Serie
Zwischen handwerklichem Beruf und künstlerischer Berufung
Ein Rundgang über zwei Fachmessen in Leipzig - die denkmal und die MUTEC - beweist eindrucksvoll die Anwendungsvielfalt handwerklicher wie technischer Kulturberufe.
Die Europäische Messe für Denkmalpflege, Restaurierung und Altbausanierung fand zum inzwischen zehnten Mal statt. 13.600 Besucher zählten die Veranstalter bis zum Samstag. Parallel zur denkmal 2012 gab es in der gleichen Ausstellungshalle mit der MUTEC - der Fachmesse für Museums- und Ausstellungstechnik - eine synergetische Allianz. Der thematische Übergang zwischen den Messeständen war kaum zu spüren. So dürften nicht nur die Besucher, sondern auch die Aussteller vom üppigen Themenspektrum sowie vom Austausch untereinander profitiert haben. Da war auf der einen Seite das etablierte, jahrhundertealte Restauratorenhandwerk, auf der anderen Seite fand man die Entwickler zeitgemäßer medialer und technischer Anwendungen. Umso überraschender, wie stark sich gerade junge Leute für die Themen der auf der Denkmalmesse interessierten. Ein Grund dürfte darin liegen, dass die Wiederherstellung und Konservierung historischer Objekte nicht nur Sachverstand, sondern auch ästhetisch-kultureller Kompetenzen verlangt. Hier für bleibende Werte zu sorgen, ist somit auch für den Nachwuchs interessant.
Ehrenamtliche und professionelle Netzwerke
Viele engagieren sich auch ehrenamtlich in Initiativen vor Ort. So hat sich im ehemaligen Rittergut Trebsen bei Leipzig ein Förderverein für Handwerk und Denkmalpflege etabliert, der sich jenseits des eigenen historischen Objekts auch überregional für den Erhalt, die Erforschung und Erschließung von Kulturdenkmalen engagiert. So unterhält man beispielsweise das Sächsische Bauteilarchiv. Es archiviert wertvolle Produkte aus handwerklicher und industrieller Fertigung als Zeugnisse vergangener Kulturepochen in einer musealen Sammlung. Diese werden nach den Richtlinien der UNESCO für Museumsgüter entsprechend archiviert und sollen zukünftig wissenschaftlich betreut werden. Trebsen ist aber auch Anlaufstelle für Fachleute zur Aus- und Fortbildung sowie zur Beratung für Bauherren, Architekten und Handwerker.
Guter Rat ist teuer, sagt man. Allerdings verlangt gerade die Beschäftigung mit Denkmalen eine Beratung und ein kluges Abwägen, um nicht in ein finanzielles Abenteuer zu geraten. Mancher Kostenvoranschlag kann schon mal zur Entscheidung gegen den Erhalt führen. Manchmal jedoch liegen übertriebene Vorstellungen von Gutachtern zugrunde, wie Frank Pastille aus Grimma weiß. Der gelernte Bauingenieur hat sich als Denkmal-Doktor in den letzten 15 Jahren einen Namen gemacht, in dem er sich auf die liebevolle und gleichzeitig kostengünstige Sanierung historischer Altbausubstanz spezialisiert hat. Viele seiner Objekte wurden schon aufgegeben, bevor sie dann individuell - meist als Mehrfamilienhäuser - wieder hergerichtet wurden. Beispiele, bei denen die tatsächlichen Kosten bei gerade einmal 20% der geschätzten Investitionen betrugen, geben für zahllose Kulturdenkmäler gerade in Ostdeutschland Anlass zur Hoffnung.
Erhöhte Wertschöpfung durch Spezialisierung
Mit der Spezialisierung von Handwerksbetrieben auf historische Materialien aus Holz, Stein, Glas, Textilien oder Metalle ergeben sich attraktive Märkte, zumal es einen klaren Trend zur Erhaltung und Nutzung von Denkmalen gibt. Hinzu kommt der Bedarf an energieeffizienten Lösungen. Aufträge kommen so nicht nur von der öffentlichen Hand, sondern auch von privaten Bauherren. Neben deutschen Firmen stellten sich in Leipzig zahlreiche Spezialanbieter aus dem Ausland vor, insbesondere aus Polen, Italien sowie den skandinavischen Ländern.
Da ist der dänische Ziegelspezialist Falkenløwe, dem sich mit dem Erhalt der Backsteingotik im Ostseeraum ein weites Betätigungsfeld eröffnet hat. Die Referenzprojekte von Falkenløwe sind häufig Wahrzeichen ganzer Regionen wie z.B. die St. Georgen-Kirche in Wismar, Nordeuropas größte Backsteinkirche, Kolidinghus, die letzte Königsburg Jütlands, oder das Plöner Schloss.
Die Firma Bobicki Arte aus Krakau hat sich auf die Konservierung und Rekonstruktion von Denkmälern und Kunstwerken spezialisiert. "In den vergangenen 25 Jahren haben wir an mehr als 250 historischen Objekten gearbeitet", sagt Firmeninhaber Roman Bobicki. Einige davon wurden im Auftrag des polnischen Ministerium für Kultur und nationales Erbe durchgeführt. Aber auch Stadttheater, Kathedralen und Hotels werden durch Bobicki Arte veredelt. Das Team ist wahrlich interdisziplinär aufgestellt: neben Restauratoren und Ingenieuren sind bei den Projekten auch Künstler, Architekten und Kunsthistoriker beteilligt.
Interdisziplinäre Ansätze in der Ausbildung
Wer genau an dieser interdisziplinären Verknüpfung von Handwerk und Kultur interessiert ist, dem öffnen sich inzwischen auch zahlreiche Ausbildungsmöglichkeiten. So bietet die TU Bergakademie im sächsischen Freiberg einen Master-Studiengang Industriekultur an. Dort werden wirtschafts-, technik- und wissenschaftshistorischen Grundlagen der Industriekultur vermittelt. Einen breiten Raum nimmt die industriekulturelle Arbeit und Forschung, deren Inhalte und Methoden ein. Absolventen finden ihre Berufe später in der wissenschaftlichen Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, in der Denkmalpflege und dem Kulturmanagement, in Technik- und Industriemuseen oder auch im Journalismus. Gleichwohl wünschte man sich, dass die technischen und handwerklichen Berufsbilder in der Kulturmanagement-Ausbildung mehr Bedeutung gewinnen.
Fazit
Die Veranstaltung denkmal 2012 zusammen mit der MUTEC bot insgesamt eine kompakte Informationsplattform für innovative Produkte, technische Lösungen und zukunftsweisende Entwicklungen für Museumsexperten, Ausstellungsplaner, Konservatoren, Restauratoren, Denkmalpfleger, Architekten und Bauherren. Beispiele von der Fachmesse für Museums- und Ausstellungstechnik MUTEC lesen Sie in 1 Woche. Die nächste denkmalmesse findet vom 6. bis 8. November 2014 statt.
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