12.11.2011

Autor*in

Dirk Heinze
Nur für Erwachsene!

Orchesterbetrieb besinnt sich wieder auf Kernzielgruppe

Das Thema Musikvermittlung beschäftigt den klassischen Orchesterbetrieb bereits seit langem. Während jedoch Angebote für Kinder und Jugendliche mittlerweile eine Selbstverständlichkeit sind - neu sind allenfalls Babykonzerte - hat man möglicherweise seine Kernzielgruppe aus dem Blickfeld verloren: die Erwachsenen.
 
Education-Programme für dieses Publikum sind hierzulande noch eher die Ausnahme. Der Deutsche Orchestertag, der morgen und am Montag in Berlin stattfindet, steht daher unter dem Motto "For Adults only".
 
Dabei ist das Thema nicht nur in der Praxis en vogue, sondern auch in Forschung und Lehre. Eine Podiumsdiskussion dürfte nach Einschätzung von Veranstalter Anselm Rose durchaus kontroverse Meinungen hervorbringen. Ist das heutige Konzertritual eigentlich überholt? Fachleute wie Prof. Martin Tröndle ("Das Konzert") gehen mit diesen Formaten zumindest kritisch um und fordern neue Konzepte. Oder müsste man mit den gleichen Formaten vielmehr die Inhalte besser vermitteln, wie vermutlich Prof. Klaus Zehelein vom Deutschen Bühnenverein argumentieren wird. Für Anselm Rose ist klar: "Es braucht auch Antworten auf ganz profane Fragen des potenziellen Konzertbesuchers: wo kriege ich meine Eintrittskarte, wie komme ich im Dunkeln nach Hause, muss ich mich besonders ankleiden, und: brauche ich eigentlich inhaltliche Vorkenntnisse?"
 

Es braucht Brückenbauer

Auf der Podiumsdiskussion wird neben Vertretern des Orchesterlebens wie Klaus Zehelein oder Martin Tröndle mit der Kunstvermittlerin Claudia Thümler auch eine Vertreterin des Museumssektors dabei sein. Nach Meinung von Anselm Rose sind Museen in dem Bereich Vermittlung den Orchestern zeitlich voraus. Zumindest gibt es Museumpädagogen schon länger und zahlreicher als Konzertvermittler. Umso wichtiger ist es, eine Brücke über die Spartengrenzen hinaus zu bauen und voneinander zu lernen. All dies steht und fällt allerdings mit dem entsprechenden Mitarbeitern, weshalb auch Anselm Rose mit Neid auf die Verhältnisse in Amerika blickt, wo man sehr gezielt entsprechende Ressourcen einzusetzen weiß. Das veränderte Besucherverhalten zeige, so Rose, "dass wir in diesem Bereich durchaus viel tun müssen. Man braucht professionelles Vermittlungspersonal genauso wie Marketingexperten."
 
Zwei, die diese Arbeit bereits sehr erfolgreich, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise leisten, werden auf dem Orchestertag referieren: Zunächst spricht Dr. Markus Fein, bekannt von den Musiktagen im niedersächischen Hitzacker und zuletzt Konzertdramaturg der Berliner Philharmoniker. Im Anschluss daran wird David Canisius, der sich als Klassik-DJ und Mitbegründer der Yellow Lounge einen Namen gemacht hat, über seine Strategie sprechen, klassische Musik in Clubs zu bringen.
 

Tarifstreit zwischen DOV und Bühnenverein

Wie bei jedem Orchestertag wird es auch um finanzielle Fragen gehen. So wird ein jüngst ausgehandelter Tarifvertrag aufgrund einer anhängigen Klage der Orchestergewerkschaft derzeit blockiert. Die DOV verlangt eine automatische Lohnerhöhung - der Deutsche Bühnenverein, also die Arbeitgeberseite, verweigert aber den Abschluss dieses sog. Vergütungsanpassungstarifvertrages. "Der Tarifvertrag, an dem lange gemeinsam gearbeitet wurde, ist für beide Seiten ein echter Gewinn", so Rose gegenüber Kulturmanagement Network. Neu sind beispielsweise die Möglichkeiten, die dem Management und den Musikern gegeben werden, gerade was die Arbeitszeitflexibiliserung oder die pädagogische Arbeit der Orchesterleute betrifft. Insofern sehe er die gegenwärtige Blockade der DOV kritisch, inbesondere aufgrund jetzt bereits fälliger Lohnerhöhungen. Vielleicht bietet ja der Orchestertag Gelegenheit, sich hier anzunähern.
 

Andere Initiativen der Musikvermittlung

Wenige Tage nach dem Orchestertag wird der diesjährige junge ohren preis in Osnabrück verliehen. Man darf gespannt sein, welche Produktionen und Ensembles hier gewürdigt werden. In der Kategorie Musik & Medien geht es dort u.a. um Beispiele, wie das Spektrum musikalischer Angebote durch den Einsatz audiovisueller Medien oder das Internet erweitert wird. Solche Initiativen verstärken die aktuellen Bemühungen um eine bessere Vermittlung von Musik. Dem Trend-Thema Musikvermittlung ist auch die nunmehr 3. Tagung "The Art of Music Education"vom 24.-26. Februar im Körber-Forum Hamburg gewidmet. Hiervon darf man sicherlich wieder viele spannende Impulse, vor allem aus dem Ausland, erwarten.
 
 

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