Kultur und Wirtschaft
Gedanken zur Gründung des World Culture Forum in Dresden
An diesem Wochenende findet in Dresden das Gründungssymposium des World Culture Forum statt. In einem Exklusivbeitrag für Kulturmanagement Network kündigt Dr. Joachim Kreutzkam von der Akademie für Gesellschaft und Wissenschaft einen grundlegenden Wandel in der öffentlichen Einstellung zum Verhältnis von Kultur und Wirtschaft an - in Deutschland und Europa.
Die erste der sechs thematischen Säulen, um die das Internationale Gründungs-Symposion World Culture Forum aufgebaut ist, befasst sich mit der Wahrnehmung der Kultur in der Gesellschaft. Die nachfolgenden Gedanken, die ich auch schon in Unternehmerkreisen geäußert habe, scheinen mir in besonderer Weise zu dieser ersten Themensäule zu passen.
Der Grundtenor meiner Gedanken lautet: Es wird zu einem grundlegenden Wandel in der öffentlichen Einstellung zum Verhältnis von Kultur und Wirtschaft kommen müssen. Das gilt letztlich für alle Länder und Regionen Europas.
Die Entwicklung der einzelnen Regionen in Europa ist natürlich untrennbar mit dem Schicksal des gesamten europäischen Einigungsprozesses verbunden. Wie wir alle wissen, basiert dieser Einigungsprozess - so wollte es der "politische Wille" (wessen Wille war das eigentlich?) - zunächst auf dem Konzept der marktökonomischen Integration, auf dem Konzept der Wirtschaftsunion.
In einer Verlautbarung des Europäischen Rates im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung vom 15. Dezember 1995 heißt es dazu unmißverständlich:
"Die Erweiterung ist eine politische Notwendigkeit und zugleich eine historische Chance für Europa. Da sie für die Stabilität und Sicherheit des Kontinents sorgt, wird sie nicht nur für die beitrittswilligen Staaten, sondern auch für die derzeitigen Mitglieder der Union neue Perspektiven des Wirtschaftswachstums und des allgemeinen Wohlstands eröffnen. Die Erweiterung muß dazu dienen, das europäische Integrationswerk unter Wahrung des Besitzstands der Gemeinschaft, der die gemeinsamen Politiken einschließt, zu stärken."
Diese Schlußfolgerung des Europäischen Rates kommentierte Wolfgang Böckenförde, bis 1996 Richter am Bundesverfassungsgericht, in einem Vortrag in der Siemens Stiftung in München mit folgenden überzeugenden Worten:
"Die politische Herausforderung der Erweiterung der Europäischen Union wird hier reduziert auf die Perspektive des Wirtschaftswachstums und der Wahrung des Besitzstandes der Gemeinschaft und ihrer Mitglieder. So kann aus ihr nichts werden. Die Europäische Union sitzt voll in der Ökonomie-Falle. Will Europa nicht stranden, darf es nicht länger als technisch-pragmatisches Konstrukt ökonomischer Rationalität erscheinen, das dabei ist, die Eigenheit der Völker ökonomisch zu verdampfen. Es muß als Ordnungsidee vermittelt und in einem klaren politischen Willen der Völker sowie der einzelnen Menschen verankert werden. Europa braucht Klarheit über sich selbst, über die Integrationsziele, die Integrationsdichte in seinen verschiedenen Regionen und über das Raumbild, das seine Einigung annehmen soll."
Ich will in sieben kurzen Thesen aufzuzeigen versuchen, in welcher Hinsicht es mir sinnvoll, wichtig und notwendig erscheint, das Thema "Kultur und Wirtschaft" eingehender zu beleuchten.
Als Motto, das ich über meine Thesen stelle, habe ich die - im heutigen Europa leider fast vergessene - Äußerung von Jean Monnet, dem Verfasser des Schuman-Plans und Präsidenten der Montanunion von 1952 bis 1955, gewählt: "Wenn ich das Ganze noch einmal zu machen hätte, würde ich mit der Kultur anfangen."
Gesellschaftliche Entwicklung ist nicht nur eine Angelegenheit des staatlichen, demokratisch-repräsentativen Gestaltungswillens, sondern zugleich auch und in erster Linie eine Aufgabe des Souveräns, der Bürgerinnen und Bürger.
Staatliche Institutionen mit repräsentativen Entscheidungsstrukturen können die gemeinsamen regionalen wie nationalen Entwicklungsziele und -strategien sozusagen als "Vierte Gewalt" - und gewissermaßen als verlängerter Arm der Medien - ohne eine vorausgehende, neu zu organisierende "bürgerliche Konsultative" zukünftig weder überzeugend entwerfen noch mit der Zustimmung vieler - eben mit gesellschaftlichem Konsens auf sich allein gestellt durchsetzen. Das erhellt und erklärt den politischen Zustand vieler Länder - nicht zuletzt unseres eigenen Landes, wenn man aufmerksam zu beobachten vermag.
Daß sich die politischen Institutionen immer noch so gebärden, als hätten sie das Problemlösungswissen für sich gepachtet oder könnten es sich - ohne Beteiligung einer stets lernbereiten "bürgerlichen Konsultative" - von Experten (von welchen eigentlich?) mit unseren Mitteln kaufen, könnte ihren Akzeptanzverfall nur noch beschleunigen.
Inwieweit gerade Reflexionen über das Verhältnis von Kultur und Wirtschaft ein wichtiger, beispielhafter Schritt zur Verwirklichung einer viel stärkeren Bürgerbeteiligung einer von mir bisher so genannten "bürgerlichen Konsultative" - in den Regionen und damit ein entscheidender Beitrag zu ihrer zukünftigen Entwicklung sein könnten, kann mit den folgenden sieben kurzen Thesen nur angerissen werden:
Der Grundtenor meiner Gedanken lautet: Es wird zu einem grundlegenden Wandel in der öffentlichen Einstellung zum Verhältnis von Kultur und Wirtschaft kommen müssen. Das gilt letztlich für alle Länder und Regionen Europas.
Die Entwicklung der einzelnen Regionen in Europa ist natürlich untrennbar mit dem Schicksal des gesamten europäischen Einigungsprozesses verbunden. Wie wir alle wissen, basiert dieser Einigungsprozess - so wollte es der "politische Wille" (wessen Wille war das eigentlich?) - zunächst auf dem Konzept der marktökonomischen Integration, auf dem Konzept der Wirtschaftsunion.
In einer Verlautbarung des Europäischen Rates im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung vom 15. Dezember 1995 heißt es dazu unmißverständlich:
"Die Erweiterung ist eine politische Notwendigkeit und zugleich eine historische Chance für Europa. Da sie für die Stabilität und Sicherheit des Kontinents sorgt, wird sie nicht nur für die beitrittswilligen Staaten, sondern auch für die derzeitigen Mitglieder der Union neue Perspektiven des Wirtschaftswachstums und des allgemeinen Wohlstands eröffnen. Die Erweiterung muß dazu dienen, das europäische Integrationswerk unter Wahrung des Besitzstands der Gemeinschaft, der die gemeinsamen Politiken einschließt, zu stärken."
Diese Schlußfolgerung des Europäischen Rates kommentierte Wolfgang Böckenförde, bis 1996 Richter am Bundesverfassungsgericht, in einem Vortrag in der Siemens Stiftung in München mit folgenden überzeugenden Worten:
"Die politische Herausforderung der Erweiterung der Europäischen Union wird hier reduziert auf die Perspektive des Wirtschaftswachstums und der Wahrung des Besitzstandes der Gemeinschaft und ihrer Mitglieder. So kann aus ihr nichts werden. Die Europäische Union sitzt voll in der Ökonomie-Falle. Will Europa nicht stranden, darf es nicht länger als technisch-pragmatisches Konstrukt ökonomischer Rationalität erscheinen, das dabei ist, die Eigenheit der Völker ökonomisch zu verdampfen. Es muß als Ordnungsidee vermittelt und in einem klaren politischen Willen der Völker sowie der einzelnen Menschen verankert werden. Europa braucht Klarheit über sich selbst, über die Integrationsziele, die Integrationsdichte in seinen verschiedenen Regionen und über das Raumbild, das seine Einigung annehmen soll."
Ich will in sieben kurzen Thesen aufzuzeigen versuchen, in welcher Hinsicht es mir sinnvoll, wichtig und notwendig erscheint, das Thema "Kultur und Wirtschaft" eingehender zu beleuchten.
Als Motto, das ich über meine Thesen stelle, habe ich die - im heutigen Europa leider fast vergessene - Äußerung von Jean Monnet, dem Verfasser des Schuman-Plans und Präsidenten der Montanunion von 1952 bis 1955, gewählt: "Wenn ich das Ganze noch einmal zu machen hätte, würde ich mit der Kultur anfangen."
Gesellschaftliche Entwicklung ist nicht nur eine Angelegenheit des staatlichen, demokratisch-repräsentativen Gestaltungswillens, sondern zugleich auch und in erster Linie eine Aufgabe des Souveräns, der Bürgerinnen und Bürger.
Staatliche Institutionen mit repräsentativen Entscheidungsstrukturen können die gemeinsamen regionalen wie nationalen Entwicklungsziele und -strategien sozusagen als "Vierte Gewalt" - und gewissermaßen als verlängerter Arm der Medien - ohne eine vorausgehende, neu zu organisierende "bürgerliche Konsultative" zukünftig weder überzeugend entwerfen noch mit der Zustimmung vieler - eben mit gesellschaftlichem Konsens auf sich allein gestellt durchsetzen. Das erhellt und erklärt den politischen Zustand vieler Länder - nicht zuletzt unseres eigenen Landes, wenn man aufmerksam zu beobachten vermag.
Daß sich die politischen Institutionen immer noch so gebärden, als hätten sie das Problemlösungswissen für sich gepachtet oder könnten es sich - ohne Beteiligung einer stets lernbereiten "bürgerlichen Konsultative" - von Experten (von welchen eigentlich?) mit unseren Mitteln kaufen, könnte ihren Akzeptanzverfall nur noch beschleunigen.
Inwieweit gerade Reflexionen über das Verhältnis von Kultur und Wirtschaft ein wichtiger, beispielhafter Schritt zur Verwirklichung einer viel stärkeren Bürgerbeteiligung einer von mir bisher so genannten "bürgerlichen Konsultative" - in den Regionen und damit ein entscheidender Beitrag zu ihrer zukünftigen Entwicklung sein könnten, kann mit den folgenden sieben kurzen Thesen nur angerissen werden:
Erste These:
Die Entwicklung eines Sozialgebildes, wie es eine Region darstellt, ist abhängig vom Zusammenspiel dreier Handlungsfelder: der Wirtschaft, der Politik und der Kultur. Alle drei Handlungsfelder stehen in einer wechselseitigen Abhängigkeit. Wirtschaft und Politik sind ohne eine starke Kultur langfristig instabil.
Diese These lässt sich mit wenigen Worten nur dann plausibel machen, wenn man sich bewusst wird, woher eigentlich die gesellschaftlichen Strukturen und der Wille, sie zu gestalten, herrühren. Letztlich erklären sie sich aus den historisch-anthropologisch verankerten Bedürfnisstrukturen des Menschen. Auf die Wirtschaft, Politik und Kultur einer Region bezogen bedeutet das:
Diese These lässt sich mit wenigen Worten nur dann plausibel machen, wenn man sich bewusst wird, woher eigentlich die gesellschaftlichen Strukturen und der Wille, sie zu gestalten, herrühren. Letztlich erklären sie sich aus den historisch-anthropologisch verankerten Bedürfnisstrukturen des Menschen. Auf die Wirtschaft, Politik und Kultur einer Region bezogen bedeutet das:
- Die Struktur der Wirtschaft in einer Region sollte die jeweiligen Wohlstandsbedürfnisse ihrer Bewohner berücksichtigen. Hierzu gehören alle Bedürfnisse nach Zivilisationsgütern wie Gesundheit, Ernährung, Mobilität, Unterkunft und Bekleidung.
- Die Struktur der Politik in einer Region sollte sich dagegen auf die Befriedigung der äußeren und inneren Sicherheitsbedürfnisse des Menschen konzentrieren. Hier geht es im wesentlichen um Ordnungsgüter wie innere und äußere Friedensordnung, demokratische Mitbestimmung, freiheitliche Rechtsordnung und soziale Marktordnung.
- Schließlich ist die Struktur der Kultur in einer Region eine Antwort auf die jeweiligen Orientierungsbedürfnisse des Menschen in seiner komplexen Um- und Mitwelt. Hier geht es um die Bereitstellung von Kulturgütern wie Sachorientierung, Wertorientierung, ästhetische Orientierung und um das entsprechende Angebot eines - in individueller wie sozialer Hinsicht - entwicklungsfördernden Lernumfelds.
Alle drei Bedürfniskategorien - Wohlstands-, Sicherheits- und Orientierungsbedürfnisse habe ich sie genannt - die sich mit einem Sammelbegriff als Entwicklungsbedürfnisse des Menschen bezeichnen lassen, können von Region zu Region sehr unterschiedliche Ausprägungen und Ausdrucksformen annehmen.
Europäische Integration findet mithin in dem Maße statt, wie sich Menschen verschiedener europäischer Regionen über alle drei Bedürfniskategorien sowie über den Zustand der Institutionen, die der Befriedigung dieser Bedürfnisse dienen, verständigen. Eine exklusive Fokussierung der Sichtweisen auf den ökonomischen Sektor ist mithin integrationsfeindlich. Selbst eine integrative Erweiterung der Sichtweisen um den politischen Sektor kann der Gefahr des Scheiterns der europäischen Integration nicht ausweichen.
Vor allem der kulturelle Sektor wird in Zukunft in den europäischen Ländern und Regionen eine zentrale Rolle spielen müssen, wenn es um eine zukunftsorientierte regionale Entwicklung im "europäischen Hause" geht. Das größte Hindernis scheinen hier jedoch die Verständigungsschwierigkeiten zu sein - schon in der einzelnen Region, aber fast unüberwindlich im internationalen und interregionalen kulturvergleichenden Dialog. Davon handelt die zweite These:
Europäische Integration findet mithin in dem Maße statt, wie sich Menschen verschiedener europäischer Regionen über alle drei Bedürfniskategorien sowie über den Zustand der Institutionen, die der Befriedigung dieser Bedürfnisse dienen, verständigen. Eine exklusive Fokussierung der Sichtweisen auf den ökonomischen Sektor ist mithin integrationsfeindlich. Selbst eine integrative Erweiterung der Sichtweisen um den politischen Sektor kann der Gefahr des Scheiterns der europäischen Integration nicht ausweichen.
Vor allem der kulturelle Sektor wird in Zukunft in den europäischen Ländern und Regionen eine zentrale Rolle spielen müssen, wenn es um eine zukunftsorientierte regionale Entwicklung im "europäischen Hause" geht. Das größte Hindernis scheinen hier jedoch die Verständigungsschwierigkeiten zu sein - schon in der einzelnen Region, aber fast unüberwindlich im internationalen und interregionalen kulturvergleichenden Dialog. Davon handelt die zweite These:
Zweite These:
Die unklare oder ambivalente Rolle der Kultur im heutigen europäischen Einigungsprozess ist Folge einer - noch immer anhaltenden, aber langsam abbröckelnden - entwicklungsbedingten Vormachtstellung eines ökonomistisch fixierten Individualismus negative Folgeerscheinung einer missverstandenen Aufklärung.
Diese These geht von folgenden geistes- und kulturgeschichtlichen Überlegungen aus: Die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Emanzipations-, Individualisierungs- und Differenzierungsprozesse in den vergangenen dreihundert Jahren haben den Industrienationen einen wissenschaftlich-technisch begründeten wirtschaftlichen Fortschritt gebracht, der so scheint es - vorübergehend sogar die Orientierungsfunktionen des kulturellen Sektors ersetzt hat, selbst - modernistisch ausgedrückt - "Kultcharakter" angenommen hat.
Man kann in diesem Zusammenhang von einem ökonomistisch fixierten oder einfach von einem ökonomistischen Individualismus sprechen, der die gesellschaftlichen Bewertungsprozesse heute noch immer bestimmt. Ein typisches Beispiel: Ein Mensch ohne Erwerbsarbeit, ein Arbeitsloser, ist im öffentlichen Bewußtsein ein Mensch zweiter Klasse.
Keiner würde ihn statt als Arbeitslosen oder "Arbeitsplatzverlierer" als "Freizeitgewinner" bezeichnen, dem es die Gesellschaft nunmehr ermöglichen kann, endlich für Tätigkeiten frei zu sein, die er schon immer gern im Interesse der Allgemeinheit und damit zugleich im eigenen Interesse tun wollte. Nur die gleichermaßen erforderlichen gemeinsamen Anstrengungen um das Wirtschaftswachstum und die Wohlstandssicherung hätten ihn schließlich daran gehindert, sich anderen humanen oder auch humanitären Tätigkeiten - durchaus im globalen Maßstab - zuzuwenden, die den ökonomischen Wachstumsprinzipien nicht unterliegen - z.B. ehrenamtlichen Tätigkeiten.
Der ökonomistische Individualismus tritt in der Form eines kollektiven Verdrängungsmechanismus auf. Dieser Mechanismus gehört noch immer zu den bestgehüteten Tabus in unserer Gesellschaft. Er hat auch dazu geführt, daß sich das Verständnis von Kultur in der öffentlichen Meinungsbildung (noch) nicht in gleicher Weise zu einer einheitlichen Kraft verdichten konnte wie die beiden Systeme Wirtschaft und Politik. Wohlstand und Sicherheit der Menschen standen - und stehen - eben im Vordergrund der öffentlichen Aufmerksamkeit. Die Gefahr der geistig-kulturellen Desorientierung Zeichen einer gesellschaftlichen "Unreife" oder überzogenen gesellschaftlichen "Pubertät" wird uns allen erst ganz langsam klar. Die Wirkung der Ersatzdroge wissenschaftlich-technischer Fortschritt lässt nur sehr langsam nach. Noch haben wir kaum Entzugserscheinungen.
Allerdings gehört die Bindestrich-Ethik-Inflation zu den untrüglichen Symptomen für das Fehlen eines ebenso umfassend reflektierten und verinnerlichten gesellschaftlichen Subsystems Kultur, wie es inzwischen Wirtschaft und Politik darstellen.
Auch der noch ganz uneinheitliche Gebrauch des Wortes "Kultur" - ich beziehe mich hier auf Beobachtungen im deutschen Sprachraum - zeigt die Unschärfen - um nicht zu sagen: die Profilschwäche - des Subsystems Kultur überdeutlich:
Diese These geht von folgenden geistes- und kulturgeschichtlichen Überlegungen aus: Die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Emanzipations-, Individualisierungs- und Differenzierungsprozesse in den vergangenen dreihundert Jahren haben den Industrienationen einen wissenschaftlich-technisch begründeten wirtschaftlichen Fortschritt gebracht, der so scheint es - vorübergehend sogar die Orientierungsfunktionen des kulturellen Sektors ersetzt hat, selbst - modernistisch ausgedrückt - "Kultcharakter" angenommen hat.
Man kann in diesem Zusammenhang von einem ökonomistisch fixierten oder einfach von einem ökonomistischen Individualismus sprechen, der die gesellschaftlichen Bewertungsprozesse heute noch immer bestimmt. Ein typisches Beispiel: Ein Mensch ohne Erwerbsarbeit, ein Arbeitsloser, ist im öffentlichen Bewußtsein ein Mensch zweiter Klasse.
Keiner würde ihn statt als Arbeitslosen oder "Arbeitsplatzverlierer" als "Freizeitgewinner" bezeichnen, dem es die Gesellschaft nunmehr ermöglichen kann, endlich für Tätigkeiten frei zu sein, die er schon immer gern im Interesse der Allgemeinheit und damit zugleich im eigenen Interesse tun wollte. Nur die gleichermaßen erforderlichen gemeinsamen Anstrengungen um das Wirtschaftswachstum und die Wohlstandssicherung hätten ihn schließlich daran gehindert, sich anderen humanen oder auch humanitären Tätigkeiten - durchaus im globalen Maßstab - zuzuwenden, die den ökonomischen Wachstumsprinzipien nicht unterliegen - z.B. ehrenamtlichen Tätigkeiten.
Der ökonomistische Individualismus tritt in der Form eines kollektiven Verdrängungsmechanismus auf. Dieser Mechanismus gehört noch immer zu den bestgehüteten Tabus in unserer Gesellschaft. Er hat auch dazu geführt, daß sich das Verständnis von Kultur in der öffentlichen Meinungsbildung (noch) nicht in gleicher Weise zu einer einheitlichen Kraft verdichten konnte wie die beiden Systeme Wirtschaft und Politik. Wohlstand und Sicherheit der Menschen standen - und stehen - eben im Vordergrund der öffentlichen Aufmerksamkeit. Die Gefahr der geistig-kulturellen Desorientierung Zeichen einer gesellschaftlichen "Unreife" oder überzogenen gesellschaftlichen "Pubertät" wird uns allen erst ganz langsam klar. Die Wirkung der Ersatzdroge wissenschaftlich-technischer Fortschritt lässt nur sehr langsam nach. Noch haben wir kaum Entzugserscheinungen.
Allerdings gehört die Bindestrich-Ethik-Inflation zu den untrüglichen Symptomen für das Fehlen eines ebenso umfassend reflektierten und verinnerlichten gesellschaftlichen Subsystems Kultur, wie es inzwischen Wirtschaft und Politik darstellen.
Auch der noch ganz uneinheitliche Gebrauch des Wortes "Kultur" - ich beziehe mich hier auf Beobachtungen im deutschen Sprachraum - zeigt die Unschärfen - um nicht zu sagen: die Profilschwäche - des Subsystems Kultur überdeutlich:
- Erstens wird Kultur in einem sehr weiten Sinne gebraucht und bezieht sich dann auf sämtliche Formen der Gestaltung durch den Menschen wie Wissenschaft, Technik, Kunst, Architektur, Wirtschaft, Recht, Politik usw. Sein Gegenpol ist der Begriff Natur. Wir sprechen hier gelegentlich auch vom soziologischen Kulturbegriff. Für den bisherigen Gedankenkontext taugt er nicht viel.
- Zweitens wird Kultur in einem sehr engen Verständnis zum Inbegriff aller Künste wie Musik, Literatur, Malerei, Bildhauerei und Tanz usw. und ihrer unterschiedlichen Vermittlungsformen in Museen, Musikschulen, Bibliotheken, Theatern usw. Wir sprechen dann - zumindest in Deutschland - vom politisch-administrativen oder kommunalen Kulturbegriff, der sich als Haushaltstitel Kunst und Kultur wiederfindet. Dieses Verständnis von Kultur durchzieht in der Regel auch die Medienwelt und wird nur gelegentlich durchbrochen, wenn zum Beispiel auch wissenschafts-, hochschul-, religions- oder bildungspolitische Fragen im Feuilleton untergebracht werden.
- Nur selten spricht man - drittens - dann von Kultur (in dieser Bedeutung im folgenden immer kursiv geschrieben), wenn das gesellschaftliche Sub-System gemeint ist, das alle jene Personen, Institutionen, Organisationen und Unternehmungen umfaßt, die für die breite Orientierung der Menschen verantwortlich sind. Zu den Orientierungshilfen gehören - wie schon erwähnt - moralische Wertüberzeugungen, wissenschaftliche Erkenntnisse, ästhetische Empfindungen und die Bereitstellung eines Lernumfeldes, in dem diese Orientierungshilfen ("kulturelle Bildung") von Klein an in Familie, Kindertagesstätten und Schulen - angemessen angeboten und vermittelt werden.
Solange Wirtschaft und Politik in der ideologischen Form des ökonomistischen Individualismus gesellschaftlichen Orientierungsersatz bieten, wird Kultur in unserer Gesellschaft weder erstarken, noch aus ihrer Randposition in der öffentlichen Wahrnehmung heraustreten. Das muß natürlich Auswirkungen auf die Stabilisierung von Wirtschaft und Politik haben, über die noch kurz zu sprechen sein wird.
Doch zunächst zur dritten These, die zum Kern unserer Überlegungen über das Verhältnis von Kultur und Wirtschaft vorstößt:
Doch zunächst zur dritten These, die zum Kern unserer Überlegungen über das Verhältnis von Kultur und Wirtschaft vorstößt:
Dritte These:
Erst ein umfassendes Verständnis der gesellschaftlichen Subsysteme Kultur und Wirtschaft und ihrer Interaktion kann Ausgangsbasis für eine umfassende Behandlung des Themas "Kultur und Wirtschaft" sein.
Zur Erläuterung dieser These werfe ich zunächst einen Blick auf den heutigen Sprachgebrauch von Wirtschaft, der in den vergangenen zwei Jahrhunderten bei weitem sehr viel größere Übereinstimmungen in der Öffentlichkeit zeigt als der Gebrauch des Wortes Kultur:
Zur Erläuterung dieser These werfe ich zunächst einen Blick auf den heutigen Sprachgebrauch von Wirtschaft, der in den vergangenen zwei Jahrhunderten bei weitem sehr viel größere Übereinstimmungen in der Öffentlichkeit zeigt als der Gebrauch des Wortes Kultur:
- Erstens meint Wirtschaft das "öko"-nomische (den "oikos", das Haus betreffende) Verhalten, das Haushaltsgebaren, den Umgang mit den Ressourcen in jedwedem Sozialgebilde oder sozialem System - und nicht nur in jenen Systemen, die - wie Industrie oder Handel - zur Befriedigung der Wohlstandsbedürfnisse der Menschen eingerichtet wurden (Wirtschaft im betriebswirtschaftlichen Sinne).
- Zweitens bezeichnet man mit Wirtschaft auch das Gesamt aller Unternehmungen, die nach kommerziellen (oder privatwirtschaftlichen, wie man im Kulturbereich gern sagt), also gewinnorientierten Prinzipien arbeiten - unabhängig von ihrer Einbindung in eines der drei gesellschaftlichen Subsysteme. (Es gibt auch in Kultur und Politik kommerzielle Unternehmungen, und umgekehrt gibt es auch in der Wirtschaft im Sinne der Befriedigung der elementaren Wohlstandsbedürfnisse gemeinnützig und eben gerade nicht wirtschaftlich-kommerziell - tätige Organisationen wie z.B. gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften, Mittagstische, Kleidungskammern). (Wirtschaft im volkswirtschaftlichen Sinne)
- Und schließlich wird drittens unter Wirtschaft die institutionell organisierte Bereitstellung von Zivilisationsgütern und Dienstleistungen verstanden, die die elementaren Bedürfnisse des Menschen - die Wohlstandsbedürfnisse - nach Gesundheit, Reproduktion, Ernährung, Wohnen, Mobilität und Bekleidung befriedigen. In diesem Sinne steht Wirtschaft als gesellschaftliches Subsystem neben den beiden anderen Subsystemen Kultur und Politik. (Wirtschaft im historisch-anthropologischen Sinne).
Auf dem Hintergrund dieser begrifflichen Erläuterungen fällt es nunmehr etwas leichter, das Thema "Kultur und Wirtschaft" aus den nebligen Zonen von Sonntagsreden zu befreien und so zu reflektieren, daß jedes Land, jede Region, die sich als ein überschaubares entwicklungsfähiges Sozialgebilde versteht, praktische Konsequenzen aus den Ausführungen ziehen kann.
Mit Blick auf das unterschiedliche Verständnis von "Wirtschaft" und "Kultur" verstehe ich nunmehr das Verhältnis von Wirtschaft und Kultur in einer entwicklungsbereiten Region in dreierlei Hinsicht:
Mit Blick auf das unterschiedliche Verständnis von "Wirtschaft" und "Kultur" verstehe ich nunmehr das Verhältnis von Wirtschaft und Kultur in einer entwicklungsbereiten Region in dreierlei Hinsicht:
- Kultur als markanter Bestandteil der regionalen ökonomischen - sprich: volkswirtschaftlichen - Strukturen,
- Kultur als entscheidenden Teil der Infrastruktur zur Förderung der Ansiedlung und Investitionsbereitschaft von Wirtschaft in der Region und
- Kultur als gesellschaftliches Orientierungssystem für alle gesellschaftlichen Subsysteme - und mithin auch für die Wirtschaft - in der Region, die, um ihre langfristige Existenz und Stabilität zu sichern, in ihrem kulturellen Selbstverständnis und in ihrer Aufgabenerfüllung auf die Leistungen eines leistungsstarken Systems Kultur zurückgreifen können müssen.
Diese drei Interpretationsangebote von "Kultur und Wirtschaft" sollen in den drei folgenden Thesen kurz beschrieben werden:
Vierte These:
"Kultur als Wirtschaftsfaktor" besagt zunächst einmal, daß das gesellschaftliche Subsystem Kultur einen nicht geringen Beitrag zur volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung leistet - direkt und indirekt (Stichwort "Umwegrentabilität").
Die Unternehmen, Institutionen, Organisationen und Administrationen im gesellschaftlichen Subsystem Kultur, die für die Bereitstellung von sog. Kulturgütern zur Befriedigung der vielfältigen Orientierungsbedürfnisse der Menschen geschaffen wurden und immer wieder reformiert oder neu gegründet werden, erbringen wie folgt ihren Beitrag zur volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung:
- Sie zahlen als kommerzielle Unternehmungen - z.B. als Verlage - Steuern.
- Sie schaffen - in welcher rechtlichen (steuerrechtlichen) Trägerstruktur auch immer - Arbeitsplätze und damit Kaufkraft in der Region.
- Und sie ziehen mit ihren Angeboten, die sich nicht nur an die Bewohner der Region wenden, viele andere Käufer oder Besucher - etwa Touristen - an, die dann ihrerseits wieder die Einkommensstrukturen in der Region verbessern helfen.
Und wenn man bedenkt, dass man das Kultursystem als einheitlichen Block neben den eratischen Blöcken Wirtschaft und Politik in Zukunft breiter als den kommunalen Kulturbegriff fassen muß - nämlich ergänzt um die Systeme Religion, Wissenschaft und Bildung - dann wird ein ganz neues Licht auf Kultur fallen. Wir werden uns dann wahrscheinlich angewöhnen, unsere öffentlichen Statistiken in einigen Teilen umzuschreiben, weil sie bis heute noch an wesentlichen Stellen zu sehr vom Tabu des ökonomistischen Individualismus geprägt sind., d.h. von einer gesellschaftlichen Prioritätensetzung, die keine Überlebenschancen haben kann und darf.
Die Leistungen der gesellschaftlichen Subsysteme Kultur, Wirtschaft und Politik - auch zahlenmäßig - in Relation zueinander zu bringen wäre allerdings ein Desiderat, mit dem sich vor allem erst einmal die Regionen befassen sollten - dabei unterstützt von einer professionell organisierten und wissenschaftlich unterstützten "Konsultative ihrer Bürgerinnen und Bürger".
Die Unternehmen, Institutionen, Organisationen und Administrationen im gesellschaftlichen Subsystem Kultur, die für die Bereitstellung von sog. Kulturgütern zur Befriedigung der vielfältigen Orientierungsbedürfnisse der Menschen geschaffen wurden und immer wieder reformiert oder neu gegründet werden, erbringen wie folgt ihren Beitrag zur volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung:
- Sie zahlen als kommerzielle Unternehmungen - z.B. als Verlage - Steuern.
- Sie schaffen - in welcher rechtlichen (steuerrechtlichen) Trägerstruktur auch immer - Arbeitsplätze und damit Kaufkraft in der Region.
- Und sie ziehen mit ihren Angeboten, die sich nicht nur an die Bewohner der Region wenden, viele andere Käufer oder Besucher - etwa Touristen - an, die dann ihrerseits wieder die Einkommensstrukturen in der Region verbessern helfen.
Und wenn man bedenkt, dass man das Kultursystem als einheitlichen Block neben den eratischen Blöcken Wirtschaft und Politik in Zukunft breiter als den kommunalen Kulturbegriff fassen muß - nämlich ergänzt um die Systeme Religion, Wissenschaft und Bildung - dann wird ein ganz neues Licht auf Kultur fallen. Wir werden uns dann wahrscheinlich angewöhnen, unsere öffentlichen Statistiken in einigen Teilen umzuschreiben, weil sie bis heute noch an wesentlichen Stellen zu sehr vom Tabu des ökonomistischen Individualismus geprägt sind., d.h. von einer gesellschaftlichen Prioritätensetzung, die keine Überlebenschancen haben kann und darf.
Die Leistungen der gesellschaftlichen Subsysteme Kultur, Wirtschaft und Politik - auch zahlenmäßig - in Relation zueinander zu bringen wäre allerdings ein Desiderat, mit dem sich vor allem erst einmal die Regionen befassen sollten - dabei unterstützt von einer professionell organisierten und wissenschaftlich unterstützten "Konsultative ihrer Bürgerinnen und Bürger".
Fünfte These:
Das Vorhandensein von kulturellen Institutionen in der Region ist ein zentrales Infrastrukturelement für Investition und Ansiedlung von wirtschaftlichen Unternehmungen.
Es steht außer Frage und braucht hier im einzelnen nicht nachgewiesen zu werden: Kultur - übrigens in jeder Bedeutung - ist immer dann ein gefragter Standortfaktor, wenn Unternehmungen bei der Erörterung ihrer Standortproblematik auf entsprechende kulturelle Wünsche, Bedürfnisse und Ansprüche ihrer Mitarbeiter Rücksicht nehmen wollen oder müssen.
Ich bin mir nicht sicher, ob beispielsweise alle Kommunen dieses Faktum immer in ihre Überlegungen mit einbeziehen - vor allem dann, wenn sie ihre Sparappelle gerade auch an kulturelle Institutionen richten oder Kultureinrichtungen ganz schließen.
Der in diesem Zusammenhang gern geäußerte Hinweis von Politikern auf die breite private Förderung von Kultur in den USA verfängt schon deshalb nicht, weil die US-Amerikaner kaum dazu erzogen wurden, sich als Untertanen eines fürsorglichen Obrigkeitsstaates zu fühlen, wie wir es aus unseren Landen kennen.
Ich persönlich vermute trotzdem: Wir werden in Zukunft in dem Maße unser Kultursystem vor allem auch mit privatem Vermögen stärken, wie uns bewußt wird, daß der ökonomistische Individualismus - gewissermaßen ein Existenzsicherungsglauben angesichts der vielen Notstände in den beiden vergangenen Jahrhunderten weltanschaulich ausgedient hat. Diese ökonomistisch-individualistische Einstellung zum Menschen und seiner Würde sollte heute und in Zukunft ebenso wenig zu unserer Sozialmoral passen wie das Sklaventum zur Zeit seiner Abschaffung in der Neuzeit.
Es steht außer Frage und braucht hier im einzelnen nicht nachgewiesen zu werden: Kultur - übrigens in jeder Bedeutung - ist immer dann ein gefragter Standortfaktor, wenn Unternehmungen bei der Erörterung ihrer Standortproblematik auf entsprechende kulturelle Wünsche, Bedürfnisse und Ansprüche ihrer Mitarbeiter Rücksicht nehmen wollen oder müssen.
Ich bin mir nicht sicher, ob beispielsweise alle Kommunen dieses Faktum immer in ihre Überlegungen mit einbeziehen - vor allem dann, wenn sie ihre Sparappelle gerade auch an kulturelle Institutionen richten oder Kultureinrichtungen ganz schließen.
Der in diesem Zusammenhang gern geäußerte Hinweis von Politikern auf die breite private Förderung von Kultur in den USA verfängt schon deshalb nicht, weil die US-Amerikaner kaum dazu erzogen wurden, sich als Untertanen eines fürsorglichen Obrigkeitsstaates zu fühlen, wie wir es aus unseren Landen kennen.
Ich persönlich vermute trotzdem: Wir werden in Zukunft in dem Maße unser Kultursystem vor allem auch mit privatem Vermögen stärken, wie uns bewußt wird, daß der ökonomistische Individualismus - gewissermaßen ein Existenzsicherungsglauben angesichts der vielen Notstände in den beiden vergangenen Jahrhunderten weltanschaulich ausgedient hat. Diese ökonomistisch-individualistische Einstellung zum Menschen und seiner Würde sollte heute und in Zukunft ebenso wenig zu unserer Sozialmoral passen wie das Sklaventum zur Zeit seiner Abschaffung in der Neuzeit.
Sechste These:
Jedes Unternehmen oder Sozialgebilde - also auch in der Wirtschaft - das die Pflege der Unternehmenskultur als den in Zukunft entscheidenden Wettbewerbsfaktor erkannt hat, wird auf die Leistungen des gesellschaftlichen Subsystems Kultur in der Region zurückgreifen wollen.
Wenn es richtig ist, daß Wirtschaft als gesellschaftliches Subsystem in erster Linie dazu da ist, die elementaren Wohlstandsbedürfnisse der Menschen zu befriedigen, dann folgt daraus: Es steht nicht im bloßen Ermessen des jeweiligen Unternehmens, die Bedürfnisse der Menschen zu definieren und die Angebote zur Befriedigung dieser Bedürfnisse nur in den jeweiligen rechtlichen Rahmen einzupassen.
Zur üblicherweise dreifachen Sorge um Ressourceneffizienz bei der Produkterstellung, um Qualität des Produkts und um die kundenorientierte Marktpositionierung wird in Zukunft immer mehr eine vierte Sorge um die menschengemäße (kulturelle) Marktorientierung gehören. Nicht alles, wonach der Mensch verlangt und was er machen kann, gereicht ihm auch zum Wohle. Oder: Nicht alles, was legal ist, ist auch legitim.
Diese Sorge um die "menschengemäße Marktorientierung" kann man auch als Sorge um die Unternehmenskultur bezeichnen und das entsprechende Management als Unternehmenskultur-Management oder für alle sozialen Systeme generalisiert - als Systemkultur-Management.
Sowohl die Produktion der sehr komplexen, transdisziplinären Inhalte für das Unternehmenskultur-Management wie auch die entsprechende öffentliche Meinungsbildung in Form von Akzeptanz, ohne die ein Unternehmen bei der Formulierung und Umsetzung seiner Kultur in große Schwierigkeiten geraten kann, sind Sache des Kultursystems in unserer Gesellschaft. Hier werden die kognitiven und ästhetisch wie auch moralisch motivationalen Voraussetzungen für langfristiges Wirtschaften geschaffen.
Daraus ergibt sich als Fazit die letzte These:
Wenn es richtig ist, daß Wirtschaft als gesellschaftliches Subsystem in erster Linie dazu da ist, die elementaren Wohlstandsbedürfnisse der Menschen zu befriedigen, dann folgt daraus: Es steht nicht im bloßen Ermessen des jeweiligen Unternehmens, die Bedürfnisse der Menschen zu definieren und die Angebote zur Befriedigung dieser Bedürfnisse nur in den jeweiligen rechtlichen Rahmen einzupassen.
Zur üblicherweise dreifachen Sorge um Ressourceneffizienz bei der Produkterstellung, um Qualität des Produkts und um die kundenorientierte Marktpositionierung wird in Zukunft immer mehr eine vierte Sorge um die menschengemäße (kulturelle) Marktorientierung gehören. Nicht alles, wonach der Mensch verlangt und was er machen kann, gereicht ihm auch zum Wohle. Oder: Nicht alles, was legal ist, ist auch legitim.
Diese Sorge um die "menschengemäße Marktorientierung" kann man auch als Sorge um die Unternehmenskultur bezeichnen und das entsprechende Management als Unternehmenskultur-Management oder für alle sozialen Systeme generalisiert - als Systemkultur-Management.
Sowohl die Produktion der sehr komplexen, transdisziplinären Inhalte für das Unternehmenskultur-Management wie auch die entsprechende öffentliche Meinungsbildung in Form von Akzeptanz, ohne die ein Unternehmen bei der Formulierung und Umsetzung seiner Kultur in große Schwierigkeiten geraten kann, sind Sache des Kultursystems in unserer Gesellschaft. Hier werden die kognitiven und ästhetisch wie auch moralisch motivationalen Voraussetzungen für langfristiges Wirtschaften geschaffen.
Daraus ergibt sich als Fazit die letzte These:
Siebte These:
Die größte Herausforderung für die Bürgerinnen und Bürger in heutiger Zeit und in Zukunft ist ihr aktives Engagement zugunsten einer Bedeutungszunahme von Kultur in der öffentlichen Meinungsbildung.
Das ist die eigentliche gesellschaftliche Verantwortung aller Führungseliten. Angesichts der geschilderten hohen Anforderungen an das Kultursystem in der Gesellschaft - und das heißt zunächst einmal in den Regionen - kann sich das Management in den verschiedenen kulturellen Institutionen in seinem Qualitätsmanagement nicht darauf beschränken, sich nur auf die Kundenwünsche, auf entsprechende qualitativ wertvolle Produkte und auf eine effiziente Leistungserbringung zu konzentrieren.
Mit dem notwendigen Abklingen des ökonomistischen Individualismus in unserer Gesellschaft - der andere Pol: der materialistische Kommunismus ist weitgehend schon auf Restbestände reduziert worden - werden wir erkennen, wie schwach unser Kultursystem ist, wenn es darum geht, in den einzelnen Unternehmen wie in der Öffentlichkeit Orientierungshilfen für ihr sustainable development, für eine Entwicklung mit Zukunft, anzubieten.
Wir werden uns eine Unterbewertung der Kultur in der Gesellschaft zunehmend weniger leisten können. Sonst gefährden wir unsere wirtschaftlichen und politischen Systeme so nachhaltig, dass nicht die Vernunft des Menschen, sondern die eine oder andere Katastrophe die erforderlichen - dann aber vielleicht gar nicht mehr umsetzbaren - Lerneffekte erzeugt.
Wissenschaft als Natur-, Sozial- und Geistes(Kultur-)wissenschaften, Religionen und Weltanschauungen, alle Arten von Künsten und schließlich das - die Leistungen dieser drei Bereiche vermittelnde Bildungssystem (einschl. der Familien und der Medien) werden - so hoffe ich - in den nächsten Jahren immer häufiger als Gesamtkomplex zur umfassenden Orientierung der Gesellschaft in den Vordergrund treten. Vor allem auf die Regionen in Europa wird es ankommen. Auf ihre Phantasie und ihren Mut, manchmal auch zentralistischen Versuchungen zu widerstehen und sich regionale Freiräume für ihr umfassendes Qualitätsmanagement in der Kultur zugunsten einer Kulturintegration in Europa zu verschaffen.
Wenn heute mit einiger Plausibilität überhaupt von einer Übergangszeit - oder besser: von einer Umbruchphase - die Rede sein kann, dann bezieht sich ein solches Reden wohl vor allem auf die noch fehlenden Integrationseffekte in der Kultur. Diese Integrationseffekte - vorangetrieben vor allem von einem verantwortungsbewussten Qualitätsmanagement in der Kultur - werden zu einer allmählichen Bedeutungszunahme des Kultursystems als eines Ganzen in der Gesellschaft fuhren - und ich füge an: führen müssen.
Von der öffentlichen Bedeutungszunahme von Kultur könnte und wird auch jener Ausschnitt von Kultur profitieren, der in Deutschland zu den freiwilligen Aufgaben der kommunalen Körperschaften gehört und gemeinhin mit den Begriffen "Kunst und Kultur" umschrieben wird.
Voraussetzung dafür ist aber erst einmal der erforderliche Wandel im öffentlichen Meinungsbild von Kultur im herkömmlichen Sinne und - Kultur im weiteren Sinne.
Das ist die eigentliche gesellschaftliche Verantwortung aller Führungseliten. Angesichts der geschilderten hohen Anforderungen an das Kultursystem in der Gesellschaft - und das heißt zunächst einmal in den Regionen - kann sich das Management in den verschiedenen kulturellen Institutionen in seinem Qualitätsmanagement nicht darauf beschränken, sich nur auf die Kundenwünsche, auf entsprechende qualitativ wertvolle Produkte und auf eine effiziente Leistungserbringung zu konzentrieren.
Mit dem notwendigen Abklingen des ökonomistischen Individualismus in unserer Gesellschaft - der andere Pol: der materialistische Kommunismus ist weitgehend schon auf Restbestände reduziert worden - werden wir erkennen, wie schwach unser Kultursystem ist, wenn es darum geht, in den einzelnen Unternehmen wie in der Öffentlichkeit Orientierungshilfen für ihr sustainable development, für eine Entwicklung mit Zukunft, anzubieten.
Wir werden uns eine Unterbewertung der Kultur in der Gesellschaft zunehmend weniger leisten können. Sonst gefährden wir unsere wirtschaftlichen und politischen Systeme so nachhaltig, dass nicht die Vernunft des Menschen, sondern die eine oder andere Katastrophe die erforderlichen - dann aber vielleicht gar nicht mehr umsetzbaren - Lerneffekte erzeugt.
Wissenschaft als Natur-, Sozial- und Geistes(Kultur-)wissenschaften, Religionen und Weltanschauungen, alle Arten von Künsten und schließlich das - die Leistungen dieser drei Bereiche vermittelnde Bildungssystem (einschl. der Familien und der Medien) werden - so hoffe ich - in den nächsten Jahren immer häufiger als Gesamtkomplex zur umfassenden Orientierung der Gesellschaft in den Vordergrund treten. Vor allem auf die Regionen in Europa wird es ankommen. Auf ihre Phantasie und ihren Mut, manchmal auch zentralistischen Versuchungen zu widerstehen und sich regionale Freiräume für ihr umfassendes Qualitätsmanagement in der Kultur zugunsten einer Kulturintegration in Europa zu verschaffen.
Wenn heute mit einiger Plausibilität überhaupt von einer Übergangszeit - oder besser: von einer Umbruchphase - die Rede sein kann, dann bezieht sich ein solches Reden wohl vor allem auf die noch fehlenden Integrationseffekte in der Kultur. Diese Integrationseffekte - vorangetrieben vor allem von einem verantwortungsbewussten Qualitätsmanagement in der Kultur - werden zu einer allmählichen Bedeutungszunahme des Kultursystems als eines Ganzen in der Gesellschaft fuhren - und ich füge an: führen müssen.
Von der öffentlichen Bedeutungszunahme von Kultur könnte und wird auch jener Ausschnitt von Kultur profitieren, der in Deutschland zu den freiwilligen Aufgaben der kommunalen Körperschaften gehört und gemeinhin mit den Begriffen "Kunst und Kultur" umschrieben wird.
Voraussetzung dafür ist aber erst einmal der erforderliche Wandel im öffentlichen Meinungsbild von Kultur im herkömmlichen Sinne und - Kultur im weiteren Sinne.
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