13.09.2018
ZukunftsGut Preis für institutionelle Kulturvermittlung

Staatsschauspiel Dresden ausgezeichnet

Zum ersten Mal wurde gestern in Frankfurt am Main der ZukunftsGut-Preis verliehen, Deutschlands erster Preis für institutionelle Kulturvermittlung. Preisträger ist das Staatsschauspiel Dresden, das mit der Auszeichnung 50.000 Euro erhält, um seine Vermittlungsarbeit strategisch weiterzuentwickeln.
Der ZukunftsGut Preis der Commerzbank-Stiftung zeichnet öffentliche und private gemeinnützige Kulturinstitutionen in Deutschland aus, die Vermittlung als zentrale gemeinschaftliche Aufgabe für sich erkannt haben und ausfüllen.
 
Das Historische Museum Frankfurt und das Theater Oberhausen folgten auf den Plätzen 2 und 3. Ihre Leistungen auf dem Gebiet der Vermittlung werden mit 20.000 beziehungsweise 10.000 Euro honoriert. "Ursprünglich wollten wir nur eine Institution auszeichnen", sagte Astrid Kießling-Takn. Sie ist im Vorstand der Commerzbank-Stiftung zuständig für den Bereich Kultur. "Wir haben uns jedoch entschieden, das Preisgeld um insgesamt 30.000 Euro für den Zweit- und Drittplatzierten zu erhöhen. Grund ist die Konsequenz, mit der alle drei Häuser Kulturvermittlung wagen."
 
Zentrale Voraussetzungen für eine Teilnahme bei ZukunftsGut waren die strukturelle Verankerung und die strategische Ausrichtung von Kulturvermittlung und Partizipation im eigenen Haus. Denn Kulturvermittlung hat in den letzten 15 Jahren in Deutschland zwar deutlich an Interesse und Bedeutung in Kultureinrichtungen gewonnen. Dennoch beklagen die Vermittler*innen, dass sie oft nicht in die Entwicklung von künstlerischen Programmen eingebunden und in der Hierarchie den künstlerischen Abteilungen nachgeordnet sind. Zudem ist ihr Budget häufig vergleichsweise gering. Hier setzt der Preis ZukunftsGut der Commerzbank-Stiftung an und will Impulse setzen, um Kulturvermittlung nicht nur als Add On, sondern als integrativen und abteilungsübergreifenden Bestandteil des Kerngeschäfts von Einrichtungen zu verankern. Im Bewerbungsaufruf hieß es dazu: "Nur wenn Kultur persönlich erlebbar wird, bewegt sie Menschen." "Und hier liegt die Herausforderung für die Kulturinstitutionen", sagte Birgit Mandel, Professorin für Kulturvermittlung an der Universität Hildesheim, Mitglied im Stiftungsrat der Commerzbank-Stiftung und Leiterin der neunköpfigen Jury von ZukunftsGut. "Insbesondere in der Zusammenarbeit mit neuen Zielgruppen zeigen sich die verschiedenen Interessen des Publikums. Deshalb sind Institutionen in ihrer ständigen Bereitschaft zur Veränderung gefordert."
 
Astrid Kießling-Takn brachte es auf den Punkt: "Kulturvermittlung ist entscheidend für die Zukunft einer Institution, sprich ihr Zukunftsmotor. Denn sie trägt maßgeblich dazu bei, dass eine Einrichtung von einem vielfältigen Publikum angenommen wird." Sie zeigte sich überzeugt, dass die drei Preisträger mit ihrer vorbildlichen Arbeit Impulse für die gesamte Kulturlandschaft in Deutschland setzen.
 
Insgesamt 125 Kultureinrichtungen aus dem gesamten Bundesgebiet haben sich beworben. "Dass gleich beim ersten Mal so viele Institutionen mit sehr überzeugenden Vermittlungskonzepten dabei sind, übertrifft unsere Erwartungen. Das gesamte Spektrum der institutionellen Kulturlandschaft ist vertreten. Museen, Theater, Literatur- und Konzerthäuser fühlten sich gleichermaßen angesprochen. Das zeigt, Kulturvermittlung ist genreübergreifend ein Thema mit hoher Priorität", erläuterte Mandel.
Die Gewinner
 
Im Urteil der Jury bewegt sich das Staatsschauspiel Dresden mit seinen Bürgerbühnen am sichersten im Spannungsfeld von Bewahrung und zeitgemäßer Darstellung. "Die Bürgerbühnen bieten dem Publikum ein Höchstmaß an Beteiligung", sagte Kießling-Takn. "Das bringt auch das Theater selbst in Bewegung. Die Impulse von außen verändern den internen Blick auf das kulturelle Erbe und die Arbeit daran. Ein Fluss kommt in Gang, in dem sich das Theater mit der Gesellschaft bewegt und weiterentwickelt." Mit seinem Konzept nimmt das Staatsschauspiel Dresden eine Vorreiterrolle ein. Mandel führte in ihrer Laudatio aus: "Das Staatsschauspiel ist Erfinder einer eigenen Theatersparte: der Bürgerbühne. Ihr grundlegendes Element ist die Zusammenarbeit mit der Stadtgesellschaft. Hier verhandeln Bürgerinnen und Bürger mit theatralen Mitteln Themen, die sie bewegen, und zeigen sie auf der großen Bühne des Hauses. Und das nicht nur als einmaliges Projekt: Die wechselnden Produktionen sind dauerhafter Bestandteil des Spielplans." Andere Theater in Deutschland haben diese Idee bereits aufgegriffen.
 
Auf Platz 2 wird das Historische Museum Frankfurt für seine partizipative Strategie ausgezeichnet. Programme, wie das Stadtlabor und der Sammlungs-Check, stehen für lebensnahe Kulturvermittlung: In persönlichen Erzählungen und mithilfe individueller Erinnerungsstücke aus der Familienhistorie wird Frankfurter Stadtgeschichte greifbar und in immer wieder neuen Facetten erzählt. Über die systematische Einbeziehung der Stadtgesellschaft verändert sich auch das Museum als Institution.
 
Dem Theater Oberhausen auf Platz 3 wiederum gelingt es, eine Vielzahl von gesellschaftlichen Gruppen in seine Produktionen und Aktionen einzubeziehen. Diskussionen zu aktuellen Themen, wie zum Beispiel Einwanderung oder Zukunft der Stadtgesellschaft, geben den Anstoß für die Projekte. Unabhängig von bestimmten Zuständigkeiten ist Kulturvermittlung in Oberhausen eine Gemeinschaftsaufgabe: Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bringen ihre Ideen und Erfahrungen ein.
 
Die Mitglieder der Jury von ZukunftsGut 2018 waren:
 
  • Inez Boogaarts, Geschäftsführerin der Zukunftsakademie Nordrhein-Westfalen
  • Tom Braun, Geschäftsführer der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung
  • Teresa Darian, Spezialistin kulturelle Bildung in der Kulturstiftung des Bundes
  • Marc Grandmontagne, Geschäftsführender Vorstand Deutscher Bühnenverein
  • Max Hollein, Generaldirektor Metropolitan Museum New York
  • Astrid Kießling-Takn, Vorständin Commerzbank-Stiftung
  • Uwe Koch, Koordinator Europäisches Kulturerbejahr 2018 in Deutschland (Geschäftsstelle Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz)
  • Birgit Mandel (fachliche Leitung), Professorin für Kulturvermittlung an der Universität Hildesheim und Stiftungsratsmitglied der Commerzbank-Stiftung
  • Sabine Rückert, stellvertretende Chefredakteurin von "Die Zeit

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