Kulturausgaben in Hessen
Leuchttürme in der Kulturpolitik
Das Land Hessen liegt im nationalen Vergleich auf der unteren Hälfte der Skala bei den Kulturausgaben, die Stadt Frankfurt hingegen steht bei den Kulturausgaben weiterhin mit an der Spitze. Die Stadt Frankfurt finanziert somit einen großen Teil der kulturellen Bedürfnisse der Region und stärkt so auch das kulturelle Image der gesamtem Rhein-Main-Region und auch des Landes Hessens.
Historisch bedingt liegen die höchsten Kulturausgaben des Landes bei der Finanzierung der Staatstheater und Landesmuseen in Kassel, Wiesbaden und Darmstadt. Die Stadt Frankfurt finanziert ihr Kulturangebot im Gegensatz zu diesen Städten weitgehend alleine. Dies wird von der Stadt Frankfurt zunehmend als ungerecht empfunden - insbesondere auch, weil Nutzen und Renommee des Frankfurter Kulturangebots auch der Rhein-Main-Region und ganz Hessen zu gute kommen. Zudem sind die Standorte der Staatstheater und Landesmuseen aus der heutigen Sicht nicht gerecht verteilt.
Diese Problemlage ist lange bekannt und gewinnt durch die leeren Kassen in den Haushalten immer mehr an Bedeutung. In den letzten Jahren wurden dann auch einige Lösungskonzepte vorgeschlagen. Dazu gehört auch die Drohung mit einem Kulturzwangsverband des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU). Am 17. Mai 2005 hat er per Gutachten feststellen lassen, dass in der Rhein-Main-Region Region die Nutzen und Kosten zwischen der Stadt Frankfurt und seinem Umland fair verteilt werden müssten und anerkannte damit endlich einen dringenden Handlungsbedarf. Da sich ein Großteil der kulturellen Einrichtungen von überregionaler Bedeutung in Frankfurt befinden und von Umland besucht würden, müssten die Umlandgemeinden einen finanziellen Ausgleich leisten. Diese kulturellen Einrichtungen von großer Bedeutung erhielten den Namen Leuchttürme.
Dabei ist die Definition eines kulturellen Leuchtturms schon eine Wissenschaft für sich und auch hier ist die Frage des Standpunktes nicht unerheblich. Während die Gutachter der Landesregierung die 36 Leuchttürme hauptsächlich anhand von Besucherzahlen definieren, sehe ich eher die angebotene Qualität als Merkmal eines Leuchtturmes. Dem Ministerpräsidenten allerdings war wichtig, das der Leuchtturm internationale Strahlkraft hat - egal ob dies in seiner Umgebung jemand wahrnehme oder nicht. Die Region müsse mit Großräumen wie London Paris oder Mailand konkurrenzfähig sein.
Die Landesregierung setzt also auf die Besucherzahlen und verbindet damit den Glauben nach weltweiter Strahlkraft. Dementsprechend wären diese Leuchttürme gegenüber den dezentralen Kultureinrichtungen, der Kulturarbeit in den Kommunen auch vorrangig und von allen Bürgerinnen und Bürgern des Rhein-Main Ballungsraumes zu finanzieren.
Um dies durchzusetzen, drohte die Landesregierung der Region mit einem Kulturzwangsverband, der am Widerstand der Kommunen und der Opposition im Hessischen Landtag scheiterte. Ein Mediationsverfahren wurde durchgeführt, das zum Ergebnis hatte, dass alle Kommunen im so genannten Ballungsraum diese ist ein per Gesetz willkürlich definiertes Verwaltungsbezirk der Rhein-Main-Region - nun einen Beitrag von 2.50 pro Einwohnerin und Einwohner in einen Fonds zahlen, und die Landesregierung einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 5,5 Millionen Euro dazulegt. Und das auch nur, wenn alle Kommunen des Ballungsraums die Vereinbarung mittragen und die Hälfte dieses kläglichen Betrags von 5,5 Millionen aus dem Kommunalen Finanzausgleich, also wieder mit Mitteln der Kommunen, gezahlt wird.
Dieser Vorschlag ist deshalb unzureichend, weil er kaum neues Geld in die Kultur bringt und die Kulturhaushalte der Kommunen in der Region schwächt. Am Anfang der Debatte hatte der Hessische Ministerpräsident noch angekündigt, für die Kulturförderung Rhein-Main 7 bis 12 Millionen aus Landesmitteln bereitzustellen. Dieser Betrag war ohnehin sehr niedrig, gerade wenn man bedenkt, dass es in anderen Ländern wie etwa Bayern oder Baden-Württemberg völlig selbstverständlich ist, dass die Kultur mit überregionaler oder gar internationaler Strahlkraft, also die Leuchttürme, aus Landesmitteln gefördert wird. Das Ergebnis der Mediation bedeutet also: für die Kultur viel zu wenig, für die Kommunen viel zu viel.
Der Vorschlag der Landesregierung basiert ausschließlich auf einem Kulturbegriff, der lediglich auf Großprojekte - die so genannten kulturellen Leuchttürme setzt. Die Definition der kulturell bedeutsamen Einrichtungen im Rhein-Main-Gebiet war willkürlich. Handlungsleitend waren hier keine kulturpolitischen Erwägungen, sondern der Wunsch, einen finanziellen Ausgleichsmechanismus zu etablieren. Die Leuchtturmliste enthielt zu wenige Einrichtungen, um die kulturelle Vielfalt der Region abzubilden.
Auch weigert sich die Landesregierung beharrlich dagegen, die Städte Wiesbaden und Darmstadt in ihre Überlegungen und Planungen mit einzubeziehen, obwohl diese beiden Städte mit ihren Landesmuseen und den beiden Staatstheatern eine wichtige Rolle in der Kulturlandschaft der Rhein-Main- Region spielen und im Gegensatz zu Frankfurt erhebliche Landesmittel für den Betreib dieser Kultureinrichtungen erhalten.
Auch ich spreche mich nicht gegen die überörtliche Förderung von Kulturinstitutionen aus, die auch überregional angesehen sind. Dies muss aber im Zusammenhang mit dem kulturellen Zusammenwachsen der Rhein-Main Region stehen. Deshalb wollen wir in einen zweigeteilten Kulturfonds Rhein- Main investieren, der für exzellente Kultur (Leuchttürme) sowie kulturelle Projekte der Region zur Verfügung stehen soll. Dieser Fonds sollte zur Hälfte und in der Höhe von 30 Millionen EURO durch Landesmittel und zu je 25 Prozent durch Spenden aus der Wirtschaft gespeist werden. Angesichts der Bedeutung von Kultur als Standortfaktor halte ich eine solche public-privatepartnership Lösung für angemessen und erstrebenswert. Die weiteren 25 Prozent müssen die Kommunen, die den jeweiligen Zuschlag bekommen, aus ihren Haushalten finanzieren.
Durch diesen Fonds sollen zeitlich begrenzt exzellente und innovative kulturelle Projekte und Institutionen gefördert werden. Er soll zu zwei Dritteln für die Projekte mit überregionaler Ausstrahlung zur Verfügung stehen und zu einem Drittel zur Förderung kleinerer und neuer Kulturprojekte, auf die sich die Kommunen oder die Kulturschaffenden selbst bewerben können. Um die Zusammenarbeit in der Region zu fördern, ist dabei die Bedingung, dass sich mindestens zwei Städte der Region an dem eingereichten Projekt beteiligen, z.B. mit einem überregionalen Kongress zum Historismus der Städte Wiesbaden und Darmstadt.
Unser Vorschlag setzt also nicht allein auf die Hochkultur, sondern hat - bei einen berechtigten Ausgleich für die Stadt Frankfurt - das Zusammenwachsen der Kulturregion Rhein-Main und eine gemeinsame kulturelle Identität zum Ziel. Die Stadt Frankfurt muss durch eine gerechtere Verteilung der Finanzierung der hessischen Staatstheater und Landesmuseen finanziell entlastet werden und nicht auf Kosten der Umlandgemeinden.
SARAH SORGE ist Vizepräsidentin des Hessischen Landtags sowie Kultur- und wissenschaftspolitische Sprecherin der GRÜNEN Landtagsfraktion
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