17.11.2021

Buchdetails

Konservierung und Pflege von Kulturgut: Ein Leitfaden für die Praxis
von Sabine Maurischat
Verlag: Transcript Verlag
Seiten: 208
 

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Autor*in

Anselm Peischl
Anselm Peischl ist mit seinem Gewerbe Rotor KunstKultur seit 2013 selbstständiger Kümmerer für regionale Kultur- und Kreativarbeit im mittelsächsischen Freiberg. Mit diesem agiert er als Plattform für Ideengeber und bietet einen breiten Leistungskatalog von Konzeptions-/Planungsarbeiten, Unterstützung bei der Fördermittelakquise, technische Unterstützung für Veranstaltungen der jungen Kultur und Marketingmaßnahmen von Gestaltung bis hin zur Umsetzung. Ein großer Teil der Arbeit umfasst die Befähigung von Akteuren aus den Bereichen junger Kultur, insbesondere im Musik- und Veranstaltungsumfeld.
Buchrezension

Konservierung und Pflege von Kulturgut

Kennen Sie den Unterschied zwischen Restaurierung und Konservierung? Hätten Sie einen Überblick über etwaige Schadensfaktoren, die im Laufe des Umgangs mit Kulturgütern auf den verschiedenen Etappen auftreten können? In der Abwägung oder Vorkonzeption hilft "Konservierung und Pflege von Kulturgut" von Sabine Maurischat, diese Lücken zu schließen.
 
Kulturmanager:innen können nicht alles wissen. Unumgänglich für erfolgreiche Arbeitsweisen sind aber fachspezifische Begriffe und ein Grundverständnis der Arbeit von Teammitglieder oder beauftragter Expert:innen. Mit dem Buch "Konservierung und Pflege von Kulturgut", das 2020 bei transcript erschien, hat die Restauratorin Sabine Maurischat ein Werk vorgelegt, um Kulturschaffenden ein entsprechendes Verständnis der Arbeitsweisen und sprachliche Begriffe aus den Bereichen Restauration und Pflege von Kulturgütern zu vermitteln. Nach ihrer Aussage ist das insbesondere in Zeiten knapper werdender Ressourcen relevanter denn je. Das gilt nicht nur, wenn die Organisation und Pflege von Sammlungen nicht immer in die Hände ausgebildeter Profis abgegeben werden kann, sondern auch, wenn aus ökonomischen Gründen nur situativ auf die Hilfe von Expert:innen zurückgegriffen werden könne.
 
Profis unersetzbar

Beim Aufschlagen des Buches wird deutlich, dass der vom Titel versprochene Praxisansatz nicht nur theoretisch auf die physische Behandlung von Sammlungsobjekten in der Realität abzielt. Dennoch geht das Buch mit seiner Einführung zuerst intensiv auf das Berufsbild von Restaurator:innen ein und spricht dabei Kernaufgaben wie auch praktische Arbeitsfelder derselben an. Dabei wird schnell deutlich, dass das in diesem Buch vermittelte Wissen nicht einmal ansatzweise die Hilfestellung von ausgebildeten Profis ersetzen kann. Der erste Abschnitt schließt mit zwei Exkursen, die exemplarisch erneut die Vielfalt des Arbeitsfeldes der Restauration betonen und das dafür nötige Fachwissen und Sorgfalt anschaulich beschreiben.
 
Der zweite und größte Teil widmet sich nun der Praxis im Detail und könnte schon fast als Nachschlagewerk für praktische Handlungsempfehlungen empfunden werden. Systematisch werden Materialien, ihre Defizite, Gefahrenpotentiale und Behandlungsmethoden abgearbeitet. Gerade die Einordnung und Differenzierung von Materialien ist aus Laiensicht umfassend und lässt keine nennenswerten Fragen offen. Spätestens hier wird sichtbar, dass die vermittelten Inhalte aus der Lehre stammen. Fachbegriffe werden im Fließtext erklärt und strukturiert mit rotem Faden aufgeschlüsselt. Verfahren und Faktoren finden sich in leicht einzuprägenden und übersichtlichen Listen und werden stets anschaulich und bildhaft beschrieben.
 
Hervorgehoben werden darf dabei, dass nicht selten mehrere Möglichkeiten mit Vor- und Nachteilen beschrieben werden. Die Notwendigkeit eines Diskurses des Konflikts zwischen Nutzung und Erhalt als grundlegende Frage musealer Arbeit wird mehrfach betont und zum Beispiel an Beleuchtungsfragen erklärt: Während Licht für die meisten Nutzungsformen unverzichtbar ist, hat insbesondere der unsichtbare Strahlenanteil einen schädigenden Einfluss auf viele Materialien. Es gilt also, Besuchererfahrungen und Schutzanforderungen gegenüberzustellen und einen passenden Kompromiss zu finden.

Besonders erwähnenswert ist zudem das abschließende Kapitel des Hauptteils. Hier geht die Autorin auf einen stetig wachsenden Teil der Arbeit mit Kulturgütern ein: den Verleih. Besprochen werden vorbereitende Dokumente, ihre Reihenfolge und der ausgiebige Dokumentationsprozess sowie die Fragestellungen, die sich in Hinsicht des Schutzes der Verleihgüter stellen und gegebenenfalls dem Vorhaben sogar widersprechen könnten. So könnten vorhandene Vorschädigungen oder die Fragilität eines Objekts Beleuchtung oder einen Transport unmöglich machen und etwa die Notwendigkeit von Replikaten oder Abbildungen erfordern. Juristische Fragen finden eine eher beiläufige Erwähnung, die zahlreichen Stichworte und Quellenverweise bieten aber Möglichkeiten, die eigene Recherche dahingehend zu vertiefen. Passend dazu folgt ein weiterer Exkurs zum Thema Verpackungsmaterial, der mit zahlreichen Verweisen für die weitere Recherche aufwartet.

Das Buch schließt mit einem großen Sammelsurium an Fragestellungen, die sich auf Ausstellungen beziehen. Dabei wird das Thema stark erweitert und der Konflikt zwischen Erhalt und Nutzung von Kulturgütern noch einmal ausführlich beleuchtet. Diskutiert werden Konsequenzen, die sich aus bestimmten Sicherungsmaßnahmen ergeben, aber auch Zielgruppendiskussionen und deren spezifische Anforderungen finden hier ihre Erwähnung. Etwa die Aufstellhöhe, welche ohne Erhöhung die Zugänglichkeit für kleinere Menschen wie etwa Kinder erschweren kann oder die Ansprache von Besuchergruppen, die eine Nutzung von Kopfhörern gegenüber Lautsprechern ablehnen.
Einblicke in ein vielfältiges Arbeitsfeld
 
Mit Fragen rund um das Thema Archiv muss sich sicherlich jede:r Kulturmanager:in früher oder später einmal auseinandersetzen. Auch wenn es sich dabei seltener um antike Stücke handelt, bleiben die Fragestellungen dieselben. Das Buch kann dabei helfen, diese Fragen zu schärfen und auch bei der Suche nach Lösungen erste Basiskonzepte zu entwickeln. Um eine echte Anwendbarkeit für derartige Fragestellungen bieten zu können, fehlen aber moderne Kategorien, also zum Beispiel Medien- bzw. Datenträger oder digitale Güter. Das wurde aber auch an keiner Stelle versprochen.
 
Die generelle Anwendbarkeit des Werkes ist darüber hinaus sicherlich vom persönlichen Arbeitsumfeld abhängig. Schnell wird klar, dass sich das Buch vor allem an Menschen richtet, welche sich mit älteren physischen Gegenständen in weitester Form auseinandersetzen. Die Verwendung von Fachvokabular und der häufige Praxisbezug bieten mehr als ausreichend Hinweise, ein grundlegendes Verständnis vom vielfältigen Arbeitsfeld der Restauration zu entwickeln und diese im Rahmen von Problemstellungen oder Vorhaben effektiv einzubinden. Auch lassen sich erste sehr grobe Überlegungen für konkrete Problemstellungen aus den Texten ableiten - selbstverständlich auch für zeitgenössische Gegenstände zum Beispiel im Galeriekontext. Angesichts der immer größer werdenden Aufgaben einzelner Verantwortliche:r, zum Beispiel in kleinen Einrichtungen, ist eine derartige rudimentäre Vorbildung sicherlich nicht von Nachteil. 
 
Etwas abstrakter gesehen, kann das Buch vor allem helfen, den ganzheitlichen Blick zu schärfen. Ganz ungeachtet der fachlichen Thematik geht aus den Texten eine ständige Suche nach Kompromissen hervor, wie bereits die Selbstbezeichnung im Covertext deutlich macht: "zwischen den zwei Grundpfeilern des musealen Arbeitens: Bewahren und Vermitteln". Die dazu nötigen Fachfragen zeigen die Relevanz von Recherche und vor allem Rücksprache mit den Gewerken bzw. Partner:innen eines Projekts. Gerade in der Zeit des Berufseinstiegs oder als Quereinsteiger:in sind solche Prozesse nicht unbedingt selbstverständlich. Da dürfte dann auch der größte Mehrwert aus dem letzten Kapitel gezogen werden, wenn die Komplexität der Fragestellungen aus dem Bereich Restauration in Relation mit praktischen Ansprüchen aus der Kuration bzw. Managementbereichen gesetzt werden.

Fazit
 
Die Autorin hat nach eigener Aussage versucht, einen Mittelweg aus einem Nachschlagewerk zum Thema Materialien und der Darstellung der praktischen Arbeit der Restauration zu finden. Das ist ihr insofern gelungen, als dass der Überblick über die Materialien eine wiederkehrende Struktur darstellt und damit benötigte Informationen schnell gefunden werden können. Für die Lektüre ist diese Mechanik aber zeitweilig etwas mühsam. Es entsteht der Charakter eines Katalogs, der zum Überfliegen einlädt und für manche:n nach wenigen Seiten ermüdend werden kann. 

Dennoch strotzt das Buch nur von Details und Feinheiten aus der praktischen Arbeit, die gerade aus fachfremder Sicht sehr lehrreich und vor allem anschaulich dargestellt sind. Neben dem wachsenden Respekt vor dem Fachwissen und der Vielfalt der notwendigen Fähigkeiten ist nach der Lektüre eindeutig klar, dass entsprechende Fachkräfte besser zu früh als zu spät zur Konsultation herbeigezogen werden sollten. Schließlich soll dem Verfall mit demselben Tempo Einhalt geboten werden.

Wer als Leser:in auf der Suche nach einem Verständnis von Restauration im weitesten Sinne oder grundlegendem Wissen zur korrekten Behandlung von Kulturgütern bzw. deren Materialien ist, wird hier fündig. Das Gleiche gilt für Menschen, die in ihrem Alltag mit musealer Arbeit, Galeriewesen oder Sammlungen in Kontakt kommen und dort zum Beispiel Prozesse koordinieren und administrieren sollen. Das Buch bietet einen guten Einstieg zu beiden Themen und schafft die Grundlagen, um bei Entscheidungsfindungen nicht vollkommen blank der Expertise vertrauen zu müssen, sondern diese nachvollziehen zu können und gegebenenfalls auch selbst argumentativ zu vertreten.

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