03.11.2012

Autor*in

Dirk Heinze
Szenografie

Die inszenierte Authentizität

Vom 15. bis 18. November 2012 findet bereits zum 4. Mal das International Scenographer's Festival in Basel statt. Es lenkt den Blick auf ein spannendes Berufsfeld.
"Szenografie schafft Form aus Inhalt und gibt Ihnen Bedeutung und Haltung; Sie generiert Raum aus Ideen, Dingen und Geschichten und transportiert deren Inhalte als Botschaft. Szenografie rekontextualisiert, bringt Dinge zum Sprechen und verleiht Ihnen Relevanz für die Gegenwart." Das sagt Prof. Uwe R. Brückner, Kreativdirektor beim Atelier Brückner in Stuttgart. Der studierte Architekt und Bühnenbildner gilt als Protagonist der Szenografie und zählt zu den Gründungsdirektoren des Festivals. Gemäß der Philosophie "form follows content" setzt er auf die individuelle, inhaltsgenerierte Gestaltung von Rauminszenierungen.
 
Szenografie findet in der Öffentlichkeit statt und ist die Kunst, eine Erzählung zum Zwecke der Anschauung mit räumlichen Mitteln zur dramatisierenden Aufführung zu bringen, indem Objekte, Umgebungen oder Darstellungen mit vielfältigen Mitteln zu Atmosphären oder Milieus für Erfahrungen arrangiert werden.
 
 
Szenografinnen und Szenografen handeln im Paradox der «inszenierten Authentizität». Sie entwickeln neue Formen des Dramatisierens öffentlicher Darstellungen. Als Autorinnen und Autoren lassen sie sich in vielen Kontexten finden, vom Messebau bis zum Staatsbesuch, von der Architektur als Branding hin zum Museum für Firmengeschichte, vom Festspiel und der Sportveranstaltung zu Landes- und Weltausstellungen, Science Center oder Shopping Malls. Der gemeinsame Nenner ist der inszenierte, narrative oder dramatisierte Raum.
 
Am Festival 2012 soll Corporate Scenography, das zum Raum gewordene oder Raum generierende Selbstverständnis einer Marke, eines Unternehmens oder einer Institution zwischen Kunst und Kommerz thematisiert werden. Mit dem wachsenden Bedürfnis von Auftraggebern, sich dreidimensional zu präsentieren und der Erschwinglichkeit der dafür notwendigen Gestaltungsmittel hat die Corporate Scenography an Bedeutung gewonnen. Neben der Corporate Philosophy, einem einprägsamen Selbstverständnis, und dem Corporate Design, dem visuellen Wiedererkennungsprinzip, spielt die Corporate Scenography eine wichtige Rolle. Aus der Sicht der Rezipienten bedeutet dies die Erweiterung des Corporate Design in die dritte Dimension, die Möglichkeit, eine Firmenphilosophie, Botschaften oder auch museale Inhalte unmittelbar und authentisch erleben zu können. Die Rezipienten werden persönlich und physisch angesprochen.
 
Das materialisierte Selbstverständnis, die gebaute oder inszenierte Botschaft eines Unternehmens drückt sich heutzutage vor allem in Corporate Architecture aus. Sie ist zur identitätsstiftenden Gestaltungsmaßnahme geworden. Firmen und Museen zielen auf einprägsame Architektur möglichst renommierter Architekten. Ein ikonografisches Alleinstellungsmerkmal spielt dabei oftmals eine größere Rolle als die ursprünglich intendierten themenadäquaten Nutzungsmöglichkeiten. Dies bedeutet: keine banale, plakative Präsentation, sondern vielschichtige Assoziationen, eine schlaue und überraschende Übersetzung von Markenwerten und Firmenphilosophie in Raumbilder, die von den Besuchern persönlich entschlüsselt ein erinnerungswürdiges Erlebnis auslöst.
 
Veranstalter des International Scenographer's Festival ist das Institut Innenarchitektur und Szenografie der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel.
 
 
Neue Berufsbilder sind Schwerpunkt im Monat November. Mehr dazu erfahren Sie im KM Magazin, das am 5.11.2012 erscheint. Sie können es kostenfrei mit einer Registrierung auf unserem Portal abonnieren.
 

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