11.04.2012
Winterthurer Stadtanzeiger
Autor*in
Lena Sorg
Musikkollegium Winterthur
Orchester-Petition gegen Kürzung der Arbeitspensen
Am 10. April 2012 haben Freunde des Musikkollegiums Winterthur dem Stadtrat über 6500 Unterschriften übergeben. Hiermit möchte man verhindern, dass die Arbeitspensen der Musiker um 25 % gekürzt werden.
Über 6500 Unterschriften konnten Freunde des Musikkollegiums für eine Petition sammeln. Damit wehren sie sich gegen den Beschluss des Vorstands, der die Pensen der Berufsmusiker um 25 Prozent reduzieren will, um Geld zu sparen. Heute Dienstag werden die Unterschriften dem Stadtrat übergeben. Der ehemalige «NZZ»-Korrespondent Roberto Bernhard hält eine Ansprache.
Der Stadtrat soll in Zusammenarbeit mit dem Orchester und dem Vorstand des Musikkollegiums dafür sorgen, dass Bestand und Qualität des Orchesters finanziell gesichert werden. Dies fordert die Petition von Barbara Kuster, Ruth Hablützel und diversen Freunden des Musikkollegiums Winterthur. Die Petition ist eine Reaktion auf den Beschluss des Vorstands des Musikkollegiums, das Defizit von jährlich 700000 Franken unter anderem damit zu stopfen, dass die Arbeitspensen der Berufsmusiker um 25 Prozent gekürzt werden («Stadtanzeiger» vom 21. Februar). Die Unterschriften werden dem Stadtrat heute, 10. April, um 14 Uhr im Stadthaus feierlich übergeben. Orchestermusiker spielen bei der Übergabe Mozart und Roberto Bernhard, Jurist und pensionierter Bundesgerichtskorrespondent der «NZZ» hält bei der Übergabe die Ansprache. Auch er hat die Petition unterstützt und Unterschriftenbogen an Freunde und Bekannte verschickt.
Sie übergeben dem Stadtrat heute feierlich eine Petition für das Musikkollegium. Diese ist rechtlich nicht verbindlich. Was kann sie dennoch bewirken?
Roberto Bernhard: Wir erreichen, dass der Stadtrat unser Anliegen zur Kenntnis nimmt. Wir konnten über 6500 Unterschriften sammeln, nicht nur in Winterthur, sondern auch in der ganzen Schweiz und im Ausland. Auch Prominente wie Alexander Pereira, der abtretende Intendant am Zürcher Opernhaus, oder der ehemalige Bundesrat Rudolf Friedrich haben unterschrieben.
Im Text der Petition heisst es, der Stadtrat von Winterthur müsse in Zusammenarbeit mit Vorstand und Orchester dafür sorgen, dass Bestand und Qualität des Orchesters finanziell gesichert werden. Das ist sehr offen formuliert.
Es gibt verschiedene Wege, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Es heisst auch nicht, dass die Stadt das Defizit alleine mit Subventionen decken muss. Wenn allerdings die Pensen der Orchestermitglieder um 25 Prozent gekürzt werden, so würde dies sehr wohl Bestand und Qualität des Orchesters angreifen.
Der Vorstand verhandelt trotz seinem Grundsatzbeschluss wieder mit dem Orchester und der Stadt. Was denken Sie, hat der öffentliche Druck dazu beigetragen?
Das kann ich nicht beurteilen. Der Aufstand in der Öffentlichkeit war aber für das Orchester sicher hilfreich. Aus den Befürwortern der Petition kristallisieren sich zwei Gruppen heraus, die längerfristig dem Musikkollegium helfen möchten. Einerseits sind dies die Freunde des Musikkollegiums, andererseits der Club der 700 von Chefdirigent Douglas Boyd, wo 700 Menschen gesucht werden, die dem Musikkollegium jährlich 1000 Franken spenden.
Denken Sie, die Idee, 700 Personen zu finden, die 1000 Franken pro Jahr bezahlen, funktioniert?
Ich weiss nicht, ob man gleich 700 findet. Aber auch wenn sich nur 100 verpflichten, ist es immerhin etwas. Ich hoffe, dass mit verschiedenen Lösungen, die Geld einbringen, das Defizit so weit verringert werden kann, dass es sich am Schluss mit verträglichen Sparmassnahmen decken lässt. Winterthur hat eine Geschichte von Privaten, die Kultur unterstützen. Das gehört zu unserer Stadt.
Der Vorstand des Musikkollegiums hielt es für nicht realistisch, diese Gelder aufzutreiben.
Hier wünsche ich mir vom Vorstand etwas mehr Eigeninitiative. Da braucht es Leute, die eine positive Haltung einnehmen und spontan etwas auf die Beine stellen, Freunde um Rat fragen und etwas ins Rollen bringen. Eigentlich so, wie es Ruth Hablützel und Barbara Kuster mit der Petition getan haben.
Was stört Sie am meisten in der Diskussion um die Sparmassnahmen beim Musikkollegium?
Mich stört, dass der Vorstand des Musikkollegiums so mutlos und einfallslos auf die Schwierigkeiten reagiert hat. Ausserdem wundere ich mich, dass er das Loch in der Kasse in Zeiten der Finanzkrise nicht vorher gesehen und Gegensteuer gegeben hat. Auch das Programmheft «Auftakt» ist für mich zum Beispiel ein unnötiger Luxus. Ein A4-Blatt mit den Konzertinformationen würde reichen.
Warum engagieren Sie sich für das Orchester des Musikkollegiums?
Einerseits bin ich Konzertbesucher, andererseits ist das Musikkollegium mit seinem Orchester einer der Hauptpfeiler des Kulturlebens in Winterthur. Winterthur hat mitunter wegen dieses Orchesters in der ganzen Schweiz kulturell eine Bedeutung. Das Musikkollegium hat eine grosse Tradition. Es wurde 1629 gegründet und ist die älteste noch existierende Musikgesellschaft. Das Orchester ist damit ein Markenzeichen von Winterthur.
Dieses Markenzeichen hat aber auch seinen Preis. Warum muss Winterthur dieses erhalten?
Wir sind eine Kern- und Zentrumsstadt mit eigenem Charakter und Profil. Die Kultur hat in Winterthur seit Jahrhunderten einen Stellenwert. Wenn wir das aufgeben, sind wir einfach nur noch eine Schlafstadt neben Zürich.
Das Interview führte Lena Sorg, Winterthurer Stadtanzeiger.
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