15.05.2009

Autor*in

Stephan Opitz
Kommentar

Visionen und Irritationen

Das Kulturamt der Zukunft hieße nicht Kulturamt, auch nicht Fachbereich Kultur, sondern allenfalls Kulturbüro der Stadt Sonstwashausen. Vor allem aber wäre dieses Büro nicht in die Hierarchie einer kommunalen Verwaltung eingebunden. Das bedeutet, es ist weder dem Bürgermeister oder Hauptamt unterstellt noch für Theater, Öffentliche Bibliothek, Volkshochschule, Archiv, Denkmalpflege, Musikschule, soziokulturelles Zentrum, Museum zuständig.
Das Kulturamt der Zukunft hieße nicht Kulturamt, auch nicht Fachbereich Kultur, sondern allenfalls Kulturbüro der Stadt Sonstwashausen. Vor allem aber wäre dieses Büro nicht in die Hierarchie einer kommunalen Verwaltung eingebunden. Das bedeutet, es ist weder dem Bürgermeister oder Hauptamt unterstellt noch für Theater, Öffentliche Bibliothek, Volkshochschule, Archiv, Denkmalpflege, Musikschule, soziokulturelles Zentrum, Museum zuständig.

Was macht es denn? Das kommt später, erstmal ordnen wir die aufgezählten Institutionen. Von denen erfüllen Archiv, Bibliothek, Denkmalpflege gesetzlich gebundene Aufgaben (jawohl, Bibliotheksgesetz: Soundsoviel Menschen auf soundsoviel Fläche in soundsoviel Kommunen haben gesetzlich vorgeschrieben Anspruch auf soundsoviel Bibliotheken mit soundsoviel Medieneinheiten, Öffnungszeiten und komfortablen Sitzgelegenheiten samt angenehmer Umgebung). Also gehören sie als eigenständige Behörden direkt zum Hauptamt. Für Archiv und Denkmalpflege gelten ebenfalls Mindeststandards die gibt es ja auch für die Fleischbeschau beim Gesundheitsamt, warum nicht für den Umgang mit dem kulturellen Erbe. Jedoch können sie, anders als Fleischbeschau oder Personalamt oder Umweltamt oder die Kraftfahrzeugzulassungsstelle beim Kreis, nach vorher abgesprochenen Regeln sich direkt an die Öffentlichkeit wenden und müssen sich nicht wegen jedem Vorlesenachmittagshandzettel oder kleinen Archivausstellung mit der Pressestelle der Stadt abstimmen. Die Leitung des Hauptamtes ist Dienstaber keinesfalls Fachvorgesetzter deswegen gibt es Regeln, Ziele und Evaluationen auf der Grundlage der zugehörigen Gesetze: wie viele Menschen von diesen eigenständigen Behörden pro Jahr mindestens mit welchen Mitteln und Medien erreicht werden sollen und wie die Zusammenarbeit mit den Schulen aussehen soll. Denn wir wollen Lebendigkeit, Generationenzusammenhalt. Außerdem wollen wir Bildung und Kultur zusammen denken und leben.
Theater, Volkshochschule, Museum sind gemeinnützige juristische Personen, vollkommen selbstständig. Die oberste Ebene der Stadt ist 1x in den jeweiligen Aufsichtsgremien vertreten, hat eine Sperrminorität bei vitalen finanziellen Fragen, ansonsten ist die Politik nirgendwo per kommunalem Einzelmandat dort vertreten. Es werden mindestens alle 5 Jahre qualitative und quantitative Ziele vereinbart und entsprechende Evaluationen durchgeführt, die Haushaltssatzung ist verpflichtet, diese Institutionen angemessen innerhalb dieser Ziele zu fördern. Die Leitungen sind auf Zeit bestellt. Evaluationen und Zielvereinbarungen werden von innen heraus gemanagt nicht durch Einkauf von Roland Berger & Co.
Soziokulturelle Zentren und Musikschulen sind Vergangenheit, sie erhalten keine öffentlichen Mittel mehr. Dies jedoch nur, wenn 2 Bedingungen absolut erfüllt sind: Die Volkshochschule erfüllt einen umfassenden soziokulturellen Auftrag (Zielvereinbarungen! Evaluationen!) und dödelt nicht nur berufsbildenden Geldern oder geschmacksfreiem Kreativzeugs hinterher. Und die Musikschule wird deswegen nicht mehr gefördert, weil es einen gesetzlichen Anspruch auf volle Unterrichtsversorgung mit Musik (mit Kunst dito) in den allgemeinbildenden Schulen gibt, weil dort ein Instrumentenfundus und Lehrer, die damit umzugehen wissen, Standard ist. Denn das mit den Kindern aus bildungsbenachteiligten Schichten in der Musikschule hat nicht geklappt, die sitzen nach wie vor ohne Musikunterricht in der Hauptschule! Zur Erfüllung beider Bedingungen sind nicht nur keine Entlassungen, sondern Neueinstellungen nötig. Hier bitte keine auf beamtenrechtlichen oder Angestelltenstatus bezogenen Zwischenrufe !die führen in der Kultur ohnehin zu nichts!
Und das Kulturbüro? Je nach Größe der Stadt sitzt dort ein/e nebenberufliche(r) oder hauptberufliche/r, ästhetisch erstklassig gebildete/r Intendant/in, bestellt vom kommunalen Parlament unter Mitspracherecht der Institutionen, und verteilt die übrig gebliebenen freien Steuergelder für Kunst wenn es welche geben soll. Nach seinem/ihrem Geschmack und nach sonst nichts. Nach spätestens 5 Jahren ist Schluß, dann kommt definitiv ein/e Neue/r. Das alles sollte man sehr freiwillig politisch vereinbaren und keinesfalls auf alle Ewigkeit festschreiben. Es kann Zeiten geben, in denen kulturelle Infrastruktur, s.o., im Schulterschluß mit allgemeiner Schulbildung, erheblich wichtiger ist als Kunstförderung aus öffentlichen Haushalten.
Und das Personal für all das? Wird an den Universitäten und Hochschulen ausgebildet, die gehobene Verwaltungsausbildung mit Zusatzqualifikation Kulturmanagement reicht nicht die Universitäten sind gerade gut genug. Und wenn die das "Kulturamt der Zukunft" kennen, dann bilden sie auch entsprechende Leute aus.
Einwände? Jede Menge sie können alle entkräftet werden, vorausgesetzt, man nimmt ein paar Gesetzesentwicklungen auf der Grundlage des Grundgesetzes vor.
DR. STEPHAN OPITZ ist in der Staatskanzlei des Landes Schleswig-Holstein verantwortlich für kulturelle Grundsatzangelegenheiten. Leitete bis 1999 das von ihm begründete Nordkolleg in Rendsburg. Zuvor Tätigkeiten als Leiter eines Kulturzentrums und als Lektor. Unterrichtet Kulturmanagement an der Kieler Universität und am Institut für Kulturmanagement an der PH Ludwigsburg. Studierte Skandinavistik, Germanistik, Philosophie, Geschichte, Musikwissenschaft an der Universität Freiburg; Staatsexamina in Deutsch, Philosophie, Geschichte, Promotion im Fach Vergleichende Germanische Sprachwissenschaft ebd. Zahlreiche Veröffentlichungen in Zeitschriften und Fachpresse. Mitbegründer des Kulinarischen Almanach (Klett-Cotta).

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