Überlebenszeichen im grauen Cannes

 

Die Kellerebene des Palais des Festivals beherbergte keine Messestände mehr, dafür gab es noch eine weitere Ebene im Espace Riviera. Egal - wichtig ist nur, Flächen und Besucherzahlen hin oder her, dass die MIDEM ein starkes Überlebenszeichen setzte, ein Verschwinden wie bei der Berliner Popkomm kann man sich bei dieser Leitmesse nicht vorstellen. Zwar blieben viele "klassische" Labels und Vertriebe diesmal zu Hause, jedoch trat das "New Music Business", das Internet-basierten Musikkonsum zu monetarisieren versucht, in Form von Start-Up-Firmen und bereits etablierten Companies vielfältig in Erscheinung. Insofern scheint diese dezidierte Ausrichtung der Messe, umgesetzt vom neuen Direktor Bruno Crolot, Früchte zu tragen und einen Weg in die Zukunft zu weisen. Ob das eine längerfristige Erfolgsstory wird, steht freilich in den Sternen. Wenn es mit der Monetarisierung nicht so klappt, dann geht das "New Music Business" den Weg der dot.com-Blase der frühen Nullerjahre. Die Reed MIDEM-Messeorganisatoren können sich jedoch entspannen. Wird die MIDEM zu klein, können sie diese an die MIPCOM andocken - und die Fernsehleute dürfen sich wieder vermehrt mit Musik auseinandersetzen, und die Musiker und ihre Verwerter holen sich die Fachleute ins Boot, um ihre iphone-basierten youtube-Musikvideo aufzumotzen.

 

 

Sonst ging es wie bereits im letzten Jahr um die Cloud und ihre verschiedenen Musikservices und um Brands - ein Begriff den Keynotespeaker Kevin Roberts (Worldwide CEO Saatchi & Saatchi) in die Lade verbannte und mit dem Signet "Lovemark" ersetzte - also Marketingspitzfindigkeiten zur Selbstdarstellung - aber charmant gemacht. Dafür liebt man die MIDEM: Hier werden mit viel Ami-Spirit jene Musikeln gezeigt, die vielleicht gar nicht mehr da sind und eine Musikbusinesszukunft beschworen, die den Weg vom Tellerwäscher/Start-Up-Unternehmer bis zum Millionär/Digital-Content-Mogul zumindest für möglich hält.

 

Die Konferenz erreichte nicht mehr die Dichte und Intensität der letzten Jahre. Die verbliebenen Veranstaltungen lieferten einerseits Basics (Was sind die Aufgaben und aktuellen Schwierigkeiten eines Labels?) oder referierten aktuelle Trends in musikrechtlichen Fragestellungen - das lieferte in bewährter Masterclass-Manier die IAEL (International Association of Entertainment Lawyers). Die aktuelle Jahrespublikation "Building Your Artist's Brand as a Business" ist mit Euro 70.- noch nicht unter Preisdruck geraten.

 

Und dann gab es den großen Bereich der online-basierten Musikvermarktung. Hier werden die größten Anstrengungen unternommen, die ambitioniertesten Hoffnungen geschmiedet. Die MIDEM bietet dazu geradezu verschwenderisch Tipps, Tricks, Workshops und Start-Up-Präsentationen an, u.a auf einem eigenen "Direct2Fan Camp" bzw. einer "Innovation Factory" direct im Messegeschehen. Die Start-Up-Präsentationen ähnelten stark jenen des Jahres 2011: Im Zentrum stehen Freemium-Modelle, die auf Web- und App-basierten Kanälen zum Publikum drängen.

 

Vom Musiknutzer will niemand mehr explizit sprechen, es gilt, die Aufmerksamkeit der Ereigniskonsumenten zu erhaschen und in einen bezahlten Dialog zu kanalisieren. Wer die subtilste, praktischste und sozial schickste Geldbörserl-Öffnungsmethode vorstellt, gewinnt.

 

Wilder Music News: www.wildnermusic.com

 

Die MIDEMlab-Gewinner (Innovationen im Digital-Business):

 

 

Gewinner der "midem marketing campaign competition":

 

 

Nachlesen der MIDEM-Publikationen (Daily News etc.):

 

 

Kurse, Workshops, Vorträge:

 

 

Weitere Dokumentationen des Midem-Geschehens:

 

 

Streams des "Visionary Monday":