Museumspolitik
Verkauf von Exponaten der Hamburger Museen?
Die aktuelle und sehr kontrovers geführte Diskussion zur Frage, ob Museen in öffentlicher Trägerschaft grundsätzlich Exponate veräußern dürfen/sollen, zeigt, dass Aufklärungsbedarf besteht.
Ein Hinweis "Stellen Sie sich vor, das Werk von Caspar David Friedrich wird verkauft" lässt sich rasch als Provokation entlarven. Denn es dürfte kaum jemanden geben, der tatsächlich über den Verkauf von Premium-Werken nachdenkt. Auch wird niemand ernsthaft in Betracht ziehen, von Stiftern übereignete Werke zu veräußern. Und niemand, der redlich agiert, käme auf die Idee, Werke mit Verkaufsabsichten zu belegen, die ihm gar nicht gehören (sondern beispielsweise als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt werden). Folglich sollte man all diese Werke aus der öffentlich geführten Diskussion herausnehmen, falls man an einem konstruktiven Meinungsaustausch interessiert ist.
Selbst wenn man diese drei Bedingungen zu Ausschlusskriterien für Verkaufsüberlegungen erklärt, werden die Hamburger Museen immer noch auf tausende (!!) Exponate zugreifen können, die weder ein Premium-Werk, noch ein von Stiftern übereignetes Werk, noch eine Leihgabe sind. Allerdings: Frei von jenen Ausschlusskriterien befindet sich ein Großteil der Sammlungsbestände ohnehin gar nicht im Eigentum der Hamburger Museumsstiftungen, sondern im Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg - durchaus ein "Webfehler" bei der hastigen Verselbstständigung der Staatlichen Museen Ende der 1990er Jahre. Folglich darf der Museums-Vorstand (= Museumsdirektor und Kaufmännischer Direktor) letztinstanzlich über viele dieser Werke gar nicht befinden, da sie sich nur im Besitz, nicht aber im Eigentum der Museumsstiftungen befinden.
Zudem offenbarte die vor wenigen Monaten abgeschlossene, zweite Evaluation der Hamburger Museumsstiftungen erneut, dass diese nicht in Gänze wissen, was sich bei ihnen im Depot befindet. Das ist ein Umstand, der allerdings auch auf viele andere Museen andernorts zutrifft. Dennoch mahnte die Evaluierungskommission mit Nachdruck eine Inventarisation der Sammlungsbestände an.
Die Erklärung von Frau Senatorin v. Welck "Kunstwerke bewahren, nicht verkaufen" ist emotional betrachtet verständlich, da sie selbst lange Zeit Museen geführt hat. Für eine politische Repräsentantin des Trägers der Staatlichen Museumsstiftungen, nämlich der Freien und Hansestadt Hamburg, ist eine solch kategorische Ablehnung aber zu kurz gedacht und vielleicht auch unklug. Denn selbst der Deutsche Museumsbund tabuisiert keineswegs den Gedanken von Exponatverkäufen durch Museen. Ganz im Gegenteil, er öffnet sich dieser Option ganz bewusst. Er tut dies u.a. mit der Begründung, dass die Museen die Entscheidungshoheit über Exponatverkäufe bei sich halten sollten, um nicht Gefahr zu laufen, dass ggf. andere (z.B. Finanzpolitiker) dies von ihnen verlangen oder gar statt ihrer tun. Die Gremien des Museumsbundes, die sich mit dieser Frage befassen, knüpfen die Veräußerung von Exponaten allerdings an eine Bedingung: Die Verkaufserlöse sollen z.B. nicht dem finanziellen Ausgleich struktureller Defizite dienen, sondern dem Erwerb anderer Exponate.
Dieses Junktim hat sogar Potenzial zur Künstlerförderung, die eigentlich im Sinne der politisch Verantwortlichen sein müsste. Würden wir statt dessen dem Wunsch der Senatorin konsequent folgen, hieße dies angesichts schrumpfender (und zum Teil sogar überhaupt nicht mehr vorhandener) Ankaufsetats, dass Werke aus früheren Jahrhunderten zwar bewahrt, aber keine Werke der Neuzeit erworben werden könnten. Daraus wiederum resultierte, dass jungen Künstlern beispielsweise die Möglichkeit genommen würde, ihre Werke an Museen zu verkaufen. Irgendwann würde man dann rückblickend feststellen, dass beispielsweise die Hamburger Kunsthalle umfangreiche Sammlungen von Exponaten aus früheren Jahrhunderten beherbergt, aber kaum Exponate aus der heutigen Zeit. Den folgenden Generationen würden somit Zeugnisse des kreativen Schaffens unserer Zeit fehlen.
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