19.11.2014

Autor*in

Ursula Dehne-Kinz
Best Practice

Die Schubertiade ein großes Werk an kleinen Orten

Im Juli 2014 fand in Bozen die Tagung CULTURE MEETS ECONOMY. Große Werke an kleinen und großen Orten statt. Sie thematisierte die Möglichkeiten von Kultur, die touristische und Standortattraktivität kleinerer Ortschaften und ländlicher Gegenden zu erhöhen. Die Schubertiade, eine Konzertreihe zu Klassischer Musik, ist ein Beispiel, das völlig unabhängig von Förderern agiert. Trotzdem konnten die Veranstalter dank einer engen Bindung der Besucher und regionalen Partner in den letzten Jahren nicht nur steigende Veranstaltungs- sondern auch Besucherzahlen verzeichnen und damit Wirtschaft und Lebensqualität vor Ort verbessern.
2013 erschien ein Artikel in der Stuttgarter Zeitung mit dem Titel Die fetten Festspiel-Jahre sind vorbei, bei dem es um den Kampf um den Zuschauer bei Klassik Festivals ging. Unter anderem war zu lesen: Festspiele müssen sich aus dem Theater- und Konzertalltag herausheben, durch ein besonderes Thema, eine einmalige Aura oder höchste Qualität. Bei der Schubertiade trifft das zusammen. Das zu erreichen war mitnichten ein Spaziergang, denn das Festival ist zu 100% von der Zufriedenheit des Publikums abhängig, in Konkurrenz mit zahlreichen anderen klassischen Festivals. Deren Zahl hat sich in den letzten Jahrzehnten mehr als verdoppelt.

Die Schubertiade

Gegründet wurde die Schubertiade 1976 von Hermann Prey. Er hatte die Vision ein Festival für Franz Schubert ins Leben zu rufen ähnlich dem Vorbild Bayreuths für die Musik Richard Wagners bzw. Salzburgs für Mozart. Auf der Suche nach einem geeigneten Standort wurde durch den Kontakt mit Gerd Nachbauer der Renaissance Palast in Hohenems Austragungsort des neuen Festivals für Franz Schubert.

Bis heute im nächsten Jahr feiern wir das 40-jährige Jubiläum hat es die Schubertiade geschafft, sich zu einem der international renommiertesten Festivals zu entwickeln. Von Beginn an wurde Wert auf erstklassige Künstler gelegt. Die Schubertiade als Kammermusikfestival war in Musikkreisen schnell in aller Munde und als die internationale Presse darauf aufmerksam wurde, avancierte Hohenems schnell zu einem der bekanntesten Festspielorte. 2014 umfasste die Schubertiade 65 Veranstaltungen an den zwei Spielorten Schwarzenberg und Hohenems. Im Rahmenprogramm finden Meisterkurse für Gesang und Quartette, Musiksalons, Lesungen, Vorträge usw. statt.

Die Standorte 1976 2014

Das Entdecken neuer Veranstaltungsorte gehört zur Tradition des Festivals. In den 39 Jahren ihres Bestehens hat die Schubertiade an zahlreichen Schauplätzen gewirkt. Während andere Festivals an bestimmte Orte oder teils extra für sie gebaute Festspielhäuser gebunden sind, war das bei der Schubertiade nie der Fall sie fühlt und fühlte sich ausschließlich der Musik Schuberts bzw. seiner Zeitgenossen verpflichtet. Eines war aber allen Orten gemeinsam sie sind klein. Seit 1991 ist auch der Saal des benachbarten Feldkirch ein Austragungsort. 1994 erweiterte sich das Spektrum um sogenannte »Landpartien«, die jene Werke in den Vordergrund stellten, die Schubert auf Reisen komponiert hat. Sie führten das Publikum an landschaftlich besonders reizvolle Orte, darunter die Propstei St. Gerold im Großen Walsertal, Schloss Achberg in Bayern, die Stadt Lindau im Bodensee sowie Schwarzenberg im Bregenzerwald, das seit 2001 Hauptschauplatz der Schubertiade ist.

Schwarzenberg bietet einen idealen Rahmen für das Festival. Nachdem sich die Schubertiade zu einem bedeutenden Einnahme- und Imagefaktor entwickelt hatte, beschloss die Gemeindevertretung im Jahre 2000, beim bestehenden Angelika-Kauffmann-Saal einen Zubau zu errichten. Die Gesamtkosten dafür trugen das Land, der Bund, die Gemeinde Schwarzenberg sowie eine von der Schubertiade initiierte Aktion, bei dem die Besucher mit einer Geldspende den Ausbau des Saales unterstützen konnten. Seit 2001 ist Schwarzenberg der Hauptschauplatz der Schubertiade mit einem auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Veranstaltungsraum. Das Publikum profitiert hier vom Ambiente, denn es möchte ein Gesamtkunstwerk aus Landschaft, Ortsbild, Saal und Musik erleben. Die Region profitiert umgekehrt von den Besuchern der Schubertiade als Tourismusfaktor. Sie gibt den Impuls, nach Schwarzenberg zu kommen. Von weither angereiste Gäste kaufen im Durchschnitt 5 Karten und bleiben 3 Nächte. Die einheimischen Gäste ohne Übernachtung besuchen hingegen weniger Vorstellungen.

Ein wichtiges Anliegen ist es, Franz Schubert nicht nur im Rahmen des Konzertbetriebs, sondern auch durch das Initiieren wechselnder Ausstellungen und die Einrichtung von Museen zu würdigen. So unterhält die Schubertiade GmbH seit 2011 in Hohenems ein Franz-Schubert-Museum. Im Musik- und Schallplatten-Museums Walter Legge, in der Villa Rosenthal oder im Dreimäderlhaus-Museum sind weitere Ausstellungen um Franz Schubert zu sehen.

Die Schubertiade GmbH als Wirtschaftsfaktor

Die Schubertiade GmbH hat ihren Firmensitz in ihrem Gründungsort Hohenems und beschäftigt derzeit neben dem Geschäftsführer vier ganzjährig sowie vier halbtägig angestellte Mitarbeiter. Während der Konzertsaison wird das Personal vor allem im Bereich des Ordnerdienstes, Saalpersonals und Programm- und CD-Verkaufes um bis zu 20 Mitarbeiter pro Konzert aufgestockt, insgesamt beschäftigen wir saisonal circa 50 Personen.

Wie die Unternehmensform andeutet, wird das Festival bis heute nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt. Auch die Finanzierung der Schubertiade ist eine besondere: Der ganzjährige Betrieb finanziert sich seit 1991 ohne Programm-Subventionen rein über die Erlöse aus dem Kartenverkauf und die Unterstützung durch den Förderverein. Zur Unterstützung des Festivals stellt die Gemeinde Schwarzenberg den Saal kostenlos zur Verfügung, die Betriebskosten und das Personal zahlt die Schubertiade GmbH.

Die Gemeinde Schwarzenberg kann mit 580 Gästebetten den Strom von etwa 8000 Besuchern aus der ganzen Welt nicht beherbergen. Für Besucher, deren Unterkunft sich in den umliegenden Orten befindet, verkehrt jedoch ein Shuttle-Bus zu den Konzerten. Die Kosten dafür werden über die Tickets finanziert bzw. von der Region übernommen.

Die Schubertiade funktioniert also auch als Wirtschaftsmotor. Vor allem die regionale Tourismuswirtschaft und die heimischen Wirtschafts- und Handwerksbetriebe profitieren erheblich. Es ist uns durchaus bewusst, dass aufgrund dieses Festivals eine hohe direkte Wertschöpfung in der Region erfolgt, formulierte Anton Wirth, der Obmann der REGIO Bregenzerwald. Insbesondere die Tourismusbetriebe, aber auch der Handel und andere Dienstleitungsanbieter erhalten durch die Schubertiade wichtige Impulse. Die neu gewonnenen Gästeschichten sind inzwischen zu treuen Stammgästen geworden. Die Region Bregenzerwald konnte sich somit im Bereich des Kulturtourismus nachhaltig positionieren.

Wieviel Geld die Gäste neben den Kosten für Unterkunft und Karten ausgeben, kann nur geschätzt werden. Laut Bregenzerwald-Tourismus belaufen sich die Nebenausgaben (ohne Hotel und Tickets) eines Sommergastes auf 100 Euro pro Tag. Demzufolge lukriert die Region jährliche Nebeneinnahmen in Höhe von jährlich 2 Millionen Euro. Und das in der touristischen Nebensaison!

Besucherbindung und Öffentlichkeit

Zur Unterstützung wurde 1983 der Verein der Freunde und Förderer gegründet. Die Pflege der Beziehungen zu den etwa 630 Vereinsmitgliedern ist dabei essentiell, denn gut die Hälfte sind Förderer. Die Mitglieder kommen aus etwa 20 Ländern, darunter auch Australien, Indien, Kanada oder Taiwan.

Um die Besucherzahlen steigern können, findet vor allem eine enge Zusammenarbeit mit verschiedensten Print-, TV- und Radiomedien aus der ganzen Welt statt. Sie berichten jährlich über die Schubertiade. Die Schweizer Kulturzeitschrift »Musik & Theater« etwa begleitet sie als Medienpartner. Unter anderem boten DIE ZEIT und Radio Stephansdom dieses Jahr eine Reise nach Schwarzenberg mit zahlreichen Veranstaltungen an. Auch der ORF nimmt zahlreiche Konzerte auf. Der Saal in Hohenems wird zudem für CD Produktionen verwendet. Die Schubertiade wird von Vorarlberg-Tourismus auch gerne als Anlass für internationale Pressereisen genommen. Auf diesem Wege können wichtige Journalisten und Medien zu einem Besuch der Region und einer entsprechenden Berichterstattung animiert werden.

Der Imagegewinn, den die Schubertiade Schwarzenberg, der Region bzw. dem Bundesland Vorarlberg bringt. Ist demnach erheblich. Des weiteren haben viele Gäste die Region allgemein für sich entdeckt und kommen auch im Winter.

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