15.07.2019
Buchdetails
Elemente des deutschen Theatersystems
von Thomas Schmidt
Verlag: Springer VS
Seiten: 64
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Autor*in
Evelyn Marien
war nach dem Studium der Angewandten Kulturwissenschaften zunächst Mitarbeiterin im KBB und Orchesterbüro am Theater Regensburg, es folgten Engagements als Chefdisponentin am Theater Regensburg und am Theater Osnabrück. Seit der Spielzeit 2011|12 ist sie Künstlerische Betriebsdirektorin am Theater und Orchester Heidelberg.
Buchrezension
Elemente des deutschen Theatersystems
Die rund 130 öffentlichen Theater mit ihrem wechselnden Repertoire an Spielstätten und ihren etwa 40.000 Mitarbeitern prägen die deutsche Theaterlandschaft in besonderem Maße. Thomas Schmidt gibt in "Elemente des deutschen Theatersystems" einen kompakten Überblick über die aktuelle Situation der öffentlichen Theater aus kulturwirtschaftlicher und systemischer Perspektive und bietet Denkanstöße für einen Systemwechsel.
Bestandsaufnahme
In seinem Buch, erschienen 2018 in der Reihe essentials bei Springer VS, gibt Schmidt einen knappen Abriss der Entstehung des öffentlichen Theatersystems in Deutschland. Anschließend skizziert er dessen heutige Struktur, Merkmale und Rahmenbedingungen mit kritischem Blick. Dabei ist seine Kernerkenntnis, dass die öffentlichen Theater mit Repertoirebetrieb und festem Ensemble gerade auf der organisationalen und managerialen Ebene ein Auslaufmodell seien, das einer Erneuerung bedürfe. Trotz der Radikalität dieser Aussage geht Schmidt leider nicht auf andere Formen in der Theaterlandschaft näher ein, die derzeit daneben bestehen und das öffentliche System befruchten oder gar ersetzen könnten.
Diese Beschreibungen sowie der sich anschließende Abschnitt über die wirtschaftlichen Strukturen der öffentlichen Theater und möglicher Messinstrumente für deren Leistungsfähigkeit und Wirksamkeit entstammen seiner bereits 2016 erschienenen Publikation "Theater. Krise und Reform". Indikatoren wie Reichweite und Wirksamkeit, Mitarbeitereffizienz, Ressourcenaufwand und Einspielquote dienen hierbei als Vergleichsinstrumente. Mithilfe eines von ihm erarbeiteten kombinierten Performanceindex stellt Thomas Schmidt große Leistungsunterschiede zwischen den drei von ihm definierten Gruppen öffentlicher Theater fest. Die Verwendung einiger weniger betriebswirtschaftlicher Faktoren suggeriert dem Leser eine Vergleichbarkeit dieser Kulturbetriebsformen, die sich allerdings in der Unterschiedlichkeit ihrer Natur und Aufgabe einer solchen aus meiner Sicht gerade entziehen müssen. Effizienz heißt das Zauberwort, das heutzutage in vielen Bereichen des Kulturmanagements diskutiert wird, und an dem nun auch die Theater und Kulturbetriebe gemessen werden sollen. Doch über die Sinnhaftigkeit solcher auf wirtschaftliche Faktoren reduzierter Vergleiche für die Realität in der Theaterbranche lässt sich streiten.
Krise und Wandel?
Strukturkrise, Überproduktionskrise, Krise der Kulturpolitik, Finanzkrise, Legitimationskrise, Krise der Unternehmenskultur - Thomas Schmidt zeigt in vielen Bereichen und aus vielen Perspektiven Missstände im deutschen Theatersystem auf, sieht die Gründe dafür vor allem in der Struktur und fordert Reformen. Kulturpessimismus pur, der provoziert und zum Nachdenken anregt. Diese Systemkritik, ebenso wie die ausführlichen Veränderungsvorschläge und die nachfolgenden Gedanken über Transition und Zukunftsoptionen finden sich in deutlich ausführlicherer Form bereits in Schmidts Buch "Theater, Krise und Reform".
Unter dem Motto "Theater in Transition" umreißt Schmidt Themen im aktuellen Diskurs, wie politische Legitimation, Zuschauerzahlen, Finanzierungsprobleme, Produktionsbedingungen, Partizipation und Mitbestimmung. Abschließend führt er in aller Kürze einige seiner bereits 2016 vorgestellten Visionen zur Reform des deutschen Theatersystems auf: Schlagworte wie neue Leitungs- und Finanzierungsmodelle, Partizipation, Gerechtigkeit, Theater der Diversitäten und andere werden in den Raum gestellt. Damit gibt Schmidt dem Leser Denkanstöße, ausführliche Betrachtungen derselben aus unterschiedlichen Sichtweisen, alternative Perspektiven auf die bestehenden Strukturen, eine Einordnung in den aktuellen Diskurs und konkrete Lösungsansätze bleiben jedoch der Phantasie des Lesers überlassen.
Mit Elemente des deutschen Theatersystems bietet Thomas Schmidt in der Kurzversion seiner 2016 erschienenen Systemkritik Studierenden des Kultur- oder Theatermanagements ebenso wie anderen Interessierten einen ersten Einblick in die organisatorische und wirtschaftliche Struktur des öffentlichen Theatersystems in Deutschland. Allerdings erschwert die extreme Kürzung des essentials gegenüber der Originalversion gerade in ihrer Systemkritik und den Zukunftsoptionen eine Einordnung in den Gesamtzusammenhang für den branchenfernen Leser bzw. Einsteiger. Zudem vermitteln der Buchtitel, das Label "Praxis Kulturmanagement" und die Aufmachung eine Neutralität und Praxisnähe, die leider nicht komplett eingelöst werden. Für den kritischen Beobachter ist das Buch jedoch durchaus ein Anstoß zu vertiefender Beschäftigung mit dem Thema.
Strukturkrise, Überproduktionskrise, Krise der Kulturpolitik, Finanzkrise, Legitimationskrise, Krise der Unternehmenskultur - Thomas Schmidt zeigt in vielen Bereichen und aus vielen Perspektiven Missstände im deutschen Theatersystem auf, sieht die Gründe dafür vor allem in der Struktur und fordert Reformen. Kulturpessimismus pur, der provoziert und zum Nachdenken anregt. Diese Systemkritik, ebenso wie die ausführlichen Veränderungsvorschläge und die nachfolgenden Gedanken über Transition und Zukunftsoptionen finden sich in deutlich ausführlicherer Form bereits in Schmidts Buch "Theater, Krise und Reform".
Unter dem Motto "Theater in Transition" umreißt Schmidt Themen im aktuellen Diskurs, wie politische Legitimation, Zuschauerzahlen, Finanzierungsprobleme, Produktionsbedingungen, Partizipation und Mitbestimmung. Abschließend führt er in aller Kürze einige seiner bereits 2016 vorgestellten Visionen zur Reform des deutschen Theatersystems auf: Schlagworte wie neue Leitungs- und Finanzierungsmodelle, Partizipation, Gerechtigkeit, Theater der Diversitäten und andere werden in den Raum gestellt. Damit gibt Schmidt dem Leser Denkanstöße, ausführliche Betrachtungen derselben aus unterschiedlichen Sichtweisen, alternative Perspektiven auf die bestehenden Strukturen, eine Einordnung in den aktuellen Diskurs und konkrete Lösungsansätze bleiben jedoch der Phantasie des Lesers überlassen.
Fazit
Mit Elemente des deutschen Theatersystems bietet Thomas Schmidt in der Kurzversion seiner 2016 erschienenen Systemkritik Studierenden des Kultur- oder Theatermanagements ebenso wie anderen Interessierten einen ersten Einblick in die organisatorische und wirtschaftliche Struktur des öffentlichen Theatersystems in Deutschland. Allerdings erschwert die extreme Kürzung des essentials gegenüber der Originalversion gerade in ihrer Systemkritik und den Zukunftsoptionen eine Einordnung in den Gesamtzusammenhang für den branchenfernen Leser bzw. Einsteiger. Zudem vermitteln der Buchtitel, das Label "Praxis Kulturmanagement" und die Aufmachung eine Neutralität und Praxisnähe, die leider nicht komplett eingelöst werden. Für den kritischen Beobachter ist das Buch jedoch durchaus ein Anstoß zu vertiefender Beschäftigung mit dem Thema.
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