15.03.2021
Buchdetails
Volxkultur: Ein künstlerischer Ansatz für die offene Gesellschaft
von Matthias Gräßlin, Nicole Zielke, Theaterwerkstatt Bethel
Verlag: Athena Verlag
Seiten: 288
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Autor*in
Alexander Keil
studierte Musiktheaterregie und Kulturmanagement. Er arbeitet als Kulturmanager und Intendant. Bei den Festspielen Zürich entwickelte er gemeinsam mit klassischen Kulturinstitutionen, Akteuren der freien Szene sowie semi-professionellen Kultur-Communities das Konzept eines "Volksfests der Künste" und setzte dies erfolgreich um.
Buchrezension
Volxkultur: Ein künstlerischer Ansatz für die offene Gesellschaft
Inklusion, gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe, Partizipation - all das sind Begriffe, die in den vergangenen Jahren auch im Kunstfeld Einzug hielten und dort intensiv diskutiert und erprobt werden. Einen vielseitigen Einblick in die umfassend gelebte Idee der "Volxkultur" und ihre kreative Verflechtung mit der Bevölkerung vor Ort gibt dazu der gleichnamige Sammelband.
Volxkultur - offen, divers, teilhabeorientiert
Der zum 35. Jubiläum der Theaterwerkstatt Bethel veröffentlichte Erinnerungsband, 2019 bei c. h. Beck erschienen, wurde von Matthias Grässlin, Nicole Zielke und der Theaterwerkstatt Bethel herausgegeben. Enge künstlerische Begleiter*innen, Forscher*innen aus den Bereichen Soziologie und Pädagogik bis hin zu Teilnehmer*innen dokumentieren hier ihre Perspektiven auf das Konzept der Volxkultur sowie die tägliche Arbeit in der Theaterwerkstatt Bethel.
Matthias Grässlin, künstlerischer Leiter der Theaterwerkstatt Bethel, begründete 2005 das Konzept der "Volxkultur". Dabei schuf er einen neuen Begriff, der zugleich an die semantische Bedeutung von Volk und Kultur anschließt, ihn jedoch von irreführenden Traditionen befreit. Das damit verbundene Konzept entwickelt er seither gemeinsam mit seinem Team, zahlreichen Kooperationspartnern u.a. aus den Bereichen Kunst, Bildung, Pflege oder Sozio-Kultur sowie den Teilnehmer*innen weiter. Im Zentrum steht die Idee, eine offene, an den Prinzipien von Teilhabe, Mitgestaltung und Diversität orientierte Kultur der Bevölkerung zu entwickeln. Die Bevölkerung kann hier unterschiedliche Rollen einnehmen und ist zugleich Autor*in, Performer*in und Publikum. Das Ziel der Projekte besteht darin, Menschen mit ihren unterschiedlichen Ideen, Geschichten und Herkünften im Theater einen gemeinsamen Ort des kreativen Austauschs zu gestalten.
Die dabei im Schutz des Theaters entstehenden Begegnungen wirken in das unmittelbare Umfeld der Theaterwerkstatt sowie den Alltag der Beteiligten hinein und gestalten somit die Gegenwart auch jenseits von künstlerischen Projekten. Jährlich wirken bis zu 1000 Teilnehmer*innen an den unterschiedlichen Angeboten wie z.B. Performances, Theaterproduktionen, Konzerten oder Workshops mit.
Volxkultur im Diskurs
Der Band ist dreiteilig aufgebaut: Eingangs werden die Idee und das Konzept der Volxkultur umrissen sowie eine wissenschaftliche Einordnung vor dem Hintergrund von Begriffen wie z. B. Inklusion und Partizipation aus den Perspektiven Soziologie und Pädagogik vorgenommen. Entlang der Praxis der Volxkultur werden die Begriffe Inklusion, Inter-Kultur, Vielfalt, Partizipation, Teilhabe im Verhältnis zur Kunst und deren Produktion diskutiert. Die Autor*innen gehen einerseits auf die Erfolgsgeschichte des Inklusionsbegriffs in Deutschland ein. Andererseits zeigen sie, wie der Begriff beispielsweise selbst sofort Fragen des Ein- und Ausschließens aufwirft. Häufig kann z.B. das Einschließen eines Menschen in eine bestimmte Gruppe aufgrund von persönlichen Merkmalen zum Ausschluss von Menschen führen, die nicht über ähnliche Merkmale verfügen. Da es in der Praxis kaum möglich ist, solche und andere Komplexitäten vollständig aufzulösen, sensibilisiert der Band für diesen Themenbereich.
Darüber hinaus wird ein der Idee der Volxkultur entsprechender ganzheitlicher Theaterbegriff entwickelt. Er umfasst den gesamten Prozess vom gegenseitigen Kennenlernen der Teilnehmer*innen am Beginn eines Projektes bis hin zu den Aufführungen. Das soziale Miteinander der Projektbeteiligten, ihre persönlichen Erfahrungen, ihre professionelle Expertise oder auch ihre Wünsche und Vorstellungen sind der Ausgangspunkt der Probenarbeit und eng mit der Entwicklung von Themen für die Inszenierung verbunden. Aus der intensiven Arbeit der zurückliegenden Jahre entwickeln und verfeinern Matthias Grässlin und sein Team laufend ihre Methodik zur inklusiven Theaterarbeit. Die Künstlerische Projektleitung nimmt häufig eine moderierende Funktion ein und agiert während des gesamten Prozesses transparent hinsichtlich ihrer Entscheidungen. Dem Volxtheater gelingt dabei immer wieder erfolgreich der Spagat zwischen der Vielfalt der Teilnehmer*innen auf der einen und der notwendigen künstlerischen Präzision auf der anderen Seite.
Künstlerische Arbeit im Detail
Der Band ist dreiteilig aufgebaut: Eingangs werden die Idee und das Konzept der Volxkultur umrissen sowie eine wissenschaftliche Einordnung vor dem Hintergrund von Begriffen wie z. B. Inklusion und Partizipation aus den Perspektiven Soziologie und Pädagogik vorgenommen. Entlang der Praxis der Volxkultur werden die Begriffe Inklusion, Inter-Kultur, Vielfalt, Partizipation, Teilhabe im Verhältnis zur Kunst und deren Produktion diskutiert. Die Autor*innen gehen einerseits auf die Erfolgsgeschichte des Inklusionsbegriffs in Deutschland ein. Andererseits zeigen sie, wie der Begriff beispielsweise selbst sofort Fragen des Ein- und Ausschließens aufwirft. Häufig kann z.B. das Einschließen eines Menschen in eine bestimmte Gruppe aufgrund von persönlichen Merkmalen zum Ausschluss von Menschen führen, die nicht über ähnliche Merkmale verfügen. Da es in der Praxis kaum möglich ist, solche und andere Komplexitäten vollständig aufzulösen, sensibilisiert der Band für diesen Themenbereich.
Darüber hinaus wird ein der Idee der Volxkultur entsprechender ganzheitlicher Theaterbegriff entwickelt. Er umfasst den gesamten Prozess vom gegenseitigen Kennenlernen der Teilnehmer*innen am Beginn eines Projektes bis hin zu den Aufführungen. Das soziale Miteinander der Projektbeteiligten, ihre persönlichen Erfahrungen, ihre professionelle Expertise oder auch ihre Wünsche und Vorstellungen sind der Ausgangspunkt der Probenarbeit und eng mit der Entwicklung von Themen für die Inszenierung verbunden. Aus der intensiven Arbeit der zurückliegenden Jahre entwickeln und verfeinern Matthias Grässlin und sein Team laufend ihre Methodik zur inklusiven Theaterarbeit. Die Künstlerische Projektleitung nimmt häufig eine moderierende Funktion ein und agiert während des gesamten Prozesses transparent hinsichtlich ihrer Entscheidungen. Dem Volxtheater gelingt dabei immer wieder erfolgreich der Spagat zwischen der Vielfalt der Teilnehmer*innen auf der einen und der notwendigen künstlerischen Präzision auf der anderen Seite.
Künstlerische Arbeit im Detail
Der zweite Teil widmet sich sehr detailliert der künstlerischen Arbeit, u.a. in Form von Probenberichten, Aufsätzen und Gesprächen. Von der Themenfindung, über deren Weiterentwicklung, die Entwicklung eines künstlerischen Konzepts bis hin zu den Proben und Aufführungen vermitteln die Beiträge ein vielschichtiges Bild der unterschiedlichen Rollen und Aufgaben innerhalb der Produktionen, der Chancen sowie der täglichen Herausforderungen bei der Realisation der Volxkultur. Besonders positiv zu erwähnen sind hier das umfangreiche pädagogisch-künstlerische Wissen des Volxtheater-Teams betreffend der von ihnen entwickelten Probenmethodik sowie deren hochgradige Achtsamkeit und Reflektion im Umgang mit den Projektteilnehmer*innen.
Volxakademie - Wissensvermittlung für Profis, Institutionen und Interessierte
Der dritte Teil greift das Konzept der Volxakademie auf. Die Volxakademie schließt unmittelbar an das Konzept der Volxkultur an. Sie richtet sich seit einigen Jahren an professionelle Kunstschaffende, Institutionen und Interessierte und strebt eine Wissensvermittlung im Bereich inklusiver und partizipativer Kultur an. Die Volxakademie entwickelt ihre Beratungskonzepte jeweils individuell zugeschnitten auf ihre Teilnehmer*innen, deren Ausgangslage und Fragestellungen. Berichte aus Workshops und Kooperationen z.B. mit der Zeche Zollern, dem LWL-Industriemuseum Dortmund, dem Center for Literature Burg Hülshoff oder aus der Quartierentwicklung, aber auch auf der Grundlage von Forschungsarbeit geben einen Einblick in die Wirkungsweise dieser Institution.
Ein lebendiger Eindruck in den Alltag der Volxkultur
Der Band gibt einen sehr umfangreichen und detaillierten Einblick in das Konzept der Volxkultur, ihre gesellschaftlichen Bezugspunkte sowie die über die vielen Jahre der praktischen Arbeit entstandene Weiterentwicklung der Idee. Er erinnert die vielen Mitstreiter*innen des Projekts und ihre Wegbegleiter*innen an gemeinsame Projekte, Stationen, Gedanken. Die Vielstimmigkeit der Autor*innen von der Künstlerischen Leitung, über ausgewählte Positionen der Forschung, Stimmen der Kooperationspartner bis hin zu den Teilnehmer*innen repräsentiert die Vielfalt der gelebten Kultur im Volxtheater.
Die Texte bewegen sich dementsprechend zwischen künstlerischen Konzepten mit zahlreichen Verweisen zu aktuellen soziologischen, philosophischen oder gesellschaftlichen Fragen, verdichteten Erlebnis- und Erfahrungsberichten bis hin zu wissenschaftlichen Fachbeiträgen. Diese Konzeption verleiht der Aufsatzsammlung eine umfassende Tiefe und Genauigkeit sowie einen hohen Grad an Authentizität. Umfangreiches Fotomaterial dokumentiert die Arbeit der Teilnehmer*innen im Rahmen von Workshops, Proben, Aufführungen und Gesprächen.
Diese Aufsatzsammlung richtet sich an alle Menschen, die sich für das Spannungsfeld zwischen Inklusion und Kunst interessieren. Die Texte bieten eine erste grundsätzliche Orientierung zu den wichtigsten Fragen und zeigen praktische Lösungsansätze am Beispiel der Theaterwerkstatt Bethel auf.
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