16.07.2013

Autor*in

Benita Lipps
Neues Rahmenprogramm

EU-Kulturförderung

Von Kultur 2007-2013 zu "Kreatives Europa": neue Bereiche, neue Schwerpunkte, neue Mechanismen.
Die letzen Einsendefristen für "Kultur 2007-2013" Projekte sind verstrichen, und europäische Kultur-, und Medienorganisation warten gespannt auf die Veröffentlichung des neuen Kulturförderungsprogramms: "Kreatives Europa". Dieser Artikel gibt einen Überblick über das Programm, beschreibt die neuen Förderschwerpunkte und gibt einige Tipps für alle, die sich schon jetzt auf die nächste Runde vorbereiten möchten.
 

1) Warum brauchen wir ein neues EU-Förderprogramm für Kultur und Medien?

'Kreatives Europa' ist das Nachfolgeprogramm des nun auslaufenden Förderprogramms 'Kultur 2007-2013'. Das aktuelle Förderprogramm endet 2013.

Wie alle EU-Instrumente ist auch das Kulturförderprogramm nur für für die Zeit jeweiligen EU-Haushalts (des Mehrjährigen Finanzrahmens) gültig. Nach sieben Jahren werden die Budgets neu festgelegt, die Wirksamkeit der Programme überprüft, und neue Schwerpunkte gesetzt. Im November 2011 stellte die Europäische Kommisison zum ersten Mal das geplante Folgeprogramm unter dem Titel 'Kreatives Europa' vor. Dieses Programm umfasst den Zeitraum 2014-2020.
 

2) Was sind die wichtigsten Unterschiede zum aktuellen Programm?

'Kreatives Europa':
I. vereint 3 aktuelle Programme: Kultur, Media und Media Mundus
II. führt ein neues Instrument ein: Bankkredite für den kulturellen Sektor und die Kreativwirtschaft
III. setzt neue Ziele, die eng mit der EU-2020-Strategie (http://ec.europa.eu/europe2020/index_de.htm) verknüpft sind.
IV. Zunächst schien es, als könnte zu einer beachtlichen Budgeterhöhung kommen. Der Ende Juni 2013 vereinbarte Gesamthaushalt macht jedoch eine reelle Erhöhung der Förderung unwahrscheinlich.

I) Kultur, Media und Media Mundus unter einem Dach
Technologische Neuerungen und Digitalisierung machen es immer schwerer, eine klare Grenze zischen dem Kultur-und dem Mediensektor zu ziehen. Anstatt an einer (künstlichen) Trennung zwischen diesen Bereichen festzuhalten, werden ab 2014 die bisher getrennten Förderprogramme in einem gemeinsamen Rahmenprogramm verwaltet. Ziel ist, Barrieren für Mischprojekte abzubauen, Synergien zwischen den Sektoren zu fördern, und erfolgreiche Praktiken der Kultur- und Medienprogramme einer breiteren Gruppe zugänglich zu machen.
Trotzdem wird das Programm weiterhin aus drei gesonderten Bereichen bestehen: Kultur, Medien, sowie einem neuen, sektorübergreifenden Bereich. Das Budget wird geteilt in: 30% für Kultur, 55% für Medien, und 15% für sektorübergreifende Aktivitäten. Zu diesem nuen dritten Bereich gehören: das neue Instrument der Bankdarlehen, die Förderung von Datenerhebungen und Datenaustausch und die Unterstützung von Pilotprojekten. Hier können wichtige neuen Themen, wie Publikumsentwicklung, transnationale Zusammenarbeit im Kulturpolitikbereich, sowie die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle getestet werden.

II) Ein neues Instrument: Bankdarlehen für den Kultur- und Mediensektor
Ziel ist, ein Netzwerk von europäischen Banken zu entwickeln, die speziell auf den Kultur- und Mediensektor zugeschnittene Kredite und Finanzdienstleistungen anbieten. Ein vom Europäische Investitionsfonds (EIF) verwalteter Garantiefonds soll Banken helfen, in den diesen neuen Bereich zu investieren. Ursprünglich war angedacht, mehr als 200 Mio. in dieses neue Instrument zu investieren. Die Haushaltsverhandlungen machen es jedoch klar, dass dieser Betrag deutlich geringer ausfallen wird.

III) Neue Zielsetzung - Unterstützung der Strategie Europa 2020
Auch die Kriterien des Programms 'Kultur 2007-2013' reflektieren die allgemeinen Ziele der Europäischen Union besonders durch die Förderung der europäischen Mobilität und der internationalen Verbreitung von kulturellen- und Medienprodukten. In 'Kreatives Europa' wird diese Verbindung sehr viel expliziter: Wie alle EU-Programme, soll auch 'Kreatives Europa' zur 'Europa 2020 Strategie' beitragen: Ziel ist ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum durch Förderung des Potenzials des europäischen Kultur- und Kreativsektors.

IV) Mehr Geld für Kultur?
Im Originalentwurf der Europäischen Kommission ist ein Budget von 1,8 Mio. für den Zeitraum 2014-2020 vorgesehen. Dies entspräche einem Anstieg von 34% gegenüber dem aktuellen Programm. Der Ende Juni 2013 vereinbarte allgemeine EU-Haushalt wird jedoch eine derartige Erhöhung nicht möglich machen. Nun wird versucht, zumindest die jetzigen Fördersummen zu erreichen. Das neue Instrument der Garantiefonds für Bankkredite wird wohl die größten Einschnitte hinnehmen müssen.
 

3) Wer kann an 'Kreatives Europa' teilnehmen?

Projekttypen:
Im Kulturbereich wird das Programm weiterhin Kooperationsprojekte, europäische Netzwerke / Plattformen und literarische Übersetzungen fördern. Die Förderung von Festivals und der sogenannten 'Kulturbotschaftern' wird eingestellt. Noch sind keine Informationen über die Projektlaufzeiten bekannt; die Anzahl der jährlichen Ausschreibungen wird jedoch reduziert.

Finanzierungsarten:
Zukünftig werden nur noch Projektzuschüsse vergeben - Betriebskostenzuschüsse werden eingestellt. Darüber hinaus können kleine und mittelständige Unternehmen (KMU) der Kultur-und Kreativwirtschaft Entwicklungsdarlehen beantragen. Es sind noch keine Informationen über den Prozentsatz der Eigenfinanzierung bekannt. Kommissionsquellen deuten jedoch eine Fortführung der aktuellen Sätze an.

Fördervoraussetzungen:
Die internationale Dimension wird gestärkt. Außer Organisationen in den EU-Mitgliedstaaten sowie der Europäischen Freihandelszone (EFTA), werden auch EU-Beitritts- und Kandidatenländer, zukünftige Kandidatenländer und Nachbarschaftsländer vollen Zugang zum Programm 'Kreatives Europa' haben. Weitere Länder werden wie bisher von Zeit zu Zeit durch gezielte Ausschreibungen beteiligt.
Nach wie vor sind nur Organisationen, nicht Individuen förderfähig.
 

4) Wie verändert sich der Antragsprozess?

Nach Angaben der Europäischen Kommission werden die Antragstellung und das Projektmanagement vereinfacht. Ob die Vorstellungen der Kommission in diesem Bereich den Vorstellungen der Kultuschaffenden entsprechen, ist abzuwarten.

Insbesondere sind folgende Änderungen geplant:
Abschaffung der Betriebskostenzuschüsse ausschließlich Projektfinanzierung
stärkere Nutzung von Pauschalen anstellen von detaillierten Budgets
ein elektronisches Portal für Bewerber
Für weitere Details gilt es, die Veröffentlichung des neuen Programmleitfadens abzuwarten.
 

5) Was sind die neuen Auswahlkriterien?

Die Auswahlkriterien wurden noch nicht veröffentlicht. Nach Analyse der neuen Programmziele und der aktuellen Debatte halten wir es jedoch für sinnvoll, sich auf die folgenden Kriterien einzustellen:

Förderung der europäischen Dimension durch Aus- und Weiterbildung, Förderung des Kompetenzerwerbs für bessere und effektivere transnationale Zusammenarbeit
Unterstützung der grenzüberschreitenden Verbreitung von kulturellen und künstlerischen Werken und Erzeugnissen
Ansprache neuer, internationaler Ziel- und Zuschauergruppen in Europa
Qualität der Partnerschaft oder des Konsortiums
kulturelle / kreative Exzellenz
Nachhaltigkeit / langfristigen Wirkung insbesondere die Fähigkeit, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Kultur- und Kreativsektors zu stärken

Neuer Schwerpunkt:
Kompetenzerwerb ('capactiy building')
Kompetenzerwerb ist bereits heute ein Schwerpunkt der Media-Programme; ab 2014 wird Training, Coaching und Weiterbildung auch im Kulturbereich an Bedeutung gewinnen. Antragsteller sollten überlegen, wie ihr Projekt zum Wissenszuwachs und Wissenstransfer der Beteiligten Künstler und Kulturschaffenden beiträgt.

Neuer Schwerpunkt:
Intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum
Das europäische Kulturprogramm fördert weiterhin die kulturelle und sprachliche Vielfalt in Europa. Gleichzeitig wird es in Zukunft einen sehr viel stärkeren Bezug zur 'Europa 2020 Strategie' geben. Es ist explizites Ziel des neuen Programms, die Wettbewerbsfähigkeit des Kultur-und Kreativsektors zu stärken und so zum 'intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstum in Europa beizutragen. Antragsteller sollten überlegen, wie ihr Projekt Kreativität und Innovation fördert, wie neue Zielgruppen angesprochen werden und ob neue Geschäftsmodelle getestet werden können.

Neue horizontale Dimension: Digitalisierung
Die Erprobung von neuen digitalen Distributions-, Produktions- und Kollaborationsmodellen ist ein Thema, das sich horizontal durch alle Förderstränge des neuen Programms ziehen wird. Antragsteller sollten überlegen, wie sich ihr Projekt digitale Werkzeuge und Kanäle zu nutzen machen kann, um ein breiteres Publikum anzusprechen, und um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen. Es ist ebenfalls möglich, einen Bezug zum Schwerpunkt 'Kompetenzerwerb' herzustellen, indem gezeigt wird, wie Künstler und Kulturschaffende durch das Projekt digitale Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben.

Neues Thema: Publikumsentwicklung und -einbindung
Das Thema Publikums- und Zuschauerentwicklung wird im neuen Rahmenprogramm eine wichtige Rolle spielen. Insbesondere Antworten auf die Frage, wie breite europäische Zuschauergruppen angesprochen werden können, sind für die Kommission von großem Interesse. Einige Worte zur Distribution von Projektergebnissen durch Flyer, Webseite und Pressekonferenz werden in den neuen Anträgen nicht mehr ausreichen. Antragsteller sollten überlegen, wie ihr Projekt neue Publikumsgruppen ansprechen, aktivieren und integrieren kann.

Wo kann ich mehr erfahren?

Das DaVinci Institut (http://davinci-institute.eu/news/culture/) veröffentlicht regelmäßige Updates zur Entwicklung des Programms, gibt einen ausführlichen Ratgeber zum Thema 'EU Kulturförderung Erfolgreich Projekte Beantragen' hesaus, und bietet Briefings, Workshops, sowie maßgeschneiderte Beratung an. Besuchen Sie die DaVinci Institute Webseite (http://davinci-institute.eu/news/culture/) oder kontaktieren Sie Benita Lipps ( info@davinci-institute.eu) um Updates zu bekommen, den Ratgeber zu beziehen, sich für einen Workshop anzumelden oder um Rat für Ihren Projektantrag zu bekommen.

Interessante Links:
EU-Förderung für die Kultur: Von der Idee zur Projekt: http://davinci-institute.eu/news/eu-culture-funds-howto/
Kreatives Europa Homepage: http://ec.europa.eu/culture/creative-europe/index_en.htm
FAQs über das neue Programm: http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-11-819_en.htm?locale=en
Europa 2020 Strategie: http://ec.europa.eu/europe2020/index_de.htm

Zum Autor
Benita Lipps ist Geschäftsführende Direktorin des DaVinci Instituts in Brüssel, Vorstandsmitglied der Europäischen Gesellschaft für Führungskräfte im Verbandswesen (ESAE) und Mitglied der Kulturpolitischen Gesellschaft.

Sie erreichen Sie unter info@davinci-institute.eu.
Weitere Informationen unter: https://about.me/benitalipps
 

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