11.03.2021

Buchdetails

AUDIENCING Diversity 4.0: Transformation im digitalen Wandel gestalten und Wirkkraft durch Vielfalt verstärken
von Irene Knava
Verlag: facultas.wuv Universitts
Seiten: 292
 

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Autor*in

Markus Wiesenhofer
ist Stv. Leiter der Hauptabteilung Kommunikation & Marketing der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien und unterrichtet Kulturtourismus & -marketing u.a. an der FH Wien, JKU Linz und dem Art & Economy Lehrgang der Universität für Angewandte Kunst Wien. Er studierte Tourismusmanagement an der Fachhochschule IMC Krems und Public Communication an der Universität Wien und arbeitet seit 20 Jahren in Kulturtourismus und -management (u.a. Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H., Österreich Werbung).
Buchrezension

Audiencing Diversity 4.0

Digitalisierung, Diversität und Partizipation bestimmen heute den Wandel in den Kulturbetrieben. Wie diese Transformation mit seinen vielfältigen Herausforderungen gelingen kann, zeigt Irene Knava in ihrem praxisnahen Handbuch "Audiencing 4.0" auf.
 
"Audiencing 4.0" ist das Ergebnis des co-kreativen Arbeitens von Irene Knava mit einer Vielzahl von Führungskräften im Kulturbereich im Rahmen der Veranstaltungen "Audiencing Labs" und zur "ISO For Culture" in den letzten Jahren. Das Buch, 2019 bei facultas erschienen, fasst dazu die wichtigsten theoretischen Erkenntnisse zusammen und verknüpft sie mit Beispielen, Empfehlungen und Checklisten zu einem Arbeitsbuch für die Praxis. Das Ziel ist, den Praktiker*innen in Museen und Theatern Wissen und konkrete Tipps für die weitere Organisationsentwicklung zu mitzugeben.

Kulturbranche im Wandel

Noch immer werden viele Entwicklungen im Kultursektor im angloamerikanischen Raum geprägt und fassen trotz des Informationszeitalters erst zeitverzögert im deutschsprachigen Raum Fuß. Aktuelle Bewegungen zu "Me-too", Black Lives Matter oder auch "Cancel Culture" legen den Finger in offene Wunden der Kulturlandschaft und Kulturbetrieben. Die Beschäftigung mit den Megatrends und zentralen politischen, sozialen, wirtschaftlichen Themen ist für Kulturbetriebe - mehr denn je - essenziell, um ihre Relevanz/Position in herausfordernden Zeiten zu festigen. Partizipation, Diversität und die Digitalisierung sind die Schlüsselfaktoren für Kulturbetriebe, um dies zu erreichen. Dazu ist zunächst ein Paradigmenwechsel nötig: Organisationen müssen ihren inhaltlichen Fokus zu einer menschenzentrierten Arbeit weiterentwickeln.

Die Bücher von Irene Knava zu Audiencing leisten dabei eine wichtige "Übersetzungsarbeit" und Motivation, um diese Herausforderungen im deutschsprachigen Raum anzugehen und professionell weiterzuentwickeln. Insbesondere wird nach der aktuellen Zäsur und einer Epoche des "Social Distancing" wieder "Nähe" im kulturellen, psychologischen und sozialen Sinn herzustellen sein. Kulturbetriebe werden nur erfolgreich sein können, wenn ihnen das mit möglichst vielen unterschiedlichen Communities und Zielgruppen gelingt. Die Autorin erklärt anhand verschiedener Beispiele, warum es so wichtig ist, die Motivationen und das Erlebnis für den Besucher*innen in den Mittelpunkt der kulturellen Arbeit und der Kommunikation zu stellen. Als Essenz der kulturellen Tätigkeit sieht sie dabei, Brücken zwischen unterschiedlichen Menschen zu bauen und eine Agora (wie der Marktplatz der Antike) als Begegnungsraum zu schaffen.
Publikum im Fokus

So stellt Knava in "Teil 1: Das Publikum in den Mittelpunkt stellen" des Handbuchs die wichtigsten Studien und Erkenntnisse im Bereich Digitalisierung, Partizipation und Diversität für den Kulturbereich vor. Gleich zu Beginn wird z.B. das "Personas-Modell" als wirkungsvolle Methode eingeführt. Dieses Instrument zur Zielgruppendefinition hilft bei der konkreten Vorstellung der Lebenswelten und Bedürfnisse von potentiellen Kulturinteressierten, in dem Vertreter*innen der verschiedenen Zielgruppen entwickelt werden. Die im Rahmen der Labs erarbeiteten, fiktiven, aber plakativ beschriebenen "Personas" begleiten die Leser*innen durch das gesamte Buch. Die Namen helfen immens beim "Einfühlen" in die diversen Lebensrealitäten. Aktuelle Daten aus Deutschland und Österreich zur Diversität und kulturellen Hintergründen sowie wichtige Zielgruppenforschungen wie z.B. die Sinus-Milieus werden näher erläutert.

Das zentrale "Visitor Experience"-Modell von John Falk stellt z.B. die Bedürfnisse und Erwartungen von Besucher*innen und Nicht-Besucher*innen in den Fokus der Überlegungen. Sein Konzept von "Free-Choice-Learning" und "Identity Work" meint, dass Menschen sich kulturellen Erlebnissen zuwenden, um ihre Identität weiterzuentwickeln, soziale Bedürfnisse zu stillen und sich weiterzubilden. Nur wenn die Motivlage der verschiedenen Besuchertypen klar ist, können auch die Kontextfaktoren für den Museumsbesuch entsprechend darauf ausgerichtet werden. Ermitteln lassen sich diese Bedürfnisse und Motive über die (Nicht-)Besucherforschung.

Mittels Community Building wird versucht, verstärkt diverse Bevölkerungsgruppen anzusprechen, die bisher wenig eingebunden waren. Die Autorin erläutert hier ausführlich das Konzept der amerikanischen Museumsexpertin Nina Simon zum erfolgreichen Weg zum partizipatorischen Museum. Hier wird auch der wesentliche Unterschied von Audience Development und Community Building deutlich: Audiencing hat sich in den letzten Jahrzehnten bereits in den deutschsprachigen Kulturbetrieben etabliert (Angebote zu kultureller Bildung und Vermittlung). Jedoch wird hier versucht, neues Publikum für vorhandene Formate und Angebote zu finden. Es ist also "für jemanden". Bei "Community Building" geht es jedoch darum, "mit jemanden" zu kommunizieren und partizipativ neues zu schaffen. Dafür stellt Knava eine Reihe von Handlungsempfehlungen und Beispiele vor, die dabei helfen sollten, dieses Thema voranzutreiben. Zum Beispiel wird das vier Schritte-Programm von Nina Simon zum Community Building (um "Outsiders zu Insiders" machen) besprochen:
 
1. Definieren mit welchen Gruppen man arbeiten will,
2. mit diesen Gruppen in Kontakt treten und sie kennenlernen
3. intensiver Austausch mit Gruppenvertreter*innen,
4. Kooperationen und Programme gemeinsam entwickeln.
 
Im Detail werden u.a. auch jene Trends vorgestellt, die den Kulturbereich im Digitalzeitalter besonders verändern und Chancen bieten (von Open Innovation bis Rapid Prototyping).

Veränderungen umsetzen

Im zweiten Teil des Buches ("Mit Kulturellem Wirkungsmanagement Transformation umsetzen") geht es um die konkrete Anwendung der Erkenntnisse in der Praxis von Kulturbetrieben. Der "Change"-Prozess wird mit zahlreichen Methoden zum kulturellen Wirkungsmanagement vorbereitet. Mit dem Qualitätsmanagement-Standard "ISO FOR CULTURE" wird die Zukunftsstrategie und Wirkungsziele in betriebliche Abläufe übertragen. Das Buch beinhaltet dazu konkrete Beispiele, Checklisten und Modelle, um die Methoden selbst sofort anzuwenden. Mit Methoden wie dem "Business Modell Canvas" und anderen liegt dieser zweite Teil den Leser*innen auch wichtige praxisnahe Instrumente nahe um die Wirkungsziele zu erreichen.

Das Arbeitsbuch ist übersichtlich, abwechslungsreich und motivierend gestaltet, sodass der Spirit der Partizipation und Co-Kreation auch visuell spürbar ist. Die Grafiken und Checklisten erleichtern die Umsetzung in der Praxis sehr. Zu den unterschiedlichen Themen werden jeweils aktuelle Studien im Überblick erklärt und mit praxisnahen Beispielen und Handlungsanleitung sowie Übungen ergänzt. Die Praxistipps sind dabei besonders erfolgsversprechend.

Empfehlung

"Audiencing 4.0" ist eine äußert kurzweilige und sehr praxisnahe Handlungsanleitung für alle Mitarbeiter*innen in Kulturorganisationen. Auf knapp 300 Seiten erhalten die Leser*innen nicht nur einen kompakten Überblick zu den wichtigsten Studien und Zugängen im Bereich Audiencing, sondern auch konkrete Empfehlungen und Übungen zur Umsetzung in der Praxis. Die zahlreichen Praxisbeispiele und anschaulichen Grafiken geben Denkanstöße für die eigene Arbeit. Insbesondere in Zeiten einer umfassenden Krise der Kulturlandschaft sind diese praktischen Tipps zu den zentralen Herausforderungen der Branche besonders hilfreich, um neue Chancen zu erschließen. Das Handbuch ist daher als "essential reading" zu sehen und für alle im Kultursektor gerade jetzt besonders zu empfehlen.

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