19.12.2019
Autor*in
Julia Jakob
studierte Musikwissenschaft und Kulturmanagement in Weimar. Praktische Erfahrungen im Kulturbetrieb sammelte sie bei unterschiedlichen Festivals und in verschiedenen Veranstaltungsbüros sowie als Agentin bei weim|art e. V. Seit 2021 ist sie die Chefredakteurin des Kultur Management Network Magazins und stellvertretende Leiterin der Redaktion.
Jahresrückblick 2019
OK, KuMa!
2019 hat gezeigt, dass die Vogel Strauß-Taktik nirgends mehr gut funktioniert - weder wenn es um Strukturveränderungen, noch um Karriereplanung oder neue, unangenehme Diskurse geht. Denn in jedem dieser Bereiche würde Ihnen der Sand von außen abgegraben und die Taktik à la "OK, Boomer" zurückgewiesen werden. Was das Kulturmanagement stattdessen in diesem Jahr erprobt hat und in den kommenden Golden Twenties dringend erproben sollte, reflektieren wir in diesem Jahresrückblick.
Karriere in der Zukunft der Arbeit
Bereits seit 2018 widmen wir uns der Zukunft der Arbeit im Kulturbetrieb. Veränderungen wie Digitalisierung, Flexibilisierung, Mobilisierung sowie struktureller und kultureller Wandel sind in vielen Bereichen mittlerweile immer deutlicher spürbar - vielen Kultureinrichtungen ist aber immer noch nicht bewusst, was das für sie konkret bedeutet. Reicht es, eine*n Social Media-Manager*in einzustellen? Natürlich nicht. Es geht viel mehr um das große Ganze und grundsätzliche Strukturen. Wie das aussehen kann, zeigen kleinere Kultureinrichtungen oder auch Kulturunternehmen, beispielsweise Stagelink oder auch unser eigener Redaktionsalltag. Hier können sich auch große und schwieriger zu verändernde Kultureinrichtungen flexible und agile Arbeitsstrukturen abschauen und ihre Ängste abbauen. Einzelne der großen Häuser zeigen schon, dass das auch im öffentlichen Dienst nicht unmöglich ist. So berichtete bei uns beispielsweise Marcus Kieper von der Stiftung Stadtmuseum Berlin, wie diese ihre Arbeitsstrukturen verändert. Grundlage dafür ist etwas, das in hierarchischen Institutionen längst nicht immer selbstverständlich ist: die eigenen Mitarbeiter*innen als verantwortungsbewusste Menschen wahrnehmen und sie mitgestalten zu lassen. Ebenso können Kulturverwaltungen ein Zukunftsmanagement erproben, bei dem durch gemeinsamen Austausch jenseits des Dienstweges wertvolle Imaginationsräume eröffnet werden, um die Stadt gemeinsam zu gestalten und neu zu verhandeln. Dafür braucht es agile, kooperative Strukturen, wie die Kulturverwaltung Bonn unter Beweis stellt.
Untrennbar mit der Zukunft der Arbeit verbunden ist auch das Thema Karriere, denn die Veränderungen des Arbeitsmarkts sind auch im Kulturbereich nicht mehr zu ignorieren. Transformationsprozesse sollten dabei als Chance für neue Tätigkeitsbereiche und Karrierewege verstanden werden. Darüber hinaus ist der Fachkräftemangel zunehmend auch in der Kultur zu spüren. Eine gute Nachricht für Arbeitssuchende, denn für sie bedeutet das: mehr Freiheit, Wahlmöglichkeiten und eine bessere Verhandlungsbasis mit (potenziellen) Arbeitgebern. Dennoch muss Bewerben auch weiterhin gekonnt sein, weshalb wir gezeigt haben, worauf es bei einer erfolgreichen Bewerbung ankommt, wie Bewerber*innen ausgewählt werden und wie der Berufseinstieg im Kulturbereich gelingt. Und wenn der passende Job trotzdem nicht zu finden ist? Dann haben wir einen heißen Tipp: unseren Stellenmarkt Kulturmanagement. Darüber hinaus kann Arbeitslosigkeit aber auch neue Perspektiven eröffnen und produktiv genutzt werden. Den Kopf in den Sand zu stecken, ist also auch 2019 und darüber hinaus keine wirkliche Karriereoption. Zudem kann Ihnen auch unsere 2019 reaktivierte Berufsbildreihe helfen, neue Karrierechancen für sich zu erkennen.
Für die Kultureinrichtungen als Stellenanbieter heißen die aktuellen Veränderungen jedoch: In die Suche nach qualifiziertem Personal müssen sie nun wirklich investieren, denn sonst gehen die besten Bewerber*innen zur (auch nicht-kulturellen) Konkurrenz. Und das wird scheinbar immer mehr Häusern bewusst, denn unsere Top-Einträge im Stellenmarkt, die Stellensuchende kostenfrei einsehen können, aber auch Werbeposts für Jobangebote auf unserer Facebook- und Instagram-Seite waren in diesem Jahr echte Dauerbrenner (falls Sie also 2020 Mitarbeiter*innen finden wollen, haben wir hier auch für Sie Optionen). Darüber hinaus hängt die erfolgreiche Personalsuche auch mit den Erwartungen und Erfahrungen der Berufsanfänger*innen zusammen. Denn immer häufiger klafft eine Lücke zwischen den Erwartungen der Arbeitgeber*innen und denen der Generation Y, der bereits mehr als ein Drittel aller aktuellen Arbeitnehmer*innen angehören. Was Kultureinrichtungen über sie wissen sollten, um sie langfristig halten zu können, zeigt eine aktuelle Studie aus diesem Jahr.
Bereits seit 2018 widmen wir uns der Zukunft der Arbeit im Kulturbetrieb. Veränderungen wie Digitalisierung, Flexibilisierung, Mobilisierung sowie struktureller und kultureller Wandel sind in vielen Bereichen mittlerweile immer deutlicher spürbar - vielen Kultureinrichtungen ist aber immer noch nicht bewusst, was das für sie konkret bedeutet. Reicht es, eine*n Social Media-Manager*in einzustellen? Natürlich nicht. Es geht viel mehr um das große Ganze und grundsätzliche Strukturen. Wie das aussehen kann, zeigen kleinere Kultureinrichtungen oder auch Kulturunternehmen, beispielsweise Stagelink oder auch unser eigener Redaktionsalltag. Hier können sich auch große und schwieriger zu verändernde Kultureinrichtungen flexible und agile Arbeitsstrukturen abschauen und ihre Ängste abbauen. Einzelne der großen Häuser zeigen schon, dass das auch im öffentlichen Dienst nicht unmöglich ist. So berichtete bei uns beispielsweise Marcus Kieper von der Stiftung Stadtmuseum Berlin, wie diese ihre Arbeitsstrukturen verändert. Grundlage dafür ist etwas, das in hierarchischen Institutionen längst nicht immer selbstverständlich ist: die eigenen Mitarbeiter*innen als verantwortungsbewusste Menschen wahrnehmen und sie mitgestalten zu lassen. Ebenso können Kulturverwaltungen ein Zukunftsmanagement erproben, bei dem durch gemeinsamen Austausch jenseits des Dienstweges wertvolle Imaginationsräume eröffnet werden, um die Stadt gemeinsam zu gestalten und neu zu verhandeln. Dafür braucht es agile, kooperative Strukturen, wie die Kulturverwaltung Bonn unter Beweis stellt.
Untrennbar mit der Zukunft der Arbeit verbunden ist auch das Thema Karriere, denn die Veränderungen des Arbeitsmarkts sind auch im Kulturbereich nicht mehr zu ignorieren. Transformationsprozesse sollten dabei als Chance für neue Tätigkeitsbereiche und Karrierewege verstanden werden. Darüber hinaus ist der Fachkräftemangel zunehmend auch in der Kultur zu spüren. Eine gute Nachricht für Arbeitssuchende, denn für sie bedeutet das: mehr Freiheit, Wahlmöglichkeiten und eine bessere Verhandlungsbasis mit (potenziellen) Arbeitgebern. Dennoch muss Bewerben auch weiterhin gekonnt sein, weshalb wir gezeigt haben, worauf es bei einer erfolgreichen Bewerbung ankommt, wie Bewerber*innen ausgewählt werden und wie der Berufseinstieg im Kulturbereich gelingt. Und wenn der passende Job trotzdem nicht zu finden ist? Dann haben wir einen heißen Tipp: unseren Stellenmarkt Kulturmanagement. Darüber hinaus kann Arbeitslosigkeit aber auch neue Perspektiven eröffnen und produktiv genutzt werden. Den Kopf in den Sand zu stecken, ist also auch 2019 und darüber hinaus keine wirkliche Karriereoption. Zudem kann Ihnen auch unsere 2019 reaktivierte Berufsbildreihe helfen, neue Karrierechancen für sich zu erkennen.
Für die Kultureinrichtungen als Stellenanbieter heißen die aktuellen Veränderungen jedoch: In die Suche nach qualifiziertem Personal müssen sie nun wirklich investieren, denn sonst gehen die besten Bewerber*innen zur (auch nicht-kulturellen) Konkurrenz. Und das wird scheinbar immer mehr Häusern bewusst, denn unsere Top-Einträge im Stellenmarkt, die Stellensuchende kostenfrei einsehen können, aber auch Werbeposts für Jobangebote auf unserer Facebook- und Instagram-Seite waren in diesem Jahr echte Dauerbrenner (falls Sie also 2020 Mitarbeiter*innen finden wollen, haben wir hier auch für Sie Optionen). Darüber hinaus hängt die erfolgreiche Personalsuche auch mit den Erwartungen und Erfahrungen der Berufsanfänger*innen zusammen. Denn immer häufiger klafft eine Lücke zwischen den Erwartungen der Arbeitgeber*innen und denen der Generation Y, der bereits mehr als ein Drittel aller aktuellen Arbeitnehmer*innen angehören. Was Kultureinrichtungen über sie wissen sollten, um sie langfristig halten zu können, zeigt eine aktuelle Studie aus diesem Jahr.
Kultur vermitteln
Doch den Kulturbetrieb zeitgemäß und zukunftsfähig zu gestalten, bedeutet nicht nur, entsprechende Arbeitsstrukturen zu schaffen. Denn so schön wie die Kultur auch für uns ist - sie muss richtig vermittelt werden, wenn sie einem breiten Publikumsspektrum zugänglich sein soll. Deshalb ging es gleich in mehreren Ausgaben unseres Magazins um die Frage, wie Kulturbetriebe Menschen erreichen können. Der Kulturvermittlung widmeten wir die 141. Ausgabe, die zeigte, was es braucht, damit sich Vermittlungsanstrengungen lohnen: Kultureinrichtungen müssen die Erwartungen all ihrer (potenziellen) Besucher*innen in den Fokus rücken. Outreach und Audience Development sind dabei wichtige Schlüssel zum Erfolg, damit aus dem Museums- oder Theaterbesuch ein Kulturerlebnis wird, das zum Austausch anregt. Wie insbesondere kulturelles Erbe für Kinder und Jugendliche zugänglich gemacht und von ihnen angenommen wird, diskutierte darüber hinaus der diesjährige "Kinder zum Olymp!"-Kongress. Vincent Kresse (Geheime Dramaturgische Gesellschaft) hat dabei die Rolle von Kultureinrichtungen im Vermittlungsgame auf den Punkt gebracht: "Wozu werden wir öffentlich gefördert, wenn wir nicht auch ALLE erreichen wollen?"
Postkolonialismus
Sich 2019 mit dem Kulturerbe auseinanderzusetzen, bedeutet aber nicht nur, sich an dessen Schönheit zu erfreuen. Nach dem Europäischen Kulturerbejahr 2018 und den Debatten um das Humboldt-Forum ist das Thema Postkolonialismus nun endgültig auch im deutschsprachigen Raum angekommen. Dabei geht es nicht nur darum, für die koloniale Vergangenheit Verantwortung zu übernehmen, sondern um tiefgehende paternalistische und mitunter herabwürdigende Denk- und Sichtweisen auf außereuropäische Kultursparten. Für Deutschland heißt das insbesondere, sich endlich mit internationalen Kontexten und Themen zu befassen und nicht mehr nur mit sich selbst. Aktuell sind davon vor allem die Museen betroffen. Aber auch Theater und Konzerthäuser werden sich künftig mit ihrem Kanon und dessen Überarbeitung auseinandersetzen müssen. Darüber hinaus haben wir mit der Sommerausgabe unseres internationalen Journals gezeigt, wie man im Zuge der Globalisierung mit Kunst und Kultur außerhalb ihres ursprünglichen Kontexts im Kulturmanagement umgehen kann.
Hurra, die Welt geht unter
Dass Kunst (und Kultur) zwar schön ist, aber viel Arbeit macht, ist gemeinhin bekannt. Aber haben Sie sich schon einmal Gedanken darum gemacht, wie es um den ökologischen Fußabdruck unserer Branche bestellt ist? Ach, der wird schon nicht so groß sein? Die 100. van Gogh-Ausstellung oder das Gastspiel der Sinfoniker XY in China sind da doch wichtiger? Die FFF-Kids werden das schon richten, oder nicht? Nein, verdammt! Gerade mit dem Bildungsauftrag, den die Kulturlandschaft zu erfüllen hat, und mit der liebevoll gepflegten Attitüde der moralischen Überlegenheit liegt es durchaus in der Verantwortung Kulturschaffender, sich für Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit ernsthaft einzusetzen. Eine Beteiligung an den Fridays for Future-Demonstrationen - aber nur in der Mittagspause, weil der Arbeitgeber die Mitarbeiter*innen nicht freistellt - reicht bei Weitem nicht aus.
Besonders erschütternd sind dabei die CO2-Werte des weltweiten Tourneegeschäfts. Weiteren CO2-Ausstoß erzeugt darüber hinaus der Musikkonsum selbst: Musikstreaming und Livestreams verursachen zwar weniger Müll als analoge Formate, erzeugt aber fast doppelt so viele CO2-Emissionen. Wenn Coldplay vorerst dem Klima zuliebe nicht mehr touren wollen oder Billie Eilish ihre Konzerte "as eco-friendly and green as possible" machen will, setzen sie also neue Maßstäbe, für die sie auch Einbußen bei sich und ihren Fans in Kauf nehmen. Diese Musiker*innen machen damit einen Schritt in die richtige Richtung, dem der gesamte Kulturbetrieb folgen muss. Die Stellungnahme der Artists-for-Future zu unterzeichnen, ist dabei nur ein Anfang. Wichtiger und vor allem nachhaltiger wäre für jede Einrichtung ein eigenes Klimaschutzkonzept, wie es das Kölner Schokoladenmuseum vormacht.
Damit verbunden müssen sich die Häuser immer wieder fragen, wie klimafreundlich und sinnvoll ihr jeweiliges Vorhaben ist. Müssen die Sinfoniker XY unbedingt den chinesischen Raum erobern? Sollte Museum XY nicht lieber eine Ausstellung zu Nachhaltigkeit machen, damit Sonnenblumen künftig nicht nur aus Öl auf Leinwand bestehen? Und bevor Sie angesichts der scheinbaren Unmöglichkeit dieser Aufgabe zu einer Salzsäule erstarren, finden Sie in unserem internationalen Magazin einige Beispiele für den Umgang mit Krisen im Kulturbetrieb - seien sie nun strukturell oder politisch.
Being Kultur Management Network
Neben diesen spannenden Themen und Ansätzen haben wir uns 2019 auch uns selbst gewidmet. Dieses Mal gab es zwar keinen Relaunch (zum Glück!), aber dafür eine 150. Magazin-Ausgabe. Für uns war dieses Jubiläum Anlass, eine Transparenzoffensive zu starten und unseren Leser*innen einen Blick hinter die Kulissen von Kultur Management Network zu gewähren. Darüber hinaus haben wir uns nach unserem erfolgreichen Start auf Instagram auch endlich an einen WhatsApp-Newsletter gewagt - bis WhatsApp den Versand solcher Newsletter Anfang Dezember 2019 untersagt hat. Aber da wir Ihnen ja vorleben und nicht nur erzählen wollen, wie Sie Kommunikation im Netz betreiben sollen, sind wir natürlich schon dabei, neue Mittel und Wege in der Messenger-Kommunikation zu erproben - zum Beispiel bei Telegram.
Und wie vergangenes Jahr bereits angekündigt, haben wir im März 2019 auch unseren Weiterbildungsbereich um "Leitfäden & Arbeitshilfen" erweitert. Diese bieten Ihnen bestens aufbereitetes Wissen und von Expert*innen in der Praxis erprobte Lösungsansätze, um die genannten Themen selbst anzugehen. Sie erleichtern damit den Arbeitsalltag von Entscheider*innen, Fach- und Führungskräften aller künstlerischen Sparten und Tätigkeitsbereiche. Neue Themen sind dabei auch schon für 2020 geplant - schauen Sie also unbedingt vorbei.
Falls Sie noch Anregungen zu aktuellen Trends und Entwicklungen im Kulturmanagement haben, die wir behandeln sollen, schreiben Sie uns gern an redaktion (at) kulturmanagement.net. Wir freuen uns auf den Austausch mit unseren Leser*innen!
Ansonsten wünscht das gesamte Team von Kultur Management Network frohe Weihnachten und einen guten Rutsch in ein erfolg- und kulturreiches Jahr 2020.
Doch den Kulturbetrieb zeitgemäß und zukunftsfähig zu gestalten, bedeutet nicht nur, entsprechende Arbeitsstrukturen zu schaffen. Denn so schön wie die Kultur auch für uns ist - sie muss richtig vermittelt werden, wenn sie einem breiten Publikumsspektrum zugänglich sein soll. Deshalb ging es gleich in mehreren Ausgaben unseres Magazins um die Frage, wie Kulturbetriebe Menschen erreichen können. Der Kulturvermittlung widmeten wir die 141. Ausgabe, die zeigte, was es braucht, damit sich Vermittlungsanstrengungen lohnen: Kultureinrichtungen müssen die Erwartungen all ihrer (potenziellen) Besucher*innen in den Fokus rücken. Outreach und Audience Development sind dabei wichtige Schlüssel zum Erfolg, damit aus dem Museums- oder Theaterbesuch ein Kulturerlebnis wird, das zum Austausch anregt. Wie insbesondere kulturelles Erbe für Kinder und Jugendliche zugänglich gemacht und von ihnen angenommen wird, diskutierte darüber hinaus der diesjährige "Kinder zum Olymp!"-Kongress. Vincent Kresse (Geheime Dramaturgische Gesellschaft) hat dabei die Rolle von Kultureinrichtungen im Vermittlungsgame auf den Punkt gebracht: "Wozu werden wir öffentlich gefördert, wenn wir nicht auch ALLE erreichen wollen?"
Postkolonialismus
Sich 2019 mit dem Kulturerbe auseinanderzusetzen, bedeutet aber nicht nur, sich an dessen Schönheit zu erfreuen. Nach dem Europäischen Kulturerbejahr 2018 und den Debatten um das Humboldt-Forum ist das Thema Postkolonialismus nun endgültig auch im deutschsprachigen Raum angekommen. Dabei geht es nicht nur darum, für die koloniale Vergangenheit Verantwortung zu übernehmen, sondern um tiefgehende paternalistische und mitunter herabwürdigende Denk- und Sichtweisen auf außereuropäische Kultursparten. Für Deutschland heißt das insbesondere, sich endlich mit internationalen Kontexten und Themen zu befassen und nicht mehr nur mit sich selbst. Aktuell sind davon vor allem die Museen betroffen. Aber auch Theater und Konzerthäuser werden sich künftig mit ihrem Kanon und dessen Überarbeitung auseinandersetzen müssen. Darüber hinaus haben wir mit der Sommerausgabe unseres internationalen Journals gezeigt, wie man im Zuge der Globalisierung mit Kunst und Kultur außerhalb ihres ursprünglichen Kontexts im Kulturmanagement umgehen kann.
Hurra, die Welt geht unter
Dass Kunst (und Kultur) zwar schön ist, aber viel Arbeit macht, ist gemeinhin bekannt. Aber haben Sie sich schon einmal Gedanken darum gemacht, wie es um den ökologischen Fußabdruck unserer Branche bestellt ist? Ach, der wird schon nicht so groß sein? Die 100. van Gogh-Ausstellung oder das Gastspiel der Sinfoniker XY in China sind da doch wichtiger? Die FFF-Kids werden das schon richten, oder nicht? Nein, verdammt! Gerade mit dem Bildungsauftrag, den die Kulturlandschaft zu erfüllen hat, und mit der liebevoll gepflegten Attitüde der moralischen Überlegenheit liegt es durchaus in der Verantwortung Kulturschaffender, sich für Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit ernsthaft einzusetzen. Eine Beteiligung an den Fridays for Future-Demonstrationen - aber nur in der Mittagspause, weil der Arbeitgeber die Mitarbeiter*innen nicht freistellt - reicht bei Weitem nicht aus.
Besonders erschütternd sind dabei die CO2-Werte des weltweiten Tourneegeschäfts. Weiteren CO2-Ausstoß erzeugt darüber hinaus der Musikkonsum selbst: Musikstreaming und Livestreams verursachen zwar weniger Müll als analoge Formate, erzeugt aber fast doppelt so viele CO2-Emissionen. Wenn Coldplay vorerst dem Klima zuliebe nicht mehr touren wollen oder Billie Eilish ihre Konzerte "as eco-friendly and green as possible" machen will, setzen sie also neue Maßstäbe, für die sie auch Einbußen bei sich und ihren Fans in Kauf nehmen. Diese Musiker*innen machen damit einen Schritt in die richtige Richtung, dem der gesamte Kulturbetrieb folgen muss. Die Stellungnahme der Artists-for-Future zu unterzeichnen, ist dabei nur ein Anfang. Wichtiger und vor allem nachhaltiger wäre für jede Einrichtung ein eigenes Klimaschutzkonzept, wie es das Kölner Schokoladenmuseum vormacht.
Damit verbunden müssen sich die Häuser immer wieder fragen, wie klimafreundlich und sinnvoll ihr jeweiliges Vorhaben ist. Müssen die Sinfoniker XY unbedingt den chinesischen Raum erobern? Sollte Museum XY nicht lieber eine Ausstellung zu Nachhaltigkeit machen, damit Sonnenblumen künftig nicht nur aus Öl auf Leinwand bestehen? Und bevor Sie angesichts der scheinbaren Unmöglichkeit dieser Aufgabe zu einer Salzsäule erstarren, finden Sie in unserem internationalen Magazin einige Beispiele für den Umgang mit Krisen im Kulturbetrieb - seien sie nun strukturell oder politisch.
Being Kultur Management Network
Neben diesen spannenden Themen und Ansätzen haben wir uns 2019 auch uns selbst gewidmet. Dieses Mal gab es zwar keinen Relaunch (zum Glück!), aber dafür eine 150. Magazin-Ausgabe. Für uns war dieses Jubiläum Anlass, eine Transparenzoffensive zu starten und unseren Leser*innen einen Blick hinter die Kulissen von Kultur Management Network zu gewähren. Darüber hinaus haben wir uns nach unserem erfolgreichen Start auf Instagram auch endlich an einen WhatsApp-Newsletter gewagt - bis WhatsApp den Versand solcher Newsletter Anfang Dezember 2019 untersagt hat. Aber da wir Ihnen ja vorleben und nicht nur erzählen wollen, wie Sie Kommunikation im Netz betreiben sollen, sind wir natürlich schon dabei, neue Mittel und Wege in der Messenger-Kommunikation zu erproben - zum Beispiel bei Telegram.
Und wie vergangenes Jahr bereits angekündigt, haben wir im März 2019 auch unseren Weiterbildungsbereich um "Leitfäden & Arbeitshilfen" erweitert. Diese bieten Ihnen bestens aufbereitetes Wissen und von Expert*innen in der Praxis erprobte Lösungsansätze, um die genannten Themen selbst anzugehen. Sie erleichtern damit den Arbeitsalltag von Entscheider*innen, Fach- und Führungskräften aller künstlerischen Sparten und Tätigkeitsbereiche. Neue Themen sind dabei auch schon für 2020 geplant - schauen Sie also unbedingt vorbei.
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