12.09.2013

Themenreihe Wahlkultur

Autor*in

Kristin Oswald
leitet die Online-Redaktion von Kultur Management Network. Sie studierte Geschichte und Archäologie in Jena und Rom sowie Social Media-Marketing in Berlin. Sie ist freiberuflich in der Wissenschaftskommunikation und im Museumsmarketing mit Schwerpunkt online tätig.
Wahlkultur 2013

Das kulturpolitische Programm von Die Linke

Unsere Reihe Wahlkultur stellt die Programme der sechs großen deutschen Parteien vor und untersucht sie auf jene Aspekte, die für die Kulturpolitik der nächsten Jahre von Bedeutung sein werden. Der dritte Beitrag befasst sich mit dem Parteiprogramm von Die Linke. Dafür sprachen wir mit Luc Jochimsen, der kulturpolitischen Sprecherin der linkspolitischen Fraktion.

Themenreihe Wahlkultur

I. Rang und Einordnung von Kulturpolitik im Parteiprogramm
Die Linke hat ihre Ideen zur Kulturpolitik in ihrem Wahlprogramm in den Bereich Bildung und Soziales unter dem Motto Kultur für alle kreativ, vielfältig, dialogorientiert dargelegt. Er befindet sich relativ weit vorn im Programm, ist mit zwei Seiten aber nicht sehr umfangreich. Dafür gibt es einen extra Punkt zu Kultur- und Kreativwirtschaft von links mit eigenen Ausführungen zu diesem Thema. Dies findet sich nur im Programm von Die Linke in dieser Form. Hinzu kommen auch bei Die Linke weitere, für die Kulturpolitik wichtige Aspekte, u.a. in Bezug auf die Kommunal- und Länderpolitik, Medien- oder Hochschulpolitik.

II. Besonders betonte Inhalte des kulturpolitischen Programms
Für Die Linke ist Kulturpolitik ein bedeutender Punkt in ihrem Wahlprogramm und unverzichtbar für eine lebendige Demokratie. Dabei hat die Partei einen sehr weiten und facettenreichen Kulturbegriff: Kultur ist Alltagskultur und hohe Kunst gleichermaßen, kulturelles Erbe und Subkultur. Kultur ist Normalität und Irritation, Fortschritt durch Kreativität und staunende Besinnung auf Geschaffenes. Kultur und Kunst ermöglichen Kommunikation und Verständigung, Identität und Integration, Bildung, Freiheit und Selbstvergewisserung. Kultur und Kunst setzen Impulse und stärken die Phantasie. Kultur ist nicht zuletzt Genuss und Freude. All das ist kein Luxus, den sich die Gesellschaft leisten sollte, sondern Sinn des Lebens. Dabei soll dieser Sinn nach Ansicht von Die Linke nicht gestiftet, sondern von jedem nach seinem eigenen Ermessen selbst definiert werden. Dementsprechend wird betont, dass Kultur nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten bewertet werden darf, sondern ein eigenes Bemessungssystem an den Wert von Kultur angelegt werden muss. Die Linke betont im Besonderen folgende Aspekte von Kulturpolitik:
 
  • die Vielfalt des kulturellen Lebens weiter ausbauen und alle Subkulturen, die es in Deutschland gibt, einbeziehen und die Umsetzung der UNESCO-Konvention für kulturelle Vielfalt
  • allen Menschen die Teilhabe an Kultur ermöglichen,
  • günstige Rahmenbedingungen und Freiräume für die Entwicklung der Künste und des kulturellen Lebens schaffen,
  • kulturelle Bildung für alle von Anfang an,
  • eine demokratische Erinnerungskultur zur Auseinandersetzung mit unserer widersprüchlichen Geschichte.
Die Linke betrachtet die Kultur- und Kreativwirtschaft als entscheidenden Faktor für Wirtschaft, Innovation und Arbeitsmarkt. Sie richtet sich nach Jochimsen dabei nach den Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission.

III. Verantwortlichkeit für und Finanzierung von Kultur zwischen Staat und Ländern
Das Wahlprogramm von Die Linke enthält ausführliche Informationen zur Verantwortung und Zuständigkeit für Kultur zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Nach ihrem Wahlprogramm ist Kultur ein Staatsziel, das ins Grundgesetz aufgenommen werden muss und nicht mehr zu freiwilligen Leistungen zählen darf, denn die Freiwilligkeit ist eingesetzt worden, um die Freiheit der Kultur im Land zu schützen und zu fördern. Inzwischen ist sie aber zu einem rein fiskalischen Kriterium geworden, das die Bedeutung und Notwendigkeit von Kunst und Kultur nicht allein erfassen kann, so Jochimsen. Der zentrale Aspekt für Die Linke ist aus diesem Grund, das Kooperationsverbot aufzuheben, den kooperativen Kulturföderalismus auszubauen und damit die Zuständigkeit des Staates für den Kulturschutz und die Kulturförderung zu stärken. Um diese Aufgaben angemessen erfüllen zu können, hält es Die Linke für notwendig, einen Bundeskulturminister mit Kabinettsrang und ein Kulturministerium einzurichten. Hierzu gehören auch ein Kulturbericht undein Kulturkonzept des Bundes.
Die Ausführung und Planung von Kultur durch die Kommunen soll nach Die Linke nicht aufgehoben, sondern stärker unterstützt werden. Die Kommunen sollen für die Kultur mehr finanzielle Möglichkeiten bekommen, damit diese bei finanziellen Problemen nicht weiterhin als erstes leiden muss und die kulturelle Infrastruktur bestehen bleibt. Um den Bedarf an kulturellen Einrichtungen und Angeboten besser ermitteln und abdecken zu können, möchte Die Linke die kommunale Bürgerbeteiligung auch an der Kulturplanung verstärken und Mehrfachstrukturen aufheben. Auf diese Weise soll auch die Bundesinitiative zur Kultur- und Kreativwirtschaft effizienter gestaltet werden.

IV. Kulturpolitik und gesellschaftliche Kontexte

Das kulturpolitische Programm von Die Linke greift aus den gesellschaftlichen Entwicklungen, die Auswirkungen für Kunst und Kultur mit sich bringen, mehrere Aspekte auf. Zum einen steht das Thema Migration und Integration im Mittelpunkt. Die kulturelle Vielfalt, Toleranz und Offenheit, die damit einhergehen, will Die Linke in der innen- und auswärtigen Kulturpolitik stärken. Dementsprechend sollen nach dem Wahlprogramm vonDie Linke auf europäischer Ebene multinationale kulturelle Projekte gefördert werden.
 
Ebenso thematisiert das Wahlprogramm von Die Linke die Stärkung der Demokratie durch kulturelle Arbeit und individuelle und gemeinsame Identitäten unabhängig von der Herkunft. Hierdurch sollen das gegenseitige Verständnis und die Verständigung zwischen den verschiedenen Gruppen der Gesellschaft verbessert werden. Dazu gehört die Teilhabe an Kunst und Kultur jeglicher Art.

V. Verbindung zwischen Medien-/Internetpolitik, Urheberrecht und Kultur/kultureller Bildung
Im Kontext neuer Entwicklungen wie Digitalisierungsprojekten im Kulturbereich, E-Learning-Möglichkeiten für außerschulisches und lebenslanges Lernen und aktuellen Problemen mit dem Urheberrecht, wird die Verknüpfung von Kultur-, Medien- und Netzpolitik und bildung immer enger. Diesem Thema nimmt sich auch das Wahlprogramm von Die Linke an. Die Basis für neue Entwicklungen sehen auch sie, wie die anderen Parteien, im Ausbau des Breitbandinternets, jedoch nicht nur durch die Regeln des freien Marktes, sondern auch durch Investitionen und Kooperationen. Auf Dauer will Die Linke die Telekommunikationsnetze entprivatisieren und in öffentliches Gemeingut umwandeln, um die Versorgung aller sicherzustellen. Ein zweiter Schwerpunkt ist auch im Wahlprogramm ein überarbeitetes Urheberrecht. Dieses soll die Urheber und die Arbeit der Kreativen schützen und angemessen vergüten sowie die Verwertungs- und Nutzungsrechte von Kreativleistungen reformieren. Jochimsen betonte hierzu: Wir kennen nun besser als zuvor die Herausforderungen, die uns die Digitalisierung an das Urheberrecht stellt. Ohne Urheber fällt alles weg, was man an Wissenschafts- und Bildungsfreiheit, an Zugang zu kulturellen Gütern garantieren will. Es gibt dann schlicht keine kreativen Produkte mehr. Die Linke tritt zugleich auch für die Nutzer der digitalen Information ein und will Innovationen und die Weiterentwicklung und Umnutzung von Wissen möglich machen. Basis hierfür sollen neue Lizenz- und Vergütungsmodelle wie Creative Commons oder Crowdfunding sein. Zudem spricht sich Die Linke für die Kulturwertmark als eine auf einer Kulturflatrate basierenden Reform der Verwertungsgesellschaften aus.
Speziell für den Bereich der kulturellen Bildung möchte Die Linke auch das Open Data-Prinzip unterstützen. Hierfür sollen Open-Source-Software, E-Learning-Modelle und Digitalisierungsprojekte gefördert werden, wenn sie dazu beitragen, die Nutzung des Internets für die Zugänglichkeit zu Kultur und Bildung voranzutreiben. Zudem soll es nach dem Wahlprogramm von Die Linke zu einem Grundprinzip werden, dass öffentlich finanzierte Medieninhalte oder Programme dauerhaft frei zur Verfügung stehen.

VI. Bildungs- und Hochschulpolitik mit Bezug zu den Kulturwissenschaften

Die Verbindungen zwischen Kulturpolitik, Bildungs- und Hochschulpolitik sind ebenfalls sehr eng. In Kultureinrichtungen wird vielfach auch Forschung und Bildungsvermittlung betrieben; zudem bringen geistes- und informationswissenschaftliche Forschungen auch für den Kulturbereich wichtige Erkenntnisse hervor. Auch Die Linke thematisiert dies in ihrem Wahlprogramm und will sich für neue Herangehensweisen einsetzen. So soll sich die Forschungs- und Innovationsförderung stärker an sozialer Nachhaltigkeit orientieren. Da sich Wissenschaft im Wahlprogramm von Die Linke auch über eine gesellschaftskritische Funktion definiert, kann Innovationsförderung hier auch für entsprechende geisteswissenschaftliche Forschungen stehen. Dies wird zwar nicht spezifisch erwähnt. Jedoch sollen die Entscheidungen über Förderprogramme demokratisiert und die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft verringert werden. Wenn dafür die finanzielle Grundausstattung des Wissenschaftssystems erhöht wird, kann eine Neustrukturierung der Förderungsvergabe folgen, die auch Geistes- und Kulturwissenschaften stärker unterstützt. Verbesserte Situationen in Wissenschaft und Bildung gehen für die Linke zudem mit einer Ausnahmeregelung im Urheberrecht für Zwecke der Bildung, Forschung und Lehre sowie neue Möglichkeiten der Zweitveröffentlichung einher. So können Ergebnisse besser zugänglich gemacht und entsprechend in der Praxis oder für weitere Forschung genutzt werden.
Im Parteiprogramm von Die Linke finden sich auch Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitssituationen in der Wissenschaft. Hierzu gehören Mindestlöhne sowie die Abschaffung prekärer Beschäftigungsverhältnisse und grundloser Befristungen sowohl an den Hochschulen selbst als auch im Bildungsbereich allgemein.
 

VII. Personalpolitik im Kulturbereich und Künstlersozialkasse

Nach Die Linke sind die häufig schwierigen Arbeitssituationen in der Kultur- und Kreativwirtschaft veränderungsbedürftig, denn eine große Bevölkerungsschicht unseres Landes ist qualifiziert, gut ausgebildet und kreativ tätig und bringt damit die sogenannte Kreativwirtschaft mit unglaublichen Zuwächsen und Gewinnen hervor, aber und das ist das Entscheidende ökonomisch bekommt sie selbst am Allerwenigsten heraus., so Jochimsen. Zu den Problemen gehören die Unterfinanzierung von Kultureinrichtungen, Personalabbau und Privatisierungen. Auch können zu viele Künstler und Kulturmacher von ihrer Arbeit kaum leben, da sie an deren Gewinnen nur unzureichend beteiligt werden. Hierfür will Die Linke neue Regelungen und Möglichkeiten der Absicherung schaffen. Dazu gehören neben einem neuen Urheberrecht auch eine Ausstellungsvergütung, Mindestlöhne und Honoraruntergrenzen sowie ein Ausbau der Künstlersozialversicherung für neue Berufsgruppen aus der Kreativwirtschaft. Auch eine transparentere Arbeit der Verwertungsgesellschaften und neue Weiterbildungsmöglichkeiten sollen die Arbeits- und Lebensumstände der Kunst- und Kreativwirtschaft besser miteinbeziehen. Netzwerkförderung und der Ausbau der regionalen Kompetenzzentren sollen zudem die häufig kleinteiligen Strukturen dieser Branche besser unterstützen. Auch in puncto Förderung soll nach Die Linke die Verknüpfung von Kulturpolitik und Kultur- und Kreativwirtschaft ausgebaut und mit der Aufhebung des Kooperationsverbotes ebenfalls auf eine neue Basis gestellt werden.
 

Unterstützungsabos


Mit unseren Unterstützungsabos unterstützen Sie unsere Redaktion mit einem festen Betrag pro Monat – und damit alle unsere kostenfreien Inhalte, also unser Magazin, unseren Podcast, die Beiträge und die Informationen zu Büchern, Veranstaltungen oder Studiengängen auf unserer Website. 

5€-Unterstützungsabo Redaktion

Mit diesem Abo unterstützen Sie unsere Redaktion mit 5€ im Monat. Das Abonnement ist jederzeit über Ihren eigenen Account kündbar.

Preis: 5,00 EUR / 1 Monat(e)*

15€-Unterstützungsabo Redaktion

Mit diesem Abo unterstützen Sie unsere Redaktion mit 15€ im Monat. Das Abonnement ist jederzeit über Ihren eigenen Account kündbar.

Preis: 15,00 EUR / 1 Monat(e)*

25€-Unterstützungsabo Redaktion

Mit diesem Abo unterstützen Sie unsere Redaktion mit 25€ im Monat. Das Abonnement ist jederzeit über Ihren eigenen Account kündbar.

Preis: 25,00 EUR / 1 Monat(e)*
* Alle Preise sind inkl. der gesetzl. Mehrwertsteuer, zzgl. evtl. anfallenden Gebühren
Kommentare (0)
Zu diesem Beitrag sind noch keine Kommentare vorhanden.

Unterstützungsabos

Mit einem Unterstützungsabo unterstützen Sie die kostenfreien Inhalte unserer Redaktion mit einem festen Betrag pro Monat – also unser Magazin, unseren Podcast, die Beiträge und die Informationen zu Büchern, Veranstaltungen oder Studiengängen auf unserer Website. 

5€-Unterstützungsabo Redaktion

Mit diesem Abo unterstützen Sie unsere Redaktion mit 5€ im Monat. Das Abonnement ist jederzeit über Ihren eigenen Account kündbar.

Preis: 5,00 EUR / 1 Monat(e)*

15€-Unterstützungsabo Redaktion

25€-Unterstützungsabo Redaktion

* Alle Preise sind inkl. der gesetzl. Mehrwertsteuer, zzgl. evtl. anfallenden Gebühren
Cookie-Einstellungen
Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig (z.B. für den Stellenmarkt), während andere uns helfen, unsere Angebote (Redaktion, Magazin) zu verbessern und wirtschaftlich zu betreiben. Einige Angebote können nur genutzt werden, wenn Cookies gesetzt wurden.
Sie können die nicht notwendigen Cookies akzeptieren oder per Klick auf die graue Schaltfläche ablehnen. Nähere Hinweise erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Ich akzeptiere
nur notwendige Cookies akzeptieren
Impressum/Kontakt | AGB