Barrierefreie Programmhefte
Der Wurlitzer
Seit drei Jahren gibt es in Wien ein Kunst und Kultur-Programm in leichter Sprache, den Wurlitzer. Hunger auf Kunst und Kultur, initiierte das Projekt. Gemeinsam mit Jugend am Werk, und ausgewählten Kulturpartnern wird das Programmheft in leichter Sprache jährlich umgesetzt. Wir sprachen mit Monika Wagner von der Initiative Hunger auf Kunst und Kultur über den Wurlitzer.
KMN: Frau Wagner, wie kam es zu der Idee, ein Programmheft in leichter Sprache herauszugeben?
Monika Wagner: Die Idee gab es bereits 2009. Denn seit 2009 gibt es die Projektschiene Kulturtransfair, die jeweils eine Sozialeinrichtung mit einer Kultureinrichtung vernetzen. Die beiden Partner überlegen sich dann ein gemeinsames Vermittlungsprojekt. 2009 waren u.a. das Theater Dschungel Wien und Jugend am Werk, eine Werkstätte für Menschen mit Behinderung, Partner. Aus der Zusammenarbeit ist ein theaterpädagogisches Projekt entstanden.
Das Projekt kam gut an und die Frage, warum die theaterinteressierten TeilnehmerInnen nicht eigenständig ins Theater gehen stand im Raum. Es kam heraus, dass sie die Programmhefte und Informationen über Theaterstücke schlecht verstehen. Auch wie sie zur gewünschten Kultureinrichtung kommen war nicht klar. Damit verbunden waren dann auch Ängste, dass sie nie mehr eine Karte bekommen, wenn sie einmal etwas falsch machen.
Es war also klar, dass es hier ein Tool braucht, eben ein Programmheft in einfacher, leichter Sprache. Wir hatten damals noch etwas Projektgeld zur Verfügung und konnten so 2010 eine Nullnummer des Wurlitzers herausgeben.
KMN: Woher kommt der Name Wurlitzer?
MW: Wurlitzer heißt das Programmheft deshalb, weil die Menschen, von denen dieses Projekt ausging, aus einer Werkstätte von Jugend am Werk in der Wurlitzergasse in Wien sind.
KMN: Wer gestaltet das Heft?
MW: Die Programmhefte werden von einer Gruppe von fünf bis sechs Menschen mit Lernschwierigkeiten in ihre eignen Sprachlichkeit übersetzt. Unterstützt werden sie dabei von einer Sozialarbeiterin.
KMN: Wie entwickelt sich der Wurlitzer inhaltlich?
MW: Wir bekommen Rückmeldungen der NutzerInnen und ich frage nach, in welche Richtung es gehen soll, welche Kulturveranstaltungen oder Kultureinrichtungen von Interesse sind. Anschließend suche dann nach den Empfehlungen der KlientInnen und aus eigener Initiative Kultureinrichtungen aus, die wir in den nächsten Wurlitzernummern vorstellen. Wir haben ja pro Heft nur für 10 Kultureinrichtungen Platz.
KMN: Sie bekommen direkt Feedback von den NutzerInnen?
MW: Ich habe Ansprechpersonen in den Sozialeinrichtungen, in denen das Heft aufliegt, die mir dann Feedback der NutzerInnen weiterleiten. Ich bekomme dann Verbesserungswünsche. In der ersten Ausgabe wurde beispielsweise das Du verwendet, weil das bei den Menschen, die das Heft geschrieben haben, so Usus war. Das wurde von anderen NutzerInnen kritisiert. Wir habe das dann auch angenommen und geändert.
KMN: Für die Nullnummer konnte noch übriges Projektgeld verwendet werden, wie ist es mit der Finanzierung weitergegangen?
MW: Wir haben eine Spende vom Theater Akzent bekommen. Damit konnte ich die erste Ausgabe, in der Form wie sie jetzt vorliegt, finanzieren. Seit dem wird das Heft über Jugend am Werk und Lebenshilfe Wien, zwei Einrichtungen, die ganz speziell mit Menschen mit Behinderungen arbeiten, und mit einer kleinen Spende von Auftakt GmbH finanziert.
Es gibt aber auch PrivatspenderInnen, die dann zweckgebunden spenden. Auch über unsere Website spenden Menschen für den Wurlitzer.
KMN: Was ist Ihnen wichtig am Wurlitzer?
MW: Es ist schön und wichtig, dass der Wurlitzer aus einer Eigeninitiative entstanden ist und von den Betroffenen selbst nach ihren eigenen Vorstellungen gestaltet wird. Das Symbol für Theater im Wurlitzer ist zum Beispiel eine Bühne mit Schauspielern. Üblich sind zwei Masken, aber das steht für die MacherInnen eher für Fasching. Es ist eben gut und wichtig, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten selbst gestalten können, so wie es für sie passt.
KMN: Der Wurlitzer wird ja gedruckt und digital angeboten. In welcher Druckauflage erscheint er?
MW: Ja, es gibt eine haptische Ausgabe, da viele Menschen keinen Internetzugang haben. Wir produzieren 1000 Stück im Jahr. Der Wurlitzer wird über Hunger auf Kunst und Kultur vertrieben und wir informieren alle Sozialeinrichtungen. Er wird gut angenommen und interessanterweise wird das Programmheft nicht nur im Bereich von Lernschwierigkeiten verwendet, sondern auch bi Deutschkursen. Menschen mit geringen Deutschkenntnissen wird so der Zugang zu Kunst und Kultur in Wien erleichtert. Wir möchten zusätzlich einen Kurzfragebogen für die NutzerInnen gestalten, damit wir noch besser sehen können, was man verändern oder verbesser kann.
KMN: Gab es während der gesamte Projektzeit etwas mit dem sie nicht gerechnet haben? Sie haben erwähnt, dass auch Menschen mit geringen Deutschkenntnissen den Wurlitzer nutzen.
MW: Ja, aber nicht nur von Personen mit Migrationshintergrund. Das ist ein Irrglaube. Beispielsweise bestellt auch die Österreichische Heilsarmee Programmhefte für ihre KlientInnen. Damit habe ich zum Beispiel nicht gerechnet. Es gibt aber genügend Menschen, aus welchen Gründen auch immer, für die es einfach wichtig ist, dass Dinge einfach und klar formuliert sind.
KMN: Was müssen Kultureinrichtungen beachten, damit es Menschen mit Lernschwierigkeiten einfacher haben, ihr Angebot zu verstehen?
Es wäre wünschenswert, wenn jede Kultureinrichtung selbst auch etwas in leichter Sprache bereitstellen würde. Wenn man von Barrierefreiheit spricht, denkt man immer primär an Menschen mit körperlichen Behinderungen und ob es beispielsweise eine Rollstuhlrampe gibt. Aber Barrierefreiheit geht darüber hinaus und beinhaltet auch barrierefreie Sprache. Sind Texte und Informationen für alle Menschen gleich verständlich?
Auch wenn die Kultureinrichtungen leichte Sprache noch nicht im Normalbetrieb aufnehmen, denn das ist immer auch eine Kostenfrage, ist es wichtig, dass sie sensibilisiert werden. Das machen wir mit dem Wurlitzer.
Monika Wagner: Die Idee gab es bereits 2009. Denn seit 2009 gibt es die Projektschiene Kulturtransfair, die jeweils eine Sozialeinrichtung mit einer Kultureinrichtung vernetzen. Die beiden Partner überlegen sich dann ein gemeinsames Vermittlungsprojekt. 2009 waren u.a. das Theater Dschungel Wien und Jugend am Werk, eine Werkstätte für Menschen mit Behinderung, Partner. Aus der Zusammenarbeit ist ein theaterpädagogisches Projekt entstanden.
Das Projekt kam gut an und die Frage, warum die theaterinteressierten TeilnehmerInnen nicht eigenständig ins Theater gehen stand im Raum. Es kam heraus, dass sie die Programmhefte und Informationen über Theaterstücke schlecht verstehen. Auch wie sie zur gewünschten Kultureinrichtung kommen war nicht klar. Damit verbunden waren dann auch Ängste, dass sie nie mehr eine Karte bekommen, wenn sie einmal etwas falsch machen.
Es war also klar, dass es hier ein Tool braucht, eben ein Programmheft in einfacher, leichter Sprache. Wir hatten damals noch etwas Projektgeld zur Verfügung und konnten so 2010 eine Nullnummer des Wurlitzers herausgeben.
KMN: Woher kommt der Name Wurlitzer?
MW: Wurlitzer heißt das Programmheft deshalb, weil die Menschen, von denen dieses Projekt ausging, aus einer Werkstätte von Jugend am Werk in der Wurlitzergasse in Wien sind.
KMN: Wer gestaltet das Heft?
MW: Die Programmhefte werden von einer Gruppe von fünf bis sechs Menschen mit Lernschwierigkeiten in ihre eignen Sprachlichkeit übersetzt. Unterstützt werden sie dabei von einer Sozialarbeiterin.
KMN: Wie entwickelt sich der Wurlitzer inhaltlich?
MW: Wir bekommen Rückmeldungen der NutzerInnen und ich frage nach, in welche Richtung es gehen soll, welche Kulturveranstaltungen oder Kultureinrichtungen von Interesse sind. Anschließend suche dann nach den Empfehlungen der KlientInnen und aus eigener Initiative Kultureinrichtungen aus, die wir in den nächsten Wurlitzernummern vorstellen. Wir haben ja pro Heft nur für 10 Kultureinrichtungen Platz.
KMN: Sie bekommen direkt Feedback von den NutzerInnen?
MW: Ich habe Ansprechpersonen in den Sozialeinrichtungen, in denen das Heft aufliegt, die mir dann Feedback der NutzerInnen weiterleiten. Ich bekomme dann Verbesserungswünsche. In der ersten Ausgabe wurde beispielsweise das Du verwendet, weil das bei den Menschen, die das Heft geschrieben haben, so Usus war. Das wurde von anderen NutzerInnen kritisiert. Wir habe das dann auch angenommen und geändert.
KMN: Für die Nullnummer konnte noch übriges Projektgeld verwendet werden, wie ist es mit der Finanzierung weitergegangen?
MW: Wir haben eine Spende vom Theater Akzent bekommen. Damit konnte ich die erste Ausgabe, in der Form wie sie jetzt vorliegt, finanzieren. Seit dem wird das Heft über Jugend am Werk und Lebenshilfe Wien, zwei Einrichtungen, die ganz speziell mit Menschen mit Behinderungen arbeiten, und mit einer kleinen Spende von Auftakt GmbH finanziert.
Es gibt aber auch PrivatspenderInnen, die dann zweckgebunden spenden. Auch über unsere Website spenden Menschen für den Wurlitzer.
KMN: Was ist Ihnen wichtig am Wurlitzer?
MW: Es ist schön und wichtig, dass der Wurlitzer aus einer Eigeninitiative entstanden ist und von den Betroffenen selbst nach ihren eigenen Vorstellungen gestaltet wird. Das Symbol für Theater im Wurlitzer ist zum Beispiel eine Bühne mit Schauspielern. Üblich sind zwei Masken, aber das steht für die MacherInnen eher für Fasching. Es ist eben gut und wichtig, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten selbst gestalten können, so wie es für sie passt.
KMN: Der Wurlitzer wird ja gedruckt und digital angeboten. In welcher Druckauflage erscheint er?
MW: Ja, es gibt eine haptische Ausgabe, da viele Menschen keinen Internetzugang haben. Wir produzieren 1000 Stück im Jahr. Der Wurlitzer wird über Hunger auf Kunst und Kultur vertrieben und wir informieren alle Sozialeinrichtungen. Er wird gut angenommen und interessanterweise wird das Programmheft nicht nur im Bereich von Lernschwierigkeiten verwendet, sondern auch bi Deutschkursen. Menschen mit geringen Deutschkenntnissen wird so der Zugang zu Kunst und Kultur in Wien erleichtert. Wir möchten zusätzlich einen Kurzfragebogen für die NutzerInnen gestalten, damit wir noch besser sehen können, was man verändern oder verbesser kann.
KMN: Gab es während der gesamte Projektzeit etwas mit dem sie nicht gerechnet haben? Sie haben erwähnt, dass auch Menschen mit geringen Deutschkenntnissen den Wurlitzer nutzen.
MW: Ja, aber nicht nur von Personen mit Migrationshintergrund. Das ist ein Irrglaube. Beispielsweise bestellt auch die Österreichische Heilsarmee Programmhefte für ihre KlientInnen. Damit habe ich zum Beispiel nicht gerechnet. Es gibt aber genügend Menschen, aus welchen Gründen auch immer, für die es einfach wichtig ist, dass Dinge einfach und klar formuliert sind.
KMN: Was müssen Kultureinrichtungen beachten, damit es Menschen mit Lernschwierigkeiten einfacher haben, ihr Angebot zu verstehen?
Es wäre wünschenswert, wenn jede Kultureinrichtung selbst auch etwas in leichter Sprache bereitstellen würde. Wenn man von Barrierefreiheit spricht, denkt man immer primär an Menschen mit körperlichen Behinderungen und ob es beispielsweise eine Rollstuhlrampe gibt. Aber Barrierefreiheit geht darüber hinaus und beinhaltet auch barrierefreie Sprache. Sind Texte und Informationen für alle Menschen gleich verständlich?
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Mehr zum Thema Inklusion, Barrierefreiheit und leichte Sprache, können Sie in der März-Ausgabe des KM-Magazins nachlesen. Alle bisher erschienen Magazine stehen als kostenfreier Download bereit. Um keine der spannenden Ausgaben zu verpassen, können sie sich gerne bei uns registrieren und das KM-Magazin monatlich per e-mail erhalten.
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