13.12.2010

Themenreihe Berufsbild

Berufsbilder im Kulturbereich

Kulturproduktion

In dieser Serie stellen wir in Interviewform Fach- und Führungskräfte aus den verschiedenen Berufsbildern des Kulturmanagements vor. Heute: Mag. Leonie Hodkevitch, Autorin, Kulturmanagerin und Dozentin für interkulturelle Kommunikation und Kulturmanagement.

Themenreihe Berufsbild

KMN: Können Sie uns Ihre wichtigsten beruflichen Stationen beschreiben? Welche haben Sie auf besondere Weise geprägt?

Leonie Hodkevitch: Ich habe das damals zwar nicht gewusst, aber die erste wichtige Entscheidung war das Studium der Romanistik und Völkerkunde. Ein weiterer wichtiger Moment war die Begegnung mit Radoj Ralin, einem sehr bekannten Dichter, beim Kongress des PEN-Club in Wien: es gab da bestimmte Konflikte, und es ist mir irgendwie gelungen, das in Der Standard unterzubringen, in den ich damals als 24jährige hineinzukommen versuchte. Dieser Dichter hat mich in literarische Kreise eingeführt und mich sehr ermutigt.
Und die dritte, nicht weniger zufällige Station, war der Sommer als Reiseleiterin auf Ibiza, das war knapp nach dem Studium, und ich wurde mit dem Verkauf von Ausflügen an Touristen konfrontiert. Ich hatte damals keine Ahnung von Werbung, nur ein vages Gefühl, dass Menschen Träume bekommen wollen. So habe ich mit Gedichten die Ausflüge verkauft, und das führte zu einem beträchtlichen Erfolg.

Von da an sind die anderen Berufsstationen eine logische Steigerung der Aufgaben gewesen Marketingleitung für das Klangforum Wien und Kulturkontakt Austria, wo ich ganze fünf Jahre für die Vermittlung und Beratung von Sponsorsuchenden zuständig war. Währenddessen begann ich mit eigenen Projekten, wie den Produktionen der von mir mitbegründeten Gruppe short message productions, die sich mit innovativem Theater und urbanen Aktionen beschäftigt. All das mündete in die Selbstständigkeit.

Ich habe durch all diese Entwicklungen den Faktor Zufall sehr zu schätzen gelernt, ich kann sagen, dass man sehr froh sein muss, dass es Zufall gibt.

KMN: Welche Aufgaben fallen in Ihren derzeitigen Tätigkeitsbereich? Welche erfüllen Sie dabei mit besonderer Freude?

Leonie Hodkevitch: Meine Tätigkeit lässt sich in drei Bereiche aufteilen. Erstens schreibe ich, ich habe schon nach dem Studium Kurzgeschichten geschrieben, und jetzt erscheint mein erster Roman. Zweitens engagiere ich mich für gesellschaftspolitisch relevante Projekte und organisiere Kooperationen vor allem zwischen Wien und Sofia, da dies meine beiden Herkunftsstädte sind. Drittens, unterrichte ich Kulturmanagement und interkulturelle Kommunikation und berate auch zu diesen zwei Themen am Institut für Kulturkonzepte Wien.
Das Organisieren meiner eigenen Projekte umfasst die Planung der Idee, das Absprechen mit dem Team wir sind ein Kernteam von drei gleichwertigen Partnern das Heranziehen anderer Experten, das Anbahnen von Kooperationen und dann Sponsoring, Marketing und PR. Was mir da ungeheuren Spass macht, ist das Überlegen, welche noch so hochgestellte oder weit entfernte Person oder Organisation zu uns passt und sie ins Boot zu holen.

Beim Beraten und Unterrichten gefällt mir die schier endlose Menge von neuen Menschen, die man da kennenlernt und in die man sich einfühlen muss, was meinem Naturell sehr entgegenkommt. Was ich nicht mag, ist die Wiederholung von Inhalten, daher suche ich meine Inhalte ständig zu erneuern und zu expandieren.

Das Schreiben ist die introvertierteste, schwierigste und, wenn es funktioniert, das erfüllendste aller dieser Tätigkeiten, und dabei ist es wichtig, die eigene Zeit zu managen. Ich teile mir daher die Zeit in Tage ein, an denen ich keine Termine habe und nur schreibe, und in solche, an denen ich nur Termine habe und nicht schreibe. Die Erfahrung aus dem Kulturmanagement kommt mir dabei erfreulicherweise immer mehr bei der Präsentation meines Schreibens zu Gute. Besondere Freude macht mir die Kombination dieser verschiedenartigen Aktivitäten.

KMN: Welche Aspekte Ihrer Ausbildung waren für Ihre berufliche Laufbahn hilfreich? In welchen Bereichen müssten Hochschulen in ihrem Ausbildungsprogramm nachjustieren?

Leonie Hodkevitch: Heute ist mir klar, dass die Auseinandersetzung mit der französischen und lateinamerikanischen Literatur, beides die wichtigsten Literaturströmungen des 20. Jahrhunderts, den Grundstein für mein Schreiben gelegt hat. Und die Ethnologie abgesehen davon, dass das eine schöne Zeit war, ich habe die Völkerkunde in drei eiligen Jahren fertigstudiert, und sie gehörten zu den lustigsten und interessantesten in meinem Leben - hat es meinen Horizont erweitert, den Samen der Toleranz in meiner Seel gesät und mich für das vorbereitet, was heute als interkulturelle Kompetenz bezeichnet wird, in Wirklichkeit aber vor allem eine kultivierte Fähigkeit zur Empathie ist. Hätte es damals einen guten Kulturmanagement-Kurs gegeben, so hätte er mir zweifellos eine Menge Fehler und Reinfälle erspart.

KMN: Gab es Situationen in Ihrer Karriere, in denen Sie das Gefühl hatten, das Ziel nicht mehr zu erreichen? Welchen Rat können Sie jungen KulturmanagerInnen in solchen Situationen mit auf den Weg geben?

Leonie Hodkevitch: Ein nicht erreichtes Ziel ist kein Drama es ist Teil dieses Weges der Selbstverwirklichung, der schwierig ist, weil er letztendlich ein Luxusweg ist. Manchmal ist es sogar besser, wenn etwas nicht erreicht wurde, denn es führt einen auf einer ganz andere Lichtung heraus. Die magische Formel heisst für mich: ignorieren, dass etwas nicht geklappt hat, und weiterarbeiten. Das Wichtigste ist nicht zu zweifeln. Man kann durchaus überlegen, wie man weitertut, ob man die Mittel modifiziert oder selbst das Ziel aber zu zweifeln und daran zu verzweifeln führt uns nirgendwohin.

KMN: Geben Sie dem Nachwuchs Hoffnung! Gibt es eine Begebenheit, eine kurze Anekdote, bei der Sie heute noch kopfschüttelnd denken Was habe ich mir damals bloß dabei gedacht?!

Leonie Hodkevitch: Es gibt einige Momente, an die ich mit einem Schaudern zurückdenke, z.B. eines meiner ersten Sponsorgespräche, als ich zu Henkel, dem Waschmittelproduzenten marschiert bin, in der Annahme, es handle ich um Henkell Trocken, der Sektfirma. Die Sache ist nur die solche Hoppalas ergeben sich oft aus dem eigenen Charakter, in meinem Fall aus einer gewissen Nonchalance und Ungenauigkeit heraus. Das heisst, ich bin auch heute nicht davor gefeit, und kann nur hoffen, dass dies der andere Teil von jenem Schwung ist, mit dem ich Dinge angehe.
 

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