Rückblick Konferenz "Kunst und Wirtschaft" 2006
Konferenz zu Kunst und Wirtschaft
Es gibt Tagungen, die zaghaft, fast unsicher beginnen, um dann umso rasanter Fahrt aufzunehmen. Dies traf in etwa für die Konferenz "Kunst und Wirtschaft" zu, die das Zentrum für Internationales Kunstmanagement (CIAM) am 8. und 9. September in Köln veranstaltete. Am ersten der beiden Tage gelang es den Referenten zunächst nicht, dem durchaus aktuellen Thema eine Richtung zu geben. Die einzelnen Vorträge standen weitestgehend zusammenhanglos im Raum.
Dr. Stephan Frucht, neuer Geschäftsführer des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft, ging auf das Verhältnis von Kultur und Wirtschaft ein und stellte 5 Thesen auf, die er allerdings nur sehr grob skizzierte. Kultur und Wirtschaft, so Dr. Frucht, sind kein Widerspruch, sondern ergänzen sich. In beiden "Welten" käme es auf Mut, Innovation und Leistungsbereitschaft an. Mit dem Verweis auf den Aspekt der Umwegrentabilität machte er zweitens deutlich, dass kulturelles Engagement der Wirtschaft unmittelbar nütze. Drittens bewiese ihr spielerischer Umgang mit Problemen, die Empathie, die emotionale Intelligenz oder auch die Offenheit, dass Künstler die besseren Manager sind. Die vierte These bestand in der Aussage, dass Kultur eine Investition in die Zukunft sei - im Unterschied zum Begriff der Subvention. Wirtschaft und Kultur, so Stephan Frucht in seiner fünften These, sind Lebensgrundlagen, Wirtschaft in materieller, Kunst in ideeller Hinsicht. Kultur sei immer noch ein wichtiger Standortvorteil für Deutschland, um die das Ausland uns beneide.
Ein bemerkenswerter Vortrag von Nordrhein-Westfalens Kulturstaatssekretär Grosse-Brockhoff eröffnete den zweiten Tag der Konferenz. In der jüngeren Vergangenheit sei ein falsches Bild vermittelt worden, dass sich die öffentliche Hand ausschließlich um die Kultur zu kümmern hat. Im Glauben, die parlamentarische Demokratie sei die beste Gewähr für Kunstfreiheit, entstand eine überdimensionale Kulturverwaltung, die in Kommunen häufig zu Mittelmaß statt künstlerischer Exzellenz geführt habe. Ein Vorwurf, für den er, Grosse-Brockhoff, "vor 20 Jahren noch verhauen worden wäre". Man sollte allerdings nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und nun das amerikanische Modell übernehmen mit etwa 96% privater Kulturförderung. Es gehe vielmehr darum, ein neues Verhältnis zwischen Kultur und Wirtschaft zu entwickeln. In einer Gesellschaft wie heute, in der das Bruttosozialprodukt zu mehr als 50% von geistigen Leistungen geprägt ist, ist man wie nie zuvor abhängig von Kreativität und Innovation. Kreativität ist zum wichtigsten Rohstoff geworden. Das gelte nach Ansicht des Kulturstaatssekretärs gerade für das Ruhrgebiet mit dem aktuellen industriellen Wandel.
Umso mehr muss man sich mit der Frage beschäftigen, wie man speziell mit kultureller Bildung den Humus für Creative Industries schaffen könne, statt ein Event an das andere zu reihen. Grosse-Brockdorff, der erst in Neuss und dann in Düsseldorf Kulturdezernent war, musste mehrere Jahre hintereinander Kürzungen zwischen 10 und 20 Prozent im städtischen Kulturetat bis hin zu Museums- und Bibliotheksschließungen durchsetzen. Ein Ende dieser Abwärtsspirale war nur möglich mit Partnern außerhalb der Politik. Die Wirtschaft würde nur in die Kulturförderung nachhaltig einsteigen, wenn der Status Quo beibehalten wird, sich also nicht die Politik zurückzieht in dem prozentualen Maße, wie sich Sponsoren engagieren. Inzwischen habe Düsseldorf einen größeren Kulturhaushalt als NRW insgesamt.
Ein erfolgreiches Praxisprojekt für ein unternehmerisches Engagement in Kunst und Kultur einer ganzen Region stellte Dr. Sabine Schormann mit der Niedersächsischen Sparkassenstiftung vor. Das Prinzip, dass sich ein Stifter für immer von seinem Geld trennt und sich danach das Projekt aus den Kapitalerträgen selbst trägt, ist hier exemplarisch umgesetzt. So entsteht die von allen immer wieder geforderte Unabhängigkeit der Kunst. Die Sparkassenstiftung mit Sitz in Hannover hat ein Fördervolumen pro Jahr von 3,5 Mill. , in den 20 Jahren ihres Bestehens also schon über 70 Mio. . Schormann machte auf den Unterschied bei der Finanzierung von Kulturprojekten zwischen Stiftung und Sponsoring durch ein Wirtschaftsunternehmen deutlich. Während der Sponsor das Ziel hat, neben auch einen Werbeeffekt als dritte Säule neben Marketing und Öffentlichkeitsarbeit zu erreichen, verfolgt der Stifter mäzenatische Zwecke. Die Nennung des Förderers ist nicht einmal Bedingung, wenn auch natürlich in der Praxis gewünscht, sei es durch Einladung zu Eröffnungen oder die Würdigung in einem Grußwort. Erhellend war der Vergleich zwischen der Kunstsammlung der Deutschen Bank und der Sammlung der Niedersächsischen Sparkassenstiftung in Form von Außendarstellungen, die sehr schön die unterschiedlichen Motivation zwischen Sponsoring und Mäzenatentum verdeutlichte.
Den Abschlussvortrag hielt Prof. Michael Hutter von der Universität Witten-Herdecke und sorgte für eine wichtige Abrundung des Themas durch kulturökonomische Zusammenhänge, die selten so verständlich artikuliert werden. Eines der wichtigsten Aussagen hier war die Unterscheidung in Sponsoring durch Unternehmer und durch Unternehmen. Der Unternehmer fördert meist aus privatem Interesse heraus, der Unternehmensvertreter jedoch vertritt die Interessen des Unternehmens. Dies hat unmittelbare Auswirkungen für die Ansprache eines potenziellen Sponsoren. Unternehmen nutzen auch zunehmend Kulturförderung kommunikativ, einerseits "um ihr Umfeld zu verstehen und um selbst dort Verständnis zu finden", andererseits um einen "Resonanzraum für interne Störungen und Stimmungen" zu schaffen. Hutter ist generell optimistisch, dass angesichts immer mehr Firmen, die sich engagieren, es ein noch besseres Verhältnis zwischen Kunst und Wirtschaft gibt. Künstler, die gegenüber Unternehmen antwortfähig sind, haben nach Meinung von Prof. Hutter gelernt, mit der Andersartigkeit von kommerziellen Entscheidungen kreativ umzugehen. Sie nutzen sie für ihre eigenen Ziele. Seit den 90er Jahren gäbe es eine neue Künstlergeneration, die sich auch für unternehmerische Prozesse interessieren, Zugang zu Unternehmen suchen. Dies führt zu einer neuen Qualität der Zusammenarbeit. Hutter verwies hier dankenswerter Weise auf den Vortrag von Prof. Anthony Cragg, Bildhauer und Unternehmer aus Wuppertal, der am ersten Konferenztag seine Sichtweise geschildert hatte, sich jedoch der größere Zusammenhang erst jetzt erschloss.
Und so rundete sich dann doch der Kreis ab, was tags zuvor noch nicht möglich schien. In einer nächsten Veranstaltung wünschte man sich außerdem eine Öffnung für internationale Aspekten zu diesem spannenden Thema, trägt doch das CIAM als Veranstalter bereits die Internationalität im Namen.
Ein bemerkenswerter Vortrag von Nordrhein-Westfalens Kulturstaatssekretär Grosse-Brockhoff eröffnete den zweiten Tag der Konferenz. In der jüngeren Vergangenheit sei ein falsches Bild vermittelt worden, dass sich die öffentliche Hand ausschließlich um die Kultur zu kümmern hat. Im Glauben, die parlamentarische Demokratie sei die beste Gewähr für Kunstfreiheit, entstand eine überdimensionale Kulturverwaltung, die in Kommunen häufig zu Mittelmaß statt künstlerischer Exzellenz geführt habe. Ein Vorwurf, für den er, Grosse-Brockhoff, "vor 20 Jahren noch verhauen worden wäre". Man sollte allerdings nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und nun das amerikanische Modell übernehmen mit etwa 96% privater Kulturförderung. Es gehe vielmehr darum, ein neues Verhältnis zwischen Kultur und Wirtschaft zu entwickeln. In einer Gesellschaft wie heute, in der das Bruttosozialprodukt zu mehr als 50% von geistigen Leistungen geprägt ist, ist man wie nie zuvor abhängig von Kreativität und Innovation. Kreativität ist zum wichtigsten Rohstoff geworden. Das gelte nach Ansicht des Kulturstaatssekretärs gerade für das Ruhrgebiet mit dem aktuellen industriellen Wandel.
Umso mehr muss man sich mit der Frage beschäftigen, wie man speziell mit kultureller Bildung den Humus für Creative Industries schaffen könne, statt ein Event an das andere zu reihen. Grosse-Brockdorff, der erst in Neuss und dann in Düsseldorf Kulturdezernent war, musste mehrere Jahre hintereinander Kürzungen zwischen 10 und 20 Prozent im städtischen Kulturetat bis hin zu Museums- und Bibliotheksschließungen durchsetzen. Ein Ende dieser Abwärtsspirale war nur möglich mit Partnern außerhalb der Politik. Die Wirtschaft würde nur in die Kulturförderung nachhaltig einsteigen, wenn der Status Quo beibehalten wird, sich also nicht die Politik zurückzieht in dem prozentualen Maße, wie sich Sponsoren engagieren. Inzwischen habe Düsseldorf einen größeren Kulturhaushalt als NRW insgesamt.
Ein erfolgreiches Praxisprojekt für ein unternehmerisches Engagement in Kunst und Kultur einer ganzen Region stellte Dr. Sabine Schormann mit der Niedersächsischen Sparkassenstiftung vor. Das Prinzip, dass sich ein Stifter für immer von seinem Geld trennt und sich danach das Projekt aus den Kapitalerträgen selbst trägt, ist hier exemplarisch umgesetzt. So entsteht die von allen immer wieder geforderte Unabhängigkeit der Kunst. Die Sparkassenstiftung mit Sitz in Hannover hat ein Fördervolumen pro Jahr von 3,5 Mill. , in den 20 Jahren ihres Bestehens also schon über 70 Mio. . Schormann machte auf den Unterschied bei der Finanzierung von Kulturprojekten zwischen Stiftung und Sponsoring durch ein Wirtschaftsunternehmen deutlich. Während der Sponsor das Ziel hat, neben auch einen Werbeeffekt als dritte Säule neben Marketing und Öffentlichkeitsarbeit zu erreichen, verfolgt der Stifter mäzenatische Zwecke. Die Nennung des Förderers ist nicht einmal Bedingung, wenn auch natürlich in der Praxis gewünscht, sei es durch Einladung zu Eröffnungen oder die Würdigung in einem Grußwort. Erhellend war der Vergleich zwischen der Kunstsammlung der Deutschen Bank und der Sammlung der Niedersächsischen Sparkassenstiftung in Form von Außendarstellungen, die sehr schön die unterschiedlichen Motivation zwischen Sponsoring und Mäzenatentum verdeutlichte.
Den Abschlussvortrag hielt Prof. Michael Hutter von der Universität Witten-Herdecke und sorgte für eine wichtige Abrundung des Themas durch kulturökonomische Zusammenhänge, die selten so verständlich artikuliert werden. Eines der wichtigsten Aussagen hier war die Unterscheidung in Sponsoring durch Unternehmer und durch Unternehmen. Der Unternehmer fördert meist aus privatem Interesse heraus, der Unternehmensvertreter jedoch vertritt die Interessen des Unternehmens. Dies hat unmittelbare Auswirkungen für die Ansprache eines potenziellen Sponsoren. Unternehmen nutzen auch zunehmend Kulturförderung kommunikativ, einerseits "um ihr Umfeld zu verstehen und um selbst dort Verständnis zu finden", andererseits um einen "Resonanzraum für interne Störungen und Stimmungen" zu schaffen. Hutter ist generell optimistisch, dass angesichts immer mehr Firmen, die sich engagieren, es ein noch besseres Verhältnis zwischen Kunst und Wirtschaft gibt. Künstler, die gegenüber Unternehmen antwortfähig sind, haben nach Meinung von Prof. Hutter gelernt, mit der Andersartigkeit von kommerziellen Entscheidungen kreativ umzugehen. Sie nutzen sie für ihre eigenen Ziele. Seit den 90er Jahren gäbe es eine neue Künstlergeneration, die sich auch für unternehmerische Prozesse interessieren, Zugang zu Unternehmen suchen. Dies führt zu einer neuen Qualität der Zusammenarbeit. Hutter verwies hier dankenswerter Weise auf den Vortrag von Prof. Anthony Cragg, Bildhauer und Unternehmer aus Wuppertal, der am ersten Konferenztag seine Sichtweise geschildert hatte, sich jedoch der größere Zusammenhang erst jetzt erschloss.
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