14.12.2007

Themenreihe Personal

Autor*in

Anne-Britt Ueckermann
ist Personalberaterin, Schauspielerin, Juristin und Dozentin an der Uni Leipzig, Fakultät Wirtschaftswissenschaften.
Recruiting von Führungskräften

Personalberatung für Führungspositionen kultureller Unternehmen

Die Haushaltsetats der Kommunen schrumpfen, die altbewährten Finanzierungsmodelle greifen nicht mehr, viele Kultureinrichtungen werden geschlossen. Dieser Artikel zeigt auf, wie professionelle Besetzung von Führungspositionen den Erhalt kultureller Betriebe sichern kann.

Themenreihe Personal

Das Problem - Fehlbesetzung
 
Bislang holen Kulturverantwortliche bei dem Bühnenverein Rat für die Neubesetzung einer Führungsposition ein. In diesem Arbeitgeberverband gibt es eine Intendantengruppe, die potentielle Positionsanwärter aus den eigenen Reihen vorschlägt. Häufig nehmen Intendanten sogar gleichzeitig Fachberatende Stellen in den kommunalen Auswahlgremien ein, die die Kandidaten auswählen. Auf die Art gestaltet dieser Kreis sowohl die Anbieter- wie auch die Abnehmerebene für Bewerber. Dieses so genannte Intendanten-Karussell ruft immer mehr Unmut hervor, weil Eigeninteressen verfolgt würden und objektive Auswahlkriterien fehlen. Die zahlreichen Kritiker sind mit den Ergebnissen dieser Vorgehensweise unzufrieden, denn auch Quereinsteiger und aufstrebenden Talente warten naturgemäß vergebens darauf, von der Intendantenschmiede als Kandidat für einen Intendantenposten vorgeschlagen zu werden. Man wünschet sich unabhängige, professionell arbeitende Personalberater, die sachbezogen darum bemüht sind, die jeweilige Führungsposition optimal zu besetzen. 
 
Die herkömmlichen Auswahlgremien sind mit ihrer Aufgabe häufig überfordert, den optimalen Kandidaten zu erkennen, denn "Menschenkenntnis allein reicht nicht" (!), wie auch Heinrich Wottawa, Professor für Psychologie an der Ruhr-Universität Bochum, in seinem Artikel vom 12.4.2007 in DIE ZEIT ausführt. Ihnen sind systematische Vorgehensweisen sowie die Regeln professioneller Auswahlverfahren für die Besetzung von Führungspositionen nicht hinreichend geläufig. Infolgedessen werden oftmals unpassende Bewerber ausgesucht. Denn der Positionsanwärter sollte nicht nur befähigt, sondern überhaupt daran interessiert sein, den kulturellen Betrieb zu leiten. Hieran scheitern viele künstlerisch ambitionierten Leitungspersonen wie beispielsweise Intendanten, die primär inszenieren wollen, anstatt ein Theater zu leiten. Sie kehren das Schwergewicht um, inszenieren vorrangig und leiten nebenbei - oft auch ohne großes Vergnügen. Im Ergebnis ist das Theater immer dann ohne Leitung, wenn der Intendant in seine Regiearbeit "abtaucht" oder es leitet de facto ein anderer, ohne die Führungsposition innezuhaben - was wiederum häufig zu Frustrationen und Kompetenzproblemen führt. Diese Fehlerkette scheint auf der Hand zu iegen, ist aber leider häufig Realität: oft soll führen, wer nicht führen möchte - oder gar nicht führen kann.
 
Die Folge Kulturabbau
 
In Zeiten knapper kommunaler Kassen haben Fehlentscheidungen für Führungspersonal derart hohe Finanzschäden zur Folge, dass nicht selten deswegen Kulturbetriebe schließen. Besonders in den neuen Bundesländern ist zu beobachten, dass mit trauriger Regelmäßigkeit nach etwa drei fehlbesetzten Intendantenposten der Theatertod samt Ensembleauflösung eintritt.
 
Es heißt dann, Theater sei nicht mehr bezahlbar. Dabei wird übersehen, dass mit Hilfe professioneller Personalberatung der passende Kandidat gefunden worden wäre, der den Kulturbetrieb aus der Krise hätte führen können. In Folge würde nicht nur das Theater florieren, sondern der regionale Standort insgesamt könnte mit kulturellen Angeboten glänzen. Das hätte wiederum befruchtende Wirkung auf Industrie und Handel. Denn welchem Wirtschafsmanager kann es gelingen, hoch qualifiziertes Fachpersonal samt Familie in kulturell verödete Regionen zu holen und dauerhaft zu binden?
 
Auswahlgremien, die sich etwa durch herausragende künstlerische Leistungen des Bewerbers beeindrucken lassen, berücksichtigen häufig nicht genügend die Fähigkeiten, die er braucht, um einen Betrieb zu leiten. Vielfach gehört auch die Lösung von Finanzierungsproblemen dazu. Nur leider wächst ein Mensch nicht immer mit seinen Aufgaben. Obwohl hoch qualifiziert, ist der Positionsinhaber dann den Anforderungen für die ganz spezielle und regional geprägte Aufgabe nicht gewachsen. Deshalb bringt er nicht zufrieden stellende Ergebnisse, was wiederum Unmut und Frustration bei ihm selbst sowie auf Seiten der Auswählenden hervorruft. Solche Fehler im Auswahlverfahren verursachen Streit, denn Politiker, Kulturverantwortliche und falsch ausgesuchte Intendanten geraten aufgrund unterschiedlicher Erwartungen regelmäßig aneinander. Vorzeitige Kündigungen machen dann kurzfristige und kostenintensive Neusuchen erforderlich, Abfindungszahlungen werden gefordert und das Feuilleton ist mit unerfreulichen Meldungen gespickt. Neben finanziellem entsteht so auch politischer Schaden in Form von Vertrauensverlust und Gleichgültigkeit dem Kulturgeschehen der Stadt gegenüber. Die Politiker fürchten außerdem die Abrechnung in ihrer nächsten Wahl Dies alles sind Folgen unprofessioneller Personalbesetzung von Führungspositionen in Kulturbetrieben.
 
Die Aufgabe Auswahl nach objektiven Kriterien
 
Die Aufgabe von erfolgreicher Personalberatung besteht darin, unter den zumeist zahlreichen Führungsanwärtern denjenigen auszumachen, der die an einem bestimmten Ort anstehende Leitungsaufgabe am besten lösen kann. Obwohl kein Mangel an qualifizierten Führungsanwärtern besteht, - selbst wenn zunehmend Doppelfähigkeiten wie betriebswirtschaftliche und künstlerische Sichtweisen in derselben Person erwartet werden - haben die meisten Auswahlgremien Probleme, den richtigen Mann oder die richtige Frau für ihre spezielle Führungsposition zu finden und sich auf diese Person zu einigen. Parteipolitische Erwägungen und persönliche Bauchgefühle sollten dabei außen vor bleiben, doch nur selten gelingt es, den Auswahl- und Entscheidungsprozess unter objektiven Kriterien sachbezogen durchzuführen. Häufig einigt man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner und alle bleiben irgendwie unzufrieden mit der Auswahl des Kandidaten.
 
Deshalb benötigen Kulturverantwortliche und Politiker Partner, die aufgrund langjähriger Marktübersicht umfassenden Möglichkeiten haben, Leitungspersonal zu akquirieren. Hier rückt die Dienstleistung Personalberatung ins Gesichtsfeld. Professionelle Personalberater sind auf dem freien Markt zu Hause und besitzen solide Erfahrung in der Durchführung von Auswahlverfahren. Sie werden extern beauftragt und können deswegen Firmen unabhängig beraten und Entscheidungshilfen liefern. Vor allem zeichnet sie eine systematische Arbeitsweise nach objektiven Kriterien aus. 
 
Typischerweise wird zunächst eine entsprechende Aufgabenanalyse sowie eine fachliche und persönliche Anforderungsanalyse erstellt. Bei Bedarf schaltet der Personalberater Anzeigen, erarbeitet ein Suchfeld zur Identifizierung von Zielgruppen und nimmt persönlich Kontakt zu potentiellen Kandidaten auf. Um eine Vorauswahl treffen zu können, erarbeitet der Personalberater Fähigkeitsprofile und Eignungsdiagnostiken. Nachdem er das Potential ermittelt hat, holt er gegebenenfalls Referenzen ein. Schließlich präsentiert er die geeigneten Kandidaten dem Auftraggeber und nimmt auf Wunsch eine Betreuung nach Vertragsschluss vor, bis sich der Neueingestellte eingearbeitet hat. Im gesamten Auswahlverfahren wird Diskretion eingehalten, wenn der Auftraggeber es wünscht und der Kandidat dadurch vor beruflichen Nachteilen geschützt werden soll.
 
Die Lösung und ihr Vorteil
 
Kulturverantwortliche und Politikern handeln deshalb weitsichtig, wenn Sie den freien Markt nutzen und zumindest für die Besetzung von Leitungspositionen in kulturellen Unternehmen spezialisierte Personalberater beauftragen. Auf diese Weise investieren sie in professionelle Lösungen, die sich schon kurzfristig bezahlt machen, weil dadurch teure Fehlbesetzungen mit Ihren Folgen verhindert werden.
 
Möge der Leser selbst zusammenrechnen, was er spart, wenn er aufgrund einer Fehlentscheidung und Kündigung weder eine Abfindung noch die Kosten eines Interim-Intendanten und die Einarbeitung eines neuen Intendanten zuzüglich der Kosten und den Arbeitsaufwand bzw. Stress eines zweiten Auswahlverfahrens zu tragen hat - und dafür nur ca.1/3 Jahresgehalt des Intendanten investieren muss.
 
Personalberater bringen in der Regel unternehmerisches Denken ein und betreten gerne kaufmännisches Terrain - ganz im Gegenteil zur Verwaltungen, die Lösungen, die unternehmerisches Risiko enthalten, weniger als Chance, sondern vorrangig als unsicher empfinden. Personalberater können und sollen Türen für Besetzungen und damit Problemlösungen öffnen, die sonst verschlossen geblieben wären. Wenn externe Personalsuche und interne Personalbesetzung zusammengeführt werden, stellen sich häufig sogar Synergieeffekte ein. Diese Art der Kooperation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer erscheint wegweisend im Kulturgeschäft, dessen Markt in Bewegung geraten ist und ständig neue Aufgabenprofile für Leitungspositionen hervor bringt.
 
Voraussetzung für eine erfolgreiche Personalberatung kultureller Unternehmen ist jedoch, das die Berater die Produktionsvoraussetzungen für das "Lifeprodukt Theater" am besten selbst erlebt, zumindest aber verinnerlicht und verstanden haben. Denn oft ist es notwendig, zunächst eine Betriebsuntersuchung anzufertigen, deren Ergebnisse häufig Auswirkungen auf die Besetzung der Führungspositionen hat. 
 
Es empfiehlt sich, Kandidaten über Suchfelder mit entsprechendem Zugang zu fremden Ressourcen in anderen Branchenfeldern zu akquirieren, um so fachlich ausgereifte Quereinsteiger oder Vielbegabungen mit breitem Erfahrungshintergrund in mehreren Qualifikationen aufzutun. Auf die Art können Personalberater den herkömmlichen Besetzungsteams flexibles und vielseitig befähigtes Bewerberpotential zuführen, das andernfalls unerschlossen bliebe.
 
Auch nachdem die optimale Besetzung gefunden wurde, sollte der Kandidat auf beste, konstruktive Kommunikationsfähigkeiten überprüft werden, denn eine erfolgreiche Diplomatie und Lobbyarbeit ist für Leitungspositionen stets unerlässlich. Angesichts der Veränderungen auf dem Kulturmarkt wird immer wichtiger, dass die Leitungsperson eines Kulturbetriebes Unternehmereigenschaften und damit auch Risikobereitschaft besitzt. Genau betrachtet sind Personalberater nicht nur geeignete Berater für Kulturschaffende und Kulturverantwortliche, sondern auch hervorragende Ansprechpartner für Politik, Wirtschaft und Handel, um kulturpolitische Prozesse zu unterstützen.
 
Dies alles macht deutlich, dass professionelle Personalauswahl im Hinblick auf die erfolgreich ausgewählte Führungsperson samt ihrer speziellen Kompetenz einen entscheidenden Wirtschaftsfaktor darstellt. Oftmals hängt nicht nur die Entwicklung der Betriebsergebnisse des kulturellen Unternehmens, sondern das Überleben des gesamten Theaters von der richtigen Besetzung der Leitungsposition ab.
 
Deshalb mein Appell: helfen Sie mit, die kulturelle Vielfalt Deutschlands zu erhalten. Was ist sie Ihnen wert?
 
Die Langform dieses Textes ist abrufbar unter www.uelu.com
 

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