28.09.2023

Themenreihe Personal

Autor*in

Martin Lätzel
ist Direktor der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek und dort beauftragt mit dem Aufbau eines Kompetenzzentrums für Digitalisierung und Kultur. Zuvor war er u.a. in der Kulturabteilung im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Schleswig-Holstein und in der Kulturentwicklung tätig. Er ist Lehrbeauftragter im Fachbereich Medien der Fachhochschule Kiel.
Tobias Hochscherf
studierte Kultur-, Literatur und Medienwissenschaften. Er ist Professor für audiovisuelle Medien an der Fachhochschule Kiel und der Europa-Universität Flensburg sowie Leiter des interdisziplinären Projekts "Künstliche Intelligenz in Einrichtungen der Kulturellen Infrastruktur". Seit 2020 ist er Vizepräsident der Fachhochschule Kiel.
Fachkräftemangel und Innovationsdruck

KI statt Personal

Fachkräftemangel und Innovationsdruck stellen das Kulturmanagement vor große Aufgaben. Nur wenn es gelingt, eigene Potenziale und technische Möglichkeiten - etwa im Bereich der KI - zu nutzen, eröffnen sich für Kulturbetriebe Möglichkeiten, die aktuellen Herausforderungen als Chance zur Veränderung zu begreifen.

Themenreihe Personal

Das Kulturmanagement steht vor einer doppelten Herausforderung: Während der digitale Wandel stete Transformation und Innovation verlangt, lässt sich dies nur mit dem entsprechenden Personal umsetzen. Und genau hier liegt die Krux, da der Fachkräftemangel nunmehr in den Kulturbetrieben angekommen ist. Diese Entwicklung liegt zwar insbesondere an externen Faktoren wie dem demografischen Wandel, die Kulturbetriebe haben sich die aktuelle Situation aber teilweise auch selbst zuzuschreiben, weil sie etwa sehr spät auf die Veränderungen der Arbeitswelt und die neuen Erwartungshaltungen jüngerer Generationen reagiert haben. Die häufig mangelnde Attraktivität gerade öffentlicher Arbeitgeber wird nun erst recht zum Problem, da das früher meist zündende Argument der Arbeitsplatzsicherheit insbesondere für junge Arbeitssuchende nicht mehr unbedingt eine entscheidende Rolle zu spielen scheint. 
 
Hinzu kommt - auch durch die digitale Transformation bedingt - der zunehmende Bedarf an sehr spezialisierten Kompetenzen und zeitlichen Ressourcen für das notwendige Innovationsmanagement, um zukünftig mit den sich rasch wandelnden Rahmenbedingungen Schritt zu halten. So stellen Henning Mohr und Jasmin Vogel in einem aktuellen Beitrag über neue Arbeitsweisen beispielsweise folgerichtig fest: "Gerade dieses althergebrachte Verständnis von Expertentum und die damit verbundene statische Machtverteilung blockiert in vielen Fällen den dringend notwendigen Wandel. Denn die wohl wichtigste Ressource der Museen, die Gesamtheit der Beschäftigten und ihre kreativen Potentiale zur Erneuerung, bleibt nicht selten unbeachtet. Dabei sind gerade die Mitarbeiter*innen als mögliche Intrapreneure die Kraftquellen aller Innovationsprozesse. Ihr Wissen - und damit ihre Fähigkeiten bzw. Expertisen - gehören in den Fokus des Diskurses über das Museum der Zukunft."[1]  
 
Attraktivität durch innovationsfördernde Strukturen 
 
Auch wenn öffentliche Einrichtungen nicht mit den Gehältern vieler Wirtschaftsunternehmen mithalten können, haben sie dennoch grundsätzlich sehr gute Chancen, Menschen für ihre Arbeit zu gewinnen. Das ist die gute Nachricht. Hierzu benötigen sie jedoch ein klares Bekenntnis zum Wandel und auch zur Bereitschaft, sich ihrer eigenen Vorzüge gewahr zu werden. Was bedeutet das konkret? Damit Kulturbetriebe für neue und bereits vorhandene Mitarbeitende attraktiv sind, müssen sie sich von alten Strukturen und Handlungsmustern verabschieden. Personalentwicklung, neue Arbeitsformen und Innovationsmanagement statt starrer Hierarchien und Technikskepsis bieten viele Möglichkeiten, die aktuellen Herausforderungen als Chance zur Veränderung zu begreifen. Kulturinstitutionen müssen sich beispielsweise den Arbeitsformen anpassen, die zu digitalen und iterativen Arbeitsweisen passen - dies bedeutet ein hohes Maß an Transparenz, Egalität, Problemorientierung und Flexibilität. Ein gewisser Kontrollverlust ist dabei der Preis, den die Führungsetagen von Einrichtungen zahlen müssen, um Arbeitszufriedenheit und Innovation zu ermöglichen und damit für Arbeitnehmer*innen interessant zu sein.
 
In diesem Umfeld kann das Personalmanagement zusehends als Partner auftreten denn als Exekutive der Hausleitung und so für Mitarbeitende deren Entwicklung aktiv begleiten. Wie die Personalchefin des Wadsworth Atheneum Museum of Art in Connecticut bereits 2016 argumentiert, sind regelmäßiges Feedback und Gespräche hierbei die Voraussetzung für die Bindung zu und Weiterentwicklung von Mitarbeitenden.[2] Viele Kultureinrichtungen nutzen zudem kaum den sehr guten Ruf, den sie meist als Ort des Erlebens und der Bildung in ihrer Stadt oder der Region haben, um bestehendes Personal zu binden und neue Mitarbeitende zu finden. Das bedeutet, dass Mitarbeitende sich oftmals sehr mit dem eigenen Haus und den Zielen identifizieren. Sie sind meist selbst häufig kulturaffin und wollen Teil der "Mission" sein. Ermuntert man Beschäftigte durch großzügige Freikartenkontigente, dass sie die Kulturangebote ihrer Arbeitsstätte Familien und Freund*innen zeigen und so in die Rolle als Botschafter*innen und Multiplikatoren schlüpfen können? Die Lübecker Museen beispielsweise werben mit einem "attraktiven Arbeitsumfeld mit sympathischen Teams", dem freien Eintritt in alle Häuser der Lübecker Museen in der Freizeit und exklusive Preview-Führungen bei Sonderschauen.[3] 
 
Im Bereich des Personalmanagements wird der Anglizismus "Human Ressources"[4] durch den auch aus dem Englischen entlehnten Begriff "People and Culture Management" ersetzt. Dies soll ausdrücken, dass ein erfolgreiches Personalmanagement die eignen Mitarbeitenden nicht verwaltet oder einseitig lenkt, sondern mit ihnen auf vielfältige Art und Weise interagiert, sie fordert und fördert. Neben der Einstellung von neuen Mitarbeitenden setzt ein "People and Culture Management" auch darauf, Fachkräfte weiterzuentwickeln, eine positive Unternehmens- bzw. Arbeitskultur zu bieten, und den Zusammenhalt zu stärken. Zudem geht es darum, flexible Arbeitsmodelle zu erproben und private und berufliche Ziele zu ermöglichen - was häufig als New Work oder Hybrid Work bezeichnet wird.5 Gerade in Bezug auf den letzten Punkt können viele Kulturinstitutionen auch die Möglichkeiten im Öffentlichen Dienst nutzen. Hierfür gibt es viele erfolgreiche Beispiele.
 
Automatisierung und Innovation: KI als Zukunftschance 
 
Neben analogen Maßnahmen, mit denen man dem Fachkräftemangel in Kulturbetrieben begegnen kann, bieten parallel auch digitale Lösungen viel Potenzial. KI kann beispielsweise vielversprechende Ansätze liefern, indem sie bestimmte Aufgaben automatisiert und so den vorhandenen Fachkräften Zeit für anspruchsvollere Tätigkeiten gibt. Die Politik hat genau den Punkt der Erleichterung durch Automation in vielen Bereichen erkannt und verfolgt ihn schon deswegen, um dem heraufziehenden Fachkräftemangel zu begegnen. "Diese KI-basierten Modelle steigern die Effizienz und die Qualität von Prozessen in der Verwaltung. […] Perspektivisch sollten wir digital souveräne Sprachmodelle für den Einsatz in der öffentlichen Verwaltung entwickeln, die auf geprüfte und sichere Daten in entsprechenden Datenräumen der Verwaltung zugreifen und die Arbeit der Verwaltung unterstützen", so äußerte sich beispielsweise Schleswig-Holsteins Digitalminister Dirk Schrödter auf einer öffentlichen Veranstaltung in Kiel. Er verwies darauf, dass KI den Beschäftigten dadurch Freiräume für ihre eigentlichen Fachaufgaben schaffen könne.[6] 
 
Der Kulturbereich stellt zunächst - verglichen mit anderen Unternehmen, Behörden und Organisationen - auf dem Arbeitsmarkt keine Ausnahme dar. Zwar sind viele, die dort arbeiten, eng mit dem "Produkt", der Aufführung, der Ausstellung, dem Angebot, emotional verbunden und zeigen dadurch einen hohen Grad an Identifikation - zum Teil zu einem geringeren Lohnniveau als in anderen Unternehmen. Andererseits sind insbesondere im Management und in unterstützenden Tätigkeiten (etwa die Bedienung und Wartung technischer Geräte oder die Bewachung von Kunstgegenständen) viele Tätigkeiten vergleichbar und sogar austauschbar. Die Diskussion, inwieweit KI künstlerische Tätigkeiten ersetzbar oder zumindest ergänzbar sind, steht freilich noch am Anfang. Anders sieht es bei administrativen Aufgaben aus: Hier gibt es schon heute viele konkrete Beispiele, die im Kulturbereich eingesetzt werden, um datenbasierte Prozesse zu automatisieren. Schauen wir uns einige davon zunächst an.
 
Ein erstes und einleuchtendes Beispiel für den Einsatz von KI in Kulturinstitutionen ist die Digitalisierung von Archivbeständen. In vielen Archiven und Bibliotheken gibt es noch immer große Mengen an Papierdokumenten, die mühsam von Hand digitalisiert werden müssen. Hier kann KI eingesetzt werden, um den Prozess zu automatisieren und zu beschleunigen. Grundlegend dafür ist die richtige Technik und die Kuratierungskompetenz der (noch) beteiligten Mitarbeiter*innen. Mithilfe von Texterkennungsalgorithmen kann eine KI die Texte auf den Dokumenten erkennen und automatisch in digitale Formate umwandeln. Auf diese Weise können Archive und Bibliotheken ihre Bestände schneller digitalisieren und für Forscher*innen besser zugänglich machen. Nicht zuletzt können automatisierte Systeme bei der Kategorisierung, Katalogisierung und Aufbewahrung unterstützen.
 
Auch bei der Restaurierung von Kunstwerken kann KI helfen. Hier kann sie zum Beispiel bei der Identifizierung von Beschädigungen oder bei der Bestimmung der optimalen Restaurierungstechnik unterstützen. Mithilfe von Machine-Learning-Methoden kann die KI lernen, Beschädigungen oder allgemeine Veränderungen im Zustand von Kunstwerken zu erkennen und automatisch Vorschläge für die beste Restaurierungstechnik zu machen.
 
Grundsätzlich spielt gerade in Kulturinstitutionen, die eine intensive Kommunikation mit Nutzer*innen pflegen und pflegen wollen, die Information eine wesentliche Rolle, zum Beispiel bei der Vermittlung ihrer Angebote und deren Rahmenbedingungen wie Öffnungszeiten etc. Das bindet Kräfte, die anders genutzt werden können. So wären Chatbots zumindest für die basalen Auskünfte eine Lösung und können die Qualität ziergruppenadäquater Dienstleistungen bei geringem Zeitaufwand sogar erhöhen.[7] Seit der diversen Verbesserungen erzielt das generative KI-Programm ChatGPT beispielsweise sehr gute Vorlagen für Grußworte, Glückwünsche oder gar Stellenausschreibungen (s. dazu Abb. 1), die zwar meist sehr unpersönlich wirken, jedoch häufig als erster Entwurf zu verwenden sind.
 
 
Ein weiteres Einsatzgebiet von KI in Kulturinstitutionen ist die Ausstellungsgestaltung im Rahmen der Organisation, also differenziert des Audience Developments und des Kulturmanagements. Hier kann KI zum Beispiel bei der Planung und Konzeption von Ausstellungen helfen. Kultureinrichtungen sammeln in der Regel große Mengen an Daten, z. B. zu Besucherströmen, Vorlieben und Interessen. KI-Systeme können dazu beitragen, diese Daten schnell und effektiv zu analysieren, um wertvolle Erkenntnisse und Trends zu gewinnen, die für die Entwicklung von neuen Ausstellungen oder Programmen genutzt werden können. Mithilfe von Machine-Learning-Methoden etwa können dynamische datenbasierte Analysen regelbasierte Handlungsempfehlungen ergänzen bzw. auch ersetzen und somit ein mehr an Flexibilität erreichen.
 
Bei der Erstellung von Begleitmaterialien wie Audio-Guides oder interaktive Displays kann KI helfen, indem sie automatisch Texte oder Bilder generiert oder Anschreiben vorformuliert. 
Kritischer Umgang erwünscht: Fachpersonal und Innovationsnetzwerke als Grundvoraussetzung
 
Damit KI dazu beitragen kann, dem Fachkräftemangel angemessen zu begegnen, müssen zunächst umfangreiche Voraussetzungen geschaffen werden, um KI-Systeme in Kulturinstitutionen einzusetzen. Hierzu gehört vor allem die Schulung der Mitarbeitenden im Umgang mit KI-Systemen und die Schaffung von Schnittstellen zwischen den verschiedenen Systemen. Fundamental wird die Schärfung der richtigen Einstellung, die ebenso geprägt ist von Offenheit und Experimentierfreude als auch von einem gesunden Misstrauen gegenüber neuen Anwendungen. KI ist ein Instrument, und sie wird von Vorteil für diejenigen sein, die sie anzuwenden wissen. Angesichts der aktuellen Proteste von Drehbuchautor*innen in den USA gegen den Einsatz von KI, hat der Regisseur Joe Russo daher auch angemahnt, die Möglichkeiten von KI als Chance zu begreifen: "Wenn sich die Kreativen an die Spitze des Einsatzes der Technologie stellen […], steht die Technologie am Ende im Dienste der Künstler und nicht umgekehrt."[8] 
 
Die Einstellung gegenüber der neuen Technik ändert sich mit dem Maß an Wissen und Erkenntnis, welches über KI gewonnen wird. Das bedeutet, KI als Anwendung zu verstehen, die nur insoweit genutzt werden kann, wie die Datenbasis gestaltet ist. Im Vordergrund steht also nicht eine allein und unabhängig agierende Technologie, sondern eine Anwendung. Das letztendlich von Menschen programmiert, gefüttert und angewendet wird. Das unter Umständen mit einem Bias gerechnet werden muss, ist mittlerweile Allgemeingut. Deswegen stellt natürlich die ethische Dimension des Einsatzes von KI in Kulturinstitutionen einen wichtigen Aspekt da. Hier müssen klare Regeln und Leitlinien entwickelt werden, um sicherzustellen, dass die Verwendung von KI-Systemen im Einklang mit den Grundsätzen der Kulturinstitutionen steht. Dies betrifft zum Beispiel den Datenschutz und die Transparenz bei der Verwendung von Daten.[9]
 
Um mit der immer schneller werdenden technischen Entwicklung Schritt zu halten, kommt der kontinuierlichen Weiterentwicklung durch flexible, inklusive Lernangebote eine wichtige Rolle zu. Kulturbetriebe müssen daher viel stärker als bisher die Möglichkeit von sogenannten Microcredentials nutzen, wie sie von der Europäischen Union nachdrücklich empfohlen werden. Hierbei handelt es sich um kurzfristige Lernerfahrungen, die geeignet sind, um Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Lebens- und Arbeitswelt der Zukunft zu erwerben.[10] 
 
1967 hat der italienische Schriftsteller Italo Calvino die Automatisierung in Kunst und Kultur vorausgesagt und sich darüber einigermaßen gelassen gezeigt: Es verschwinden also die Schreibenden "[…], um Platz zu machen für einen bewußteren Menschen, der weiß, daß der Autor eine Maschine ist und wie diese Maschine funktioniert. […] Damit glaube ich, Ihnen hinlänglich erklärt zu haben, warum ich guten Mutes und ohne Reue feststelle, daß ich sehr wohl durch eine mechanische Vorrichtung ersetzt werden kann."[11] Warum kann Calvino so argumentieren? Weil für ihn das Ergebnis zählt, die Rezeption, schlicht: die Lektüre. 
 
Wenn KI eingesetzt wird, um den Fachkräftemangel in ausgewählten Bereichen zu kompensieren, muss dies reflektiert sein und vor allem kompetent erfolgen. Da ist einerseits im Blick zu behalten, ob und wie KI kontrolliert bzw. deren Einsatz nachweisbar und transparent gestaltet werden kann. Momentan gibt es auf nationalstaatlicher und europäischer Ebene einige Initiativen, hier verantwortungsvoll voranzukommen. Sofern eine KI in ihrer Funktion transparent und in ihrer Anwendung nachvollziehbar ist, kann ihr Einsatz durchaus einen fundierten Nutzen für Kulturinstitutionen schaffen. Die Abhilfe, die die technische Unterstützung schafft, geht einher mit geänderten Kompetenzanforderungen bei den Nutzenden. So können und müssen die verbleibenden Fachkräfte auf Aufgaben umgeschult werden, die die KI sinnvoll ergänzen und unterstützen. Dies kann kaum ein Kulturbetrieb aus eigener Kraft. Da sich die Fachleute für KI zumeist außerhalb der kulturellen Bildung und der kulturellen Institutionen finden lassen, kommt dem regen Austausch über Institutionengrenzen hinweg eine herausgehobene Bedeutung zu. Um Ideen und Wissenstransfer zu genieren, benötigen Kulturbetriebe lebendige Kontakte zu kreativen Milieus, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, kulturaffinen Netzwerken sowie kulturpolitischen Entscheidungsträger*innen.
 
Nur durch solche Netzwerke wird es möglich sein, den Betrieb laufender KI-Systeme mit der hierfür notwendigen Überwachung und Wartung sicherzustellen. Grundsätzlich werden hierfür Strategien für Unternehmen und Organisationen vonnöten sein. Teil der Strategien sind die Entscheidungsprozesse, um (auch vorhandene) KI zu entwickeln und anzuwenden. Vor allem ist dabei sicherzustellen, dass diese Strategien auf die Bedürfnisse des Unternehmens bzw. der Institution zugeschnitten sind.  Die Vielfältigkeit von Kultur ist ein Qualitätsmerkmal - es schließt die in der Wirtschaft so beliebten "one-size-fits-all"-Lösungen in bestimmten Bereichen aus. Daher ist es sinnvoll, den Einsatz von KI immer mit grundsätzlichen Veränderungs- und Strategieprozessen zu koppeln. Erst wenn man weiß, wohin man will, lässt sich entscheiden, ob KI hierfür sinnvolle Lösungsansätze bietet. Oder anders ausgedrückt: Erst wenn Kulturinstitutionen einen klaren gesellschaftlichen Auftrag formuliert haben, kann entschieden werden, inwiefern sie KI nutzen können, um einerseits effizienter zu arbeiten und andererseits notwendige gesellschaftliche Räume für Experimente und die kritische Auseinandersetzung mit KI zu schaffen. Hier ist das Kulturmanagement gefordert, um Orientierung zu bieten.
 
Neben dem schleswig-holsteinischen Projekt "KI und Kultur" oder dem LINK Netzwerk in Niedersachsen verfolgen dies etwa die Badischen verfolgen dies etwa die Badische Landesmuseen als eine Art "Vortasten" in das Thema im Gesamt der Umsetzung digitaler Strategien. An den bisherigen Projekten, Veröffentlichungen und Konferenzen ist abzulesen, wie es den Kolleg*innen in Karlsruhe gelingt, sorgfältig technische Entwicklungen auf die Bedarfe eines Museums abzustimmen.[12] Ein Controlling und ggf. die Anpassung der generierten Ergebnisse an die Strategie erfordert zudem Kompetenzen, um die Ergebnisse von KI-Analysen oder KI-Vorhersagen interpretieren und in Entscheidungen integrieren. Essentiell ist die Datenbasis, auf der die Ergebnisse generiert werden können. Mitarbeitenden werden aufgrund ihrer Erfahrungen bei der Auswahl und Vorbereitung von Trainingsdaten für KI-Systeme helfen. Sie unterstützen bei der Validierung, um sicherzustellen, dass die KI jene Ergebnisse liefert, die für die Kultureinrichtungen nützlich sind. Wenn allgemeine Anfragen automatisch bearbeitet und klassifiziert werden, sind vorhandene Mitarbeitende diejenigen, die die komplexeren Anfragen und Beratungen übernehmen. Regelmäßige Suchanfragen sind beispielsweise in Bibliotheken automatisiert möglich; wenn es um inhaltliche Details geht, sind Kompetenzen im komplexeren Informationsmanagement weiterhin notwendig. 
 
Ganz wichtig wird es sein, die Datenkompetenz zu schulen, denn eine Künstliche Intelligenz ist eben nicht selbstreferentiell, sondern nur so gut, wie die Impulse und die Datenbasis, mit der sie arbeitet. Letztlich handelt es sich also bei den Anwendungen um eine sinnvolle Ergänzung zu Verfahren, Methoden und Erkenntnisprozessen der analogen Kultur. "Während KI einen wertvollen Ausgangspunkt bietet, wenn es um die Auseinandersetzung mit großen Mengen qualitativer Daten geht, bleiben die Kontextualisierung und Interpretation weiter Aufgabe von Menschen. Die Mitarbeitenden von Kultureinrichtungen und der direkte Kontakt mit den Besucher*innen können eine wertvolle Analyseebene zur Validität und praktischen Einordnung der kommerziellen Services beitragen."[13] 
 
Dieser Beitrag erschien zuerst im Kultur Management Network Magazin Nr. 172: "Fachkräftemangel".
 
Fußnoten und Literatur
 
[1] Henning Mohr und Jasmin Vogel, "Innovationen durch Intrapreneure. Neue Arbeitsweisen für das Museum der Zukunft", Kulturpolitische Mitteilungen 180 (I/2023), 58-60 (S. 58). 
[2] Christine Engel, "The Role of Human Resources in Museums”, American Alliance of Museums, 2. Januar 2016, https://www.aam-us.org/2016/01/02/the-role-of-human-resources-in-museums/.
[4] Dieser Begriff stand bereits in der Vergangenheit wegen der Versachlichung von Menschen als Ressourcen immer wieder in der Kritik.
[5] Vgl. Dominik Becker, "Mehr als überfällig: People and Culture löst das Human Resources Management ab", 9. März 2023, https://mana-hr.de/blog/mehr-als-ueberfaellig-people-and-culture-loest-das-human-resources-management-ab#anchor-2 [21.05.2023].
[7] Vgl. Albrecht, S. 66-67.
[8] Harald Staun, "Filme aus dem Automaten", Feuilleton, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 21. Mai 2023, Nr. 20, S. 39.
[9] Hierzu gibt es eine Reihe von hilfreichen Handreichungen für das Kulturmanagement unter: https://www.kultursphaere.sh/publikationen/.
[10] Europäische Kommission, "Ein europäischer Ansatz für Microcredentials", https://education.ec.europa.eu/de/education-levels/higher-education/micro-credentials [21.05.2023].
[11] Italo Calvino, Kybernetik und Gespenster. Überlegungen zu Literatur und Gesellschaft, München - Wien 1984; S. 17f.

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