt eine Schlüsselrolle zu. Es ermöglicht wechselseitige Lernprozesse und führt zum kritischen Hinterfragen eigener Routinen und Annahmen. Bleibt zu hoffen, dass nach 25 Jahren Kulturmanagement im deutschsprachigen Raum dieser Paradigmenwechsel tatsächlich eingelöst wird - in Lehre und Praxis.
 
7. Jahrestagung des Fachverbandes Kulturmanagement am 17.1.2013 in Potsdam: www.kulturmanagement.net/beitraege/prm/39/kind__0/v__d/ni__2445/index.html
 
Schwerpunkt Kulturmanagement im KM Magazin vom Juni 2012: http://www.kulturmanagement.net/downloads/magazin/km1206.pdf
 
Treffpunkt Kulturmanagement: http://treffpunkt.kulturmanagement.net
 

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